Wolf Martin, Hausdichter der Kronenzeitung

Wolf Martin, „Dichter“ der Kronenzeitung, und seine meist ebenso holprigen wie politisch eindeutigen Ergüsse sind den meisten ein Begriff. Mit einem schafft er es allerdings immer noch, Freund wie Feind zu verblüffen: jedesmal, wenn wir glauben, daß es dümmer wirklich nicht mehr geht, schafft es Martin souverän, uns vom Gegenteil zu überzeugen.

Wolf Martin, oder Wolfgang Martinek, wie er tatsächlich und weniger deutsch heißt, hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Laut Eigenangaben begann er bei der katholischen MKV-Verbindung „Kreuzenstein“. Nach einem kurzen Liebäugeln mit dem, was er unter „Marxismus“ verstand, fand er sein Heil vorübergehend in Wallfahrten nach Lourdes und Fatima. Daneben begann er, sich literarisch zu betätigen.

Martin und die Astrologie

In den Lambda-Nachrichten, der Zeitung der Homosexuellen Initative (HOSI), schrieb er von 1980-84 seine „Astrologischen Streifzüge durch die Männerwelt“, deren intellektuelle (und schriftstellerische) Qualitäten allerdings eher umstritten sein dürften. So tummeln sich etwa Widder laut Martin vor allem in „Motor- und Lederklubs, in radikalen politischen Vereinigungen und in Nahkampfschulen“ (Nach einer kurzen Umfrage in der „Morgenrot“ Redaktion dürften unsere Widder alle gerade in der Nahkampfschule sein …). Jungfrauen dagegen haben einen „anal-sadistischen Komplex“, und bei Skorpionen wird Martinek gar schwärmerisch: „wenn er im Begriff ist, dich mit seinem Stachel zu durchbohren, und es tut auch weh, teuflisch – göttlich weh“.

Zwillinge hingegen sind versessen auf die neuesten Praktiken aus den USA, weiß Martin, der damals wohl ein ziemlich Schlimmer war, wenn mensch bedenkt, daß seine „Entdeckungsreise, (…) aus persönlicher Erfahrung gespeist war“. Im Nachhinein erklärt uns Martin allerdings, daß er sich von der HOSI wegen deren mangelnden Bewußtseins in Fragen „AIDS“ getrennt hätte. Und heute weiß Martin es natürlich besser: „nur absolute Treue oder absolute Enthaltsamkeit“ schützt. Und noch besser: AIDS sei sowieso eine „Strafe Gottes“. Da wird AIDS natürlich auch gleich zur „Afterpest“ umbenannt. Diese Identifikation mit einem schwulenfeindlichen Kampfbegriff der Neonazis stellt zumindest psychologisch ein nicht uninteressantes Phänomen dar.

Bald nach seiner Zeit bei der HOSI landete Martin dann dort, wo er hingehört, nämlich bei der Kronenzeitung. Sein bevorzugtes Ziel sind dort seit Jahren MigrantIn-nen, fortschrittliche KünstlerInnen, Behinderte, Schwule (aber nur einige, wie Martin betont), Linke und alle diejenigen, die dem rechten Mainstream á la Krone entgegentreten. Und da wird dann gereimt, was das Zeug hält – Motto: Reim Dich, sonst schüttel ich Dich. Mehr im Kasten auf dieser Seite.

Von "Negern" und "Eskimos"

Gleichzeitig sorgt er sich um die FPÖ (kein Wunder, schließlich hält er Haider für „den besten Politiker des Landes“), und auch schon mal ein wenig pauschaler um den Erhalt der weissen Rasse: „Ich hab sehr gern die Neger und ich hab sehr gern die Eskimos. Aber sie sollen sich nicht vermischen, sonst gibt´s eines Tages keine Neger und keine Eskimos mehr“, so Martin einmal im ORF-Kulturjournal (fraglich ist allerdings, was er dort getan hat). Bei solchen Aussagen freuen sich natürlich die Neonazis der Zeitungen „Fakten“ oder „Kommentare zum Zeitgeschehen“, die fast in jeder Ausgabe Gedichte von Martin abdrucken. Abschließend stellt sich nun nur noch die Frage: ist Wolf Martin nun (politisch-schriftstellerisch) ein rechter Schüttler, (in wienerischer Auslegung) ein rechter Schüttler, oder gar beides?

Quellen:
Wolf Martin, Den Nagel auf den Kopf getroffen, erschienen im rechtsextremen Stocker-Verlag
div. Ausgaben der Krone
div. Ausgaben der Lambda Nachrichten
Vielen Dank an die HOSI für die Archivsuche

Martin im Original

Gegen die Linken geht’s mit: „Sie waren vorher Bolschewisten/Trotzk-, Stalin- oder Maoisten/und setzen heut auf ungehemmten/Zuzug von möglichst vielen Fremden.“ Oder noch besser: „Viel murksen man mit Marx gewiss muß/bisweilen wird’s ein Abmurxismus“. Und dann der Schluß: „Denn eins ist’s nur, wonach sie gieren:/Den Staat zu destabilisieren“. (Wir bekennen uns hierzu übrigens einstimmig schuldig.)

Auch MigrantInnen bekommen einiges zu hören. Schließlich überfremden sie uns ja: „Migranten schaffen´s mit der Zeit/und mit ihrer Fruchtbarkeit“. Die Brandanschläge verüben sie natürlich auch alle selbst: „Sie zünden ihre Häuser an/und schrein: Die Rechten habn´s getan“. Und wer sich gegen Martin stellt, bekommt was zu hören: „Antifaschisten gerne lügen/und zwar, daß sich die Balkan biegen“.

Der Untergang der weissen Rasse wird beklagt mit: „Es ist korrekt in unsern Tagen/das Artensterben zu beklagen/im Tierreich. Doch im Menschenreich/das ist es den Korrekten gleich/wenn, sagen wir, das Ende harrt/z.B. unsrer weissen Art“. Oder auch: „Wenn allzu bunt sich Völker mischen/scheint sich recht wenig aufzufrischen“.

All das reicht allerdings nicht an unseren Favoriten heran: „Erst hetzt der Gutmensch nur mit Worten/dann greift er tätlich an mit Torten./Dann wirft er Flaschen auf die Blauen./Was ist ihm als nächstes zuzutrauen?“