Der grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen gibt die neue Linie vor: Eurofighter-Storno und Abschaffung der Studiengebühren sind keine Koalitionsbedingungen mehr für die Grünen
Eine künftige grüne Regierungsbeteiligung bekommt schärfere Konturen: In der ORF-Sendung "Hohes Haus" am 12. Juni erklärte Alexander Van der Bellen, dass Eurofighter-Storno und Abschaffung der Studiengebühren zwar weiter grüne Ziele, aber keine Koalitionsbedingung mehr seien.
"I wer narrisch"
Van der Bellen erklärt, man könne "sich nach der Wahl nicