Der Propagandafilm hatte im nationalsozialistischen Deutschland eine wichtige ideologische Funktion. Er wurde nicht nur dazu benutzt, die Grausamkeiten des nazistischen Regimes zu rechtfertigen, sondern auch dazu, der Bevölkerung eine möglichst heile Welt vorzugaukeln, war also Mittel zur Massenverblendung.
Immer wieder wurde und wird das Medium Film dazu verwendet, politische Ideologien zu verbreiten. Propagandafilme zielen planmäßig darauf ab, ZuschauerInnen politisch zu beeinflussen, egal ob durch Form, Inhalt, offen oder auch verdeckt. Dabei verstehen wir Propaganda durchaus als wertfreien Begriff. Wenn ein Film dazu dient, die Greuel des NS-Regimes zu rechtfertigen, werden wir ihn natürlich (ebenso wie das dahinterstehende Regime) ablehnen. Wenn ein politischer Film hingegen Werbung für eine gerechtere Gesellschaft macht, werden wir ihn erfreut zur Kenntnis nehmen.
Mit dem Aufkommen des Films in den 20er Jahre des letzten Jahrhunderts und der Erfahrung, ihn als Massenmedium einsetzen zu können, wurde er gerne als ideologisches Hilfsmittel herangezogen. Auch in der deutschen Weimarer Republik (1918-1933) bedienten sich die verschiedenen Parteien des Propagandafilms. Die Nazis waren allerdings in den 20er Jahren auf diesem Gebiet noch relativ unerfahren. Dies versuchten sie durch ihre Filmpolitik und die damit einhergehende Hetze gegen ausländische und jüdische Filme zu kompensieren. Ziel war die "Säuberung" des Filmwesens, während Filme mit volkstümlichen und nationalen Inhalten gefördert werden sollten.
Da es innerhalb der NSDAP uneinheitliche Standpunkte zu den Möglichkeiten und Einflussbereichen von Film gab, wurde die Produktion von Filmen nicht zentral, sondern von den einzelnen Gauen, also den Parteibezirken der NSDAP, beaufsichtigt
Zentralisierung
Auf Grund der Wirtschaftskrise zu Beginn der 30er Jahre reduzierte sich die Filmindustrie auf wenige Filmfirmen (Ufa, Terre, Tobis), die ab 1933 von der NSDAP unter Kuratel gestellt wurden. Es wurde das "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" unter der Leitung von Joseph Goebbels gegründet, der die Wirkung von Filmen sehr schätzte: "Der Film hat heute [1933] eine staatspolitische Funktion zu erfüllen. Er ist ein Erziehungsmittel des Volkes. Dieses Erziehungsmittel gehört – ob offen oder getarnt ist dabei ganz gleichgültig – in die Hände der Staatsführung."
Künftig sollte nur als RegisseurIn, SchauspielerIn, Kameramann/Kamerafrau oder ProduzentIn tätig sein, wer im Sinne des neuen Regimes arbeitete. Dazu wurde schon im Sommer 1933 die Filmkammer (später "Reichsfilmkammer") gegründet. Wer in diese nicht aufgenommen oder wieder ausgeschlossen wurde, hatte Berufsverbot. Alle SchauspielerInnen, RegisseurInnen und Filmschaffende waren also dem nationalsozialistischen Einfluss unterstellt. Es sei an dieser Stelle an Leni Riefenstahl erinnert, die mit ihrem Film "Olympia" einem Ästhetizismus1 und faschistisch geprägten Männerbild huldigte. Ihr Film "Triumph des Willens" über den Nürnberger Reichsparteitag von 1934, der als filmtechnisches Meisterwerk und oft auch als einer der besten Propagandafilme der Geschichte bezeichnet wurde, machte Riefenstahl zur Lieblingsregisseurin des Regimes. (Riefenstahl, die eine bedeutende propagandistische Funktion im NS-Deutschland innehatte, wurde nach 1945 übrigens nur als "Mitläuferin" definiert, obwohl sie zu den klassischen SchreibtischtäterInnen gehörte).
Filmprojekte, die der NS-Ideologie zusagten, erhielten reichlich Subventionen. Darüber hinaus wurde ein Zensursystem eingerichtet, das unter anderem dem Parteivorstand und der Wehrmacht erlaubte, gegen jeden Film Einspruch zu erheben. Im Gegenzug waren Polizei und Wehrmacht dazu verpflichtet, sich die Filme des Regimes anzusehen. Auch sie sollten von der propagandistischen Wirkung der Filme beeinflusst werden. So wurde zum Beispiel erfolgreich versucht, ihnen die Skrupel davor zu nehmen, Juden und Jüdinnen zu verschleppen.
Mit 1933 begann eine großangelegte Nazifilmproduktion, die sich bis Ende des Krieges im Jahre 1945 fortzog. Produziert wurden ungefähr 1100 Spielfilme, ein Sechstel davon, ca. 160 waren direkte politische Propaganda. Dabei fällt auf, dass mit der Verschlechterung der Kriegslage Deutschlands immer mehr Heimat- und "Heile-Welt-Filme" in die Kinos kamen um die Menschen von ihrer Situation abzulenken. Was das Interesse des "deutschen Volkes" zu sein hatte, bestimmte die NSDAP. Als ideologisches Machtinstrument hatte der Propagandafilm möglichst anschaulich zu sein, um eine möglichst breite Masse zu erreichen.
Spiel- und Kriegspropagandafilm
Prinzipiell wird zwischen zwei Arten von Propagandafilmen unterschieden. Auf der einen Seite stehen Propagandafilme, die eigens produziert wurden, um die Anstrengungen Nazi-Deutschlands für den totalen Krieg anzuheizen, auf der anderen Seite die propagandistischen Spielfilme.
Die Themenbereiche der im Dritten Reich produzierten Spielfilme deckten die ideologischen Grundlagen und Rechtfertigungsansprüche der NSDAP ab. Beispielsweise wurde in dem Film "Ich klage an" (D 1941, W. Liebeneiner) die Euthanasiefrage behandelt. Die beiden Filme "Jud Süß" (D 1940, V. Harlan) und "Der ewige Jude" (D 1940, F. Hippler) bedienten sich aller antisemitischen Stereotypen, die in der Geschichte des Antisemitismus greifbar waren. Auch gab es Filme, die KZ's beschönigt darstellten, indem sie zufriedene InsassInnen zeigten, um vermehrt Akzeptanz in der Bevölkerung zu erlangen.
Interessant ist auch, dass Hitler als Person in keinem Film vorkam, kein Schauspieler durfte ihn spielen. Seine Gewaltpolitik und der Führerkult wurden trotzdem subtil verteidigt, indem Filme über seine Vorbilder gedreht wurden.
Durch die große politisch-propagandistische Relevanz war das Regime hinsichtlich der Filmindustrie zu größeren finanziellen und ideologischen Zugeständnissen bereit. So wurden prominenten SchauspielerInnen mit "viertel- oder halbjüdischer Abstammung" (z. B. Theo Lingen) Arbeitssondergenehmigungen erteilt. Auch galten FilmschauspielerInnen als die bestverdienensten Kunstschaffenden des Dritten Reiches. Die Stars des deutschen Films der Nazizeit waren beispielsweise Hans Albers, Willy Fritsch, Marika Rökk und Paula Wessely. Wessely wirkte sogar in einem direkten Propagandafilm mit (was sie nicht daran hinderte, nach 1945 ihre Filmkarriere fortzusetzen und heute als große österreichische "Volksschauspielerin" zu gelten).
Doch nicht nur die deutsche Filmindustrie profitierte. So liefen mit großem kommerziellen Erfolg Filme aus den USA in den Kinos Deutschlands. Vor allem die großen Studios "Paramount", "MGM" und "20th-Century Fox" unterhielten intensive ökonomische Beziehungen zum NS-Regime. Nazideutschland bot also einen willkommenen Absatzmarkt für die US-amerikanischen Filmfirmen. Gleichzeitig wurden deutsche Filme auch ins Ausland exportiert, um auch dort eine Rechtfertigung Nazi-Deutschlands zu erreichen.
Kriegspropaganda
Zu jenem Genre gehörten die "Wochenschauen" und Feldzugsfilme mit Spielfilmlänge. Ein breites Publikum erreichten vor allem die "Wochenschauen"; sie wurden mittels Filmlastwägen oder durch ermäßigte Sondervorführungen dem Publikum zugänglich gemacht. Das Kino als damals einzige visuelle Informationsquelle, verlieh den "Wochenschauen" ihren Nachrichtencharakter. Die "Wochenschauen" mussten wirklichkeitsgetreu sein, d.h. aus echtem Filmmaterial von der Front bestehen. Dabei waren Länge und Häufigkeit wesentlich: Durch die vielen Wochenschauen wurde ähnliche Wirkung erzielt wie bei rhetorischen Wiederholungen.
Feldzugsfilme waren auch oft dokumentarischen Charakters, auch hier wurde wirklichkeitsgetreues Filmmaterial aus den "Wochenschauen" verwendet. Dabei setzte man auf die manipulative Wirkung von Musik, Ton und visuellen Elementen. Die Produktion von Kinofilmen florierte im nationalsozialistischen Deutschland, zumal nach Kriegsbeginn zusätzlich neue Produktionsstätten und Absatzmärkte in den besetzten Gebieten erschlossen werden konnten (gab es 1939 noch 834 Mio. Kinobesuche, 1944 gar 1,2 Milliarden). Mit der militärischen Niederlage des NS-Regimes brach auch die Propagandamaschinerie des Dritten Reiches zusammen. Doch durch die mangelnde Entnazifizierung fanden sich die Leni Riefenstahls´ und Paula Wesselys´ später hochgelobt im neuen Deutschland und Österreich wieder …