Atompoker – Nordkorea, der neue Schurkenstaat?

Der Konflikt zwischen den USA und der Nordkorea hat nach wechselseitigen Kriegsdrohungen eine neue Stufe erreicht. Nordkorea hatte den Austritt aus dem Atomsperrvertrag angekündigt und Inspektoren der Internationalen Atombehörde (IAEO) ausgewiesen, nachdem US-Außenminister Rumsfeld im Dezember letzten Jahres erklärt hatte, die USA seien absolut in der Lage, einen Krieg gegen Nordkorea zu führen. In den 90er Jahren hat es keine ernst zu nehmende Drohung Nordkoreas gegen Südkorea gegeben, von einer Bedrohung Japans oder der Vereinigten Staaten ganz zu schweigen. Die absurde Kampagne, das Land durch eine Provokation nach der anderen als "Schurkenstaat" darzustellen, war größtenteils den strategischen Überlegungen der Vereinigten Staaten geschuldet. Sie diente dazu, die anhaltende Präsenz amerikanischer Truppen auf der Halbinsel – ein strategisches Schlüsselgebiet für Nordostasien – wie auch die zusätzliche Stationierung von US-Streitkräften in Japan zu rechtfertigen. Gleichzeitig wurde durch diese Kampagne der Norden gezwungen, die Bedingungen der Großmächte in jeder Frage zu akzeptieren.

Ohne Beweise behaupteten die Vereinigten Staaten, dass nicht nur nordkoreanische Atomkraftwerke, sondern sogar Ausgrabungen in den Bergen Versuche zur Entwicklung von Nuklearwaffen darstellten. 1994 stand die Clinton-Regierung kurz davor, einen militärischen Schlag gegen die Atomanlagen des Landes durchzuführen. Daraufhin hatte sich Nordkorea auf einen Deal mit den USA eingelassen. Strom und Leichtwasserreaktoren sowie Öl sollten geliefert werden, dafür verpflichtete sich Nordkorea zum Stopp des Atomwaffenprogramms. Das Öl wurde zwar geliefert, die Reaktoren allerdings nicht gebaut.

Danach folgten neue Anschuldigungen, wonach das Land in den internationalen Terrorismus und Drogenhandel verwickelt sei. Es wurden sogar Vorwürfe laut, dass Nordkorea bis 2005 eine Rakete entwickelt haben würde, die Amerikas Westküste erreichen könne. Hiermit wurde die Entwicklung und der Aufbau des nationalen Raketenabwehrsystems der USA gerechtfertigt, das 60 Milliarden US-Dollar kostet – etwa das Fünffache des nordkoreanischen Bruttoinlandsprodukts.

Neben ihrem keineswegs subtilen diplomatischen und militärischen Druck trugen die Vereinigten Staaten direkt zur Wirtschaftskrise Nordkoreas bei, indem sie die Investitions- und Handelssanktionen verschärften, die erstmals 1950 verhängt worden waren. Die ökonomische Isolation hatte verheerende Auswirkungen auf das Land. Die Industrie wurde praktisch stillgelegt, und eine Reihe von Naturkatastrophen seit 1995 haben die Energieerzeugung und das Transportsystem lahmgelegt und die landwirtschaftliche Produktion drastisch gesenkt. Zusammengenommen führte dies dazu, dass die Wirtschaft um 70 Prozent geschrumpft ist. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, doch zwischen 200.000 und mehreren Millionen Menschen sind an Hunger gestorben. Zehntausende NordkoreanerInnen flohen nach China, um Nahrung und Hilfe zu finden.

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center verstärkten die USA den Druck auf alle Länder, die ihrer Meinung nach der "Achse des Bösen" angehören würden. Afghanistan und der Irak wurden angegriffen, andere Länder wie der Iran, Syrien oder Nordkorea wurden bedroht.

Laut einem Bericht, der New York Times vom 29. 12. 2002, haben die Vereinigten Staaten einen "umfassenden Plan" entwickelt, "um den finanziellen und politischen Druck auf Nordkorea zu intensivieren" und einen wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch heraufzubeschwören. Nach dieser Strategie, die als "maßgeschneiderte Eindämmung" bezeichnet wird, haben die USA vor, die Nachbarstaaten Nordkoreas unter Druck zu setzen, damit diese ihre Wirtschaftsbeziehungen zu dem Land einschränken. "Es geht vor allem darum, politischen Stress und ökonomischen Stress zu verursachen," sagte ein hochrangiges Regierungsmitglied gegenüber der Presse.

Achse des Bösen

Nachdem US-Präsident George W. Bush in seiner Regierungserklärung vor dem Kongress am 29.1.02 Nordkorea in die "Achse des Bösen" mit Massenvernichtungswaffen einreihte, reagierte Nordkorea mit der Forcierung seines Atomprogramms, um einen Angriff der USA wie im Irak vorzubeugen. Am 27.12.02 wurden die IAEO-Inspektoren ausgewiesen, am 10.1.03 trat Nordkorea aus dem Atomwaffensperrvertrag aus. Erste Gespräche unter der Vermittlung Chinas brachten zunächst keine nennenswerten Ergebnisse.

Nach der Entscheidung der Atombehörde in Wien, den Streit mit Nordkorea vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, hat Nordkorea gewarnt und meinte, dass deren Armee US-Ziele in aller Welt angreifen könne. "Wir sind kein Mitglied im Atomsperrvertrag mehr. Es gibt kein Land, das uns derzeit auf unsere Verpflichtungen hinweisen darf.", so Nordkoreas Botschafter in der BRD, Pak Hyon Bo.

