Nie kam die Arbeiter/innen/klasse am Balkan einer Machtergreifung so nahe wie am Ende des Zweiten Weltkrieges. Bis in die frühen 1940er Jahre waren die Arbeiter/innen/parteien in Südosteuropa relativ kleine Organisationen, die meist über keine massenhafte Verankerung in der Bevölkerung verfügten. Über den Widerstand gegen die faschistischen Besatzer gelang es aber dann insbesondere der Kommunistischen Partei Jugoslawiens und der Kommunistischen Partei Griechenlands, zu Massenbewegungen anzuwachsen und zu entscheidenden Faktoren in der Politik dieser Länder aufzusteigen. Das schuf eine reale Grundlage für eine mögliche neue staatliche Föderation am Balkan.
Deshalb stehen die "Projekte während und nach dem Zweiten Weltkrieg" im Zentrum dieses dritten Bandes von "Balkanföderation und Arbeiterbewegung". Wir arbeiten heraus, wie diverse Föderationsprojekte in dieser Phase, besonders der Plan eines Zusammenschlusses von Jugoslawien und Bulgarien, von den bornierten Eigeninteressen der verschiedenen stalinistischen Partei- und Staatsbürokratien dominiert war. Hinter diesen Interessen traten wirklich proletarisch-internationalistische Ansätze als Grundlage einer freiwilligen und gleichberechtigten Föderation von rätedemokratischen Arbeiter/innen/staaten am Balkan noch stärker zurück als das bereits seit den 1920er Jahren der Fall war. Die Frage, inwiefern das jugoslawische Föderationsmodell eine Balkanföderation im kleinen oder gar ein Ersatz für eine Balkanföderation ist, sowie die Frage nach der Aktualität der Perspektive einer sozialistischen Balkanföderation beschließen diesen Teil.
Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegenden dritten Bandes ist die Mazedonien-Frage als Zentrum und Sprengsatz der Balkanföderationskonzepte, vor allem die Entwicklung der nationalistischen IMRO, die zeitweise einer der bedeutendsten Bündnispartner der nationalbolschewistisch agierenden Komintern war. Bei der Arbeit über die südosteuropäische kommunistische Emigration in Österreich handelt es sich um die erste diesbezügliche auf Quellenstudien basierende Untersuchung zu diesem Thema. Eine Dokumentation über die Komintern-nahe Zeitschrift La Fédération Balkanique, ein Beitrag über den bulgarischen Trotzkismus sowie Anhänge vollenden die vorliegende Arbeit.
Wir hoffen jedenfalls mit unserer dreiteiligen Dokumentation nachdrücklich auf die Wichtigkeit des Konzepts einer Balkanföderation auch und gerade für eine aktuelle Perspektive für den Balkan hingewiesen zu haben. Gerade heute, nach einem für den Balkan von Krieg, weitgehender Verelendung und direkter imperialistischer Intervention beherrschten Jahrzehnt, ist der revolutionäre Kampf für eine sozialistische Balkanföderation der einzige Ausweg aus der Spirale der nationalen Unterdrückung auf dem Balkan.
Balkanföderation & Arbeiterbewegung
Teil 3: Projekte während und nach dem Zweiten Weltkrieg
Marxismus Nr. 20
August 2002 , 408 Seiten A5, Hochglanz, 15 Euro
ISBN 3-901831-16-9
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