"Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; … Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten." Es gibt wohl kaum jemanden, der diesem Teil der Menschenrechtskonvention nicht zustimmen würde. Doch es handelt sich hier, wie bei so vielen UNO-Texten, um leere Worte – eigentlich müssten sie aber ganz leicht zu verstehen sein…
Jährlich werden ca. 500.000 Frauen und Mädchen innerhalb der EU-Länder gehandelt. Frauen werden dabei nicht mehr als Menschen angesehen, sondern eher als Vieh. Sie werden ge- und verkauft. Wohin die Frauen kommen, kann nicht genau gesagt werden, da die Frauen in vielen verschiedenen Lebensbereichen eingesetzt werden. Dabei ist meist ein typisches Schema erkennbar. Frauen ("je jünger, desto besser") werden mit falschen Versprechen ins Ausland gelockt. Man(n) erzählt ihnen von einem besserem, luxuriösem Leben und in manchen Fällen auch von einem attraktiven und reichen Mann, der sie heiraten will.
Oft kommt es aber erst gar nicht zu solchen Versprechen und die Frauen werden mit Hilfe körperlicher Gewalt verschleppt. Im "Zielland" werden ihnen die Papiere weggenommen und hohe Vermittlungsgebühren und/oder Reisekosten verlangt. Somit sind sie, bereits bevor sie irgendwelche Geschäfte eingegangen sind, hoch verschuldet. Bald werden sie zur Prostitution gezwungen, als rechtlose Haushaltssklavinnen bei geringster Bezahlung ausgebeutet oder dem Heiratsmarkt zugeführt.
Frauen, die als Prostituierte gearbeitet haben, wird kaum geholfen. Weil ihnen bei der Ankunft ihre Papiere inkl. Pass weg genommen wurden und sie wahrscheinlich auch kein Urlaubsvisum (drei Monate Gültigkeit) haben, werden sie zurück über die Grenze geschickt. Doch gerade dort warten wieder die Frauenhändler. Ein wahrer Teufelskreis ergibt sich.
Und die Justiz…
Wenn es doch einmal zu Prozessen gegen die Hintermänner kommt, haben Frauen, die die Chance haben, auszusagen, das Recht auf beschränkten Aufenthalt, eine Zufluchtswohnung, eingeschränkte Sozialhilfe und den Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Absurderweise haben sie kein Recht auf psychologischen Beistand, obwohl sie meist noch unter dem Schock der Ereignisse leiden. Wenn der Prozess vorbei ist, ist auch das Aufenthaltsrecht beendet – ein Grund, warum nur sehr wenige Frauen den Gang zum Gericht antreten.
Die Ursache für den weltweiten Handel mit Frauen und Mädchen liegt an der wirtschaftlichen Situation der Betroffenen. Meist versuchen sie auf diese Weise, über die Runden zu kommen oder ihren Kindern ein paar Jahre Schulbildung zu ermöglichen. Wenn der illegale oder – mittels Touristinnenvisum – legale Transport der Frauen in die Zielländer geschafft ist, stehen der Weitergabe kaum Hindernisse im Weg. So sind innerhalb der EU Grenzkontrollen entschärft oder ganz abgeschafft (ein Prozess, den wir aber prinzipiell begrüßen), es gibt bessere Infrastruktur für den Transport und auch der Geldtransfer passiert schneller.
Seit einigen Jahren gibt es innerhalb der EU verstärkte polizeiliche Bemühungen, gegen den Frauenhandel vorzugehen. Es wurde auch eine gemeinsame Einsatzgruppe (Task Force) gebildet. Doch gleichzeitig gelangen immer wieder Skandale an die Öffentlichkeit, wo hochrangige Politiker direkt mit den Zuhälter-Netzwerken in Berührung gelangt sind oder sogar zusammengearbeitet haben (so etwa in Belgien, Frankreich oder Portugal). Letztlich ist aber klar, dass der Frauenhandel nicht durch Polizei-Arbeit gestoppt werden kann (auch wenn diese tatsächlich "effektiv" wäre). Der Frauenhandel beruht auf der ungleichen Verteilung von Reichtum auf dieser Welt. Nur die Änderung dieser Verhältnisse kann auch den Frauenhandel stoppen.
Drei Arten des Frauenhandels
1) Der Handel mit Frauen auf dem Weg in die Prostitution besteht aus einem internationalen Netzwerk aus Schleppern, Zuhältern, Passfälschern und Kontakthändlern. Erschreckenderweise bringt dieser Handel heute mehr Gewinn ein als der Drogen- oder Waffenhandel. 80% der "Tänzerinnen-Hostessen" der Wiener Sexclubs kommen aus Osteuropa. Da die Frauen (allein wegen mangelnder Sprach- und Ortskenntnisse) nicht wissen, an wen sie sich wenden können, sind sie den Forderungen und Drohungen der Zuhälter ausgesetzt.
2) Der Weg in die Ehe verläuft auf unterschiedliche Weise. Es ist möglich, dass Frauen über Anzeigen in Zeitschriften oder im Internet ein besseres Leben angeboten wird. Genauso werden sie aber auch in ihrem Heimatland von HeiratsvermittlerInnen oder direkt von einem interessierten Mann angesprochen. Schon am Flughafen des Ziellandes wird ihnen ihr Pass und ihr Rückreiseticket genommen. Ob sie dann wirklich in einem privaten Haushalt leben oder gar an eine dritte Person weiter gehandelt werden, ist nicht vorauszusehen.
3) Die in Mitteleuropa bekannteste Form des Frauenhandels ist die der illegalen Beschäftigung. Frauen müssen unter schlimmsten Verhältnissen arbeiten. Sie erhalten weder Lohn, noch haben sie Freizeit oder sonstige Möglichkeiten zu Kontakt zur Außenwelt. Fast wie Haustieren werden sie in privaten Haushalten eingesperrt und wie Sklavinnen behandelt.