Seitdem Nordkorea am 24. April dieses Jahres bekannt gab, im Besitz von Atomwaffen zu sein und vorhabe, den Forschungsreaktor Yongbyon mit 8000 Brennstäben, die zum Gebrauch von Atomraketen nötig sind, weiter zu betreiben, sind in der US-Administration zwei Linien deutlich geworden. Die "Falken" in der US-Regierung wollen Nordkorea in die Steinzeit zurückbomben, andere geben zu bedenken, dass Nordkorea konventionell oder atomar zurückbomben könnte und dies sehr negative gesundheitliche Auswirkungen auf die an der Grenze stationierten US-Truppen hätte. Schließlich ist die nordkoreanische Armee sehr gut ausgestattet und zählt mit etwas über einer Million Soldaten zu den größten der Welt.

Mit diesen Argumenten dürften sich die Verhandlungsstrategie der "Tauben" durchgesetzt haben. Schließlich haben – vor allem bedingt durch die Probleme im Irak – die USA kein Interesse an einem weiteren Krieg, der noch dazu sehr gefährlich und verlustreich sein könnte. Stattdessen setzen sie weiter auf das ökonomische Aushungern des Landes.

Nordkorea selbst befindet sich in einer schwierigen Lage. Innenpolitisch wird das Land von einer parasitären Bürokratie regiert, die in Staatsführer Kim Jong-Il (der die Staatsführung von seinem Vater "geerbt" hat) und den Persönlichkeitskult, der um ihn betrieben wird, ihren perfekten Ausdruck gefunden hat. Während die Bevölkerung hungert, schwelgen er und die anderen Parteibonzen im Luxus. Klar ist allerdings, dass eine militärische Auseinandersetzung und ein möglicher Sieg der USA diese Probleme nicht lösen würden. Die einzige Veränderung wäre, dass die neue Führung den Befehlen aus Washington gehorchen würde.

Es ist eindeutig, von wem die Bedrohung in diesem Konflikt ausgeht. Das weltweit größte Atomwaffenarsenal haben die USA (und interessanterweise käme niemand auf die Idee, nordkoreanische InspektorInnen in den US-Arsenalen zu fordern). Die Kriege der vergangenen Jahre sind zu einem Großteil von den USA oder anderen imperialistischen Ländern ausgegangen. Und Nordkorea ist ein weiterer Dominostein auf dem Weg zur Durchsetzung ihrer Interessen …

Der Korea-Krieg 1950-53

Auf der Kairoer Konferenz am 1. Dezember 1943 waren die Staatsoberhäupter der USA, Großbritanniens und Chinas übereingekommen, dass Korea nach dem Krieg unabhängig werden sollte. Die USA meinten jedoch, dass eine "Vier-Mächte-Treuhandschaft" über die Halbinsel wünschenswert wäre.

Der 38. Breitengrad war ursprünglich nicht als Teilungslinie gedacht. Die Sowjetunion war bereits zwei Wochen vor den US-Truppen an dieser Linie angelangt, und so standen sich die beiden Armeen gegenüber, und die Demarkationslinie begann sich als "Grenze" zu etablieren. Am 2. September 1948 rief Kim Il-Song als Präsident die Koreanische Demokratische Volksrepublik aus.

Teilung des Landes

Während im Norden nach Vorbild der UdSSR ein degenerierter ArbeiterInnenstaat geschaffen wurde, entstand im Süden mit Unterstützung der USA eine Militärdiktatur. Beide erhoben Anspruch auf die gesamte koreanische Halbinsel, was wiederholt zu bewaffneten Grenzkonflikten führte. Als nach Drohungen des Südens der Norden eine Offensive startete, trat auf Initiative der USA, die eine Ausbreitung des "Kommunismus" verhindern wollten, die UNO auf den Plan.

Da die UdSSR aus Protest gegen die Inanspruchnahme des chinesischen Sitzes durch Taiwan den UNO-Sicherheitsrat boykottierte, beschloss dieser, die Mitgliedsstaaten aufzurufen, eine Armee zur Verteidigung des Südens aufzustellen. Die UdSSR und das damals mit ihr noch verbündete China unterstützten den Norden. Nach wechselvollen Kämpfen mit über drei Millionen Toten kam es letztendlich de facto zur Wiederherstellung des vorherigen Status.

Waffenstillstand

Ab dem 15. Juli 1951 wurden Waffenstillstands-Verhandlungen eingeleitet. Zwar fanden im Grenzgebiet noch gelegentlich harte Kämpfe statt, doch das militärische Gleichgewicht blieb bestehen. Am 27. Juli 1953 wurde das Abkommen von Pan Mun Jom geschlossen, das das Ende der Feindseligkeiten bedeutete. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen "Friedensvertrag" sondern um einen dauernden Waffenstillstandspakt. Genaugenommen befinden sich Nord- und Süd-Korea noch bis heute formell im Kriegszustand.

Die Folgen des Krieges waren insbesondere für den durch amerikanische Luftangriffe völlig zerstörten Norden verheerend, doch auch die Lage der Bevölkerung im weiterhin diktatorisch regierten Süden blieb katastrophal. Bis heute sind in Südkorea starke US-Truppenverbände stationiert, die die Grenze zum Norden überwachen.

Nordkorea setzte auf weitgehende Autonomie, die sogenannte Autarkie. Dennoch bedeutete der Zusammenbruch des Stalinismus in der Sowjetunion und die Entwicklung Chinas zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft eine klare Verschlechterung der strategischen Ausgangsbedingungen.