Grundsätzliche Auseinandersetzung mit Geschichte und Politik der Grünen

Die Grünen stellten lange Zeit für viele Leute die Hoffnung als Träger für linkes Gedankengut da. Doch schon seit ihrem Bestehen sind nicht nur bürgerliche Tendenzen, sondern sogar manchmal auch braune Tupfer zu finden. Nach langen Diskussionen zwischen den verschiedenen Flügeln wurde schließlich eine Einigung in der ideologischen Mitte gefunden, zu einer sehr unscharfen Politik führen mußte.

Die Grünbewegung entwickelte sich im wesentlichen aus zahlreichen Bürgerbewegungen der 70er Jahre, welche vor allem aus dem Kampf gegen die AKWs resultierte. Vorerst beschränkte sich der Kampf auf grenznahe AKWs und wurde hauptsächlich von Wissenschaftlern und Ärzten getragen. Später schlossen sich aber auch rechtsextreme Organisationen wie der „Weltbund zum Schutz des Lebens“ und der „Verein Dichterstein Offenhausen“ an. Ab diesem Zeitpunkt unterstützen auch die „Oberösterreichischen Nachrichten“ und die „Krone“ die Bewegung.

Zwentendorf

Der erste große Erfolg für die neue Bewegung war die Volksabstimmung gegen das AKW Zwentendorf 1978. In der Bewegung spielte vor allem auch der maoistische „Kommunistische Bund“ eine wichtige Rolle. Auch trotzkistische Gruppen arbeiteten in die Bewegung. Der Bund erreichte binnen kürzester Zeit politische Dominanz in der überregionalen „Initiative Österreichischer Atomkraftgegner“ (IÖAG), die sich aber nach einem Jahr bereits wieder spaltete. Nach der Spaltung gründeten die konservativen Kräfte gemeinsam mit Bürgerinitiativen die „Arbeitsgemeinschaft gegen Zwentendorf“ (ARGE).

Die Volksabstimmung ging schließlich äußerst knapp, mit 50,47%, gegen das AKW Zwentendorf aus. Dieses sehr knappe Resultat ist vor allem dadurch zustande bekommen, daß die Abstimmung mit einem Vertrauensvotum für Bruno Kreisky gleichgesetzt wurde (womit viele SPÖlerInnen für das AKW stimmten).

Nach der Zwentendorfbewegung kam es zu den ersten Kandidaturen auf kommunaler Ebene. Bei der Gemeinderatswahl in Wien 1983 kam es zur Gründung der Vorläuferpartei der Grünen, der „Alternativen Liste Wien“. In Graz wurde ebenfalls die Gründung der „Alternativen Liste Graz“ vorgenommen und bald begannen Bestrebungen eine „Alternative Liste Österreich“(ALÖ) zu gründen.

Grüne bei Wahlen

Im Zuge dieser Bestrebung stieß man auf erste Probleme: Konflikte um eine zentralistische oder förderalistische Organisationsform traten auf. Beim vierten Treffen der ALÖ wurde unter Beisein einiger FPÖlerInnen und AnhängerInnen der „Vereinten Grünen Österreichs“ (rechte Grünpartei, die sich besonders auf Konrad Lorenz bezieht), beschlossen, an den Nationalratswahlen 1983 teilzumehmen. In der ALÖ waren zu diesem Zeitpunkt verschiedene Strömungen zu finden. So waren die „Grazer“ eher konservativ, die „Wiener“ eher links ausgerichtet.

Der Vorsitzende der VGÖ, Tollmann, war nur bereit in ein Wahlbündnis mit der „Alternativen Liste“ einzugehen, wenn diese entscheidende Kompromisse machen würde. Man ließ sich von Seiten der AL auf die Bedingungen ein. Als aber den VGÖ durch Meinungsumfragen prophezeit wurde, daß sie auch im Alleingang den Einzug ins Parlament schaffen würden, seilten sie sich ab. Tatsächlich erzielten die VGÖ nur 2,0%, die ALÖ 1,4.

Nach der NR-Wahl gewannen die „Linken“ hauptsächlich auf Bundesebene wieder mehr Einfluß, auf Länderebene kam es noch immer zu zahlreichen Wahlbündnissen mit den VGÖ, z.B.: in Salzburg wo es zur Neugründung der „Grün-Alternativen Bürgerliste Salzburg“ kam und den Parteilinken einfach die Mitgliedschaft in der neuen Partei verweigert wurde.

Hainburg

Hainburg gilt zu Recht nach wie vor als eines der Glanzlichter der österreichischen Ökobewegung. Die Aubesetzung 1986 zwang den Staat dazu, vom Vorhaben, die Hainburger Au durch ein Kraftwerk zu zerstören, Abstand zu nehmen. Sehr viele Linke haben in diesem Kampf eine wichtige Rolle gepielt.

Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein Sieg ohne Hilfe der mehr als zweifelhaften „Krone“ wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre. Und auch in Hainburg selbst waren teilweise sehr zweifelhafte Elemente versammelt. Sogar Gottfried Küssel eilte mit seinen deutschen Mannen herbei, um in der Au zu kämpfen. Die PolizistInnen wurden oft mit dem Absingen der Bundeshymne empfangen, und über allen wehte allzuoft die Rot-Weiß-Rote Fahne. Zu guter Letzt mischte auch noch die ÖVP mit und die ganze Bewegung bekam stark anti-gewerkschaftliche Züge (was durch das Betoniererver-halten der ÖGB-Spitze, die sogar Prügeltrupps schickte, sehr erleichtert wurde).

Einer der Höhepunkt der Bewegung war das „Konrad-Lorenz-Volksbegehren“, dessen Durchführung von der Krone finanziell unterstützt wurde, das aber trotzdem nur ein sehr enttäuschendes Ergebnis erreichte. Die Organisation übernahm maßgeblich die „Aktionsgemeinschaft“ und der damalige Grün-Guru und jetzige Krone-Schreiberling Günther Nenning präsentierte es in der Öffentlichkeit. Innerhalb der ALÖ äußerte nur die Wiener Linke Zweifel an der Person Konrad Lorenz und an den InitiatorInnen. Tatsächlich war der Bezug auf Lorenz mehr als problematisch. Lorenz arbeitete im Dritten Reich als Schreibtischtäter für die Nazis Rassentheorien aus, und gab auch später des Öfteren mehr als Zweifelhaftes von sich.

1986 trat Freda Meissner-Blau, die zuvor schon Kandidatin der Grünen bei einer Präsidentschaftswahl war, als Spitzenkandidatin einer Liste für die Nationalratswahlen auf. Sie wurde vor allem seitens des „rosagrünen“ Umfelds favorisiert. Die Liste Meissner-Blau erreichte bei den Wahlen schließlich enttäuschende 4,8% der Stimmen und 8 Mandate, zog aber immerhin erstmals ins Parlament ein.

Alternative – Grüne

Die tatsächliche Metamorphose zu einer Partei wurde dann in der Zeit von 1988-1992 vollzogen. Die „Partei“ erhielt dadurch gegenüber dem Grünen Parlamentsklub, der bis dahin das Bild weitgehend geprägt hatte, eine wesentliche Kompe-tenzerweiterung, verfügte nun über einen Bundesgeschäftsführer (Johannes Vog-genhuber) und durfte stärker nach außen auftreten. Schlußendlich führte das dann dazu, daß hauptsächlich medienwirksame Menschen in den obersten Parteigremien vertreten waren. 1992, am Parteikongreß in Gmund, wurde dann die Umbenennung in die Partei „die Grünen“ vollzogen, Nationalratsabgeordnete durften nun auch Funktionen innerhalb der Partei übernehmen, was Peter Pilz zum Bundessprecher machte.

Das grüne Desaster

Nach den Anschlägen in Ebergassing (2 Autonome starben beim Versuch, eine Hochspannungsleitung zu sprengen), in der sich die Grünen massiv an der medialen Hetze gegen die Täter beteiligten (und sogar innerparteilich gegen Linke vorgingen), war es nun endgültig möglich, sich vom linken Spektrum zu verabschieden.

Nach der Wahlniederlage 1995 ersetzte Madeleine Petrovic Peter Pilz, was zu einer weiteren Stärkung des neoliberalen Wirtschaftsflügels führte. Diese Tradition des neoliberalen Yuppietums wurde auch von Christoph Chorherr, Petrovics Nachfolger, weitergeführt. Nachdem Chorherr aber eine zu militaristische Meinung bei den der Gewaltfreiheit verschriebenen Grünen vertrat, und sich auch medial nicht durchsetzen konnte, verabschiedete er sich nach zwei Jahren wieder. Anstatt politische Diskussionen zu führen, kam es erneut zu einer Obmanndebatte, aus der Alexander van der Bellen als Favorit hervorging. Das der liberale Wirtschaftsprofessor nicht unbedingt Leitfigur eines Linksrucks innerhalb der Partei war, muß wohl kaum erwähnt werden.

Die Linke innerhalb der Grünen war allerdings nicht in der Lage, eine/n chancenreiche/n Gegenkandidaten/in zu nominieren. Heute besticht Van der Bellen vor allem durch seine ideologische Nähe zu bürgerlichen Wirtschaftspositionen, etwa, wenn er in der „Presse“ die niedrige Unternehmensbesteuerung lobt.

Nichtsdestotrotz setzen viele Linke immer noch auf die Grünen als die Partei, die zumindest in Menschenrechtsfragen fortschrittliche Arbeit leistet. Der Frage, ob linke Positionen sich auf die Frage der Menschenrechte reduzieren lassen, und der gleichzeitig forcierte bürgerliche Wirtschaftskurs nicht schon längst zu einem Bruch mit der Partei hätte führen müssen, weichen sie damit allerdings aus. Denn mensch kann von den Grünen viel erwarten, aber sicher keine linke Politik.

Quellen: Schandl, Die Grünen in Österreich, 1996 Radix 1/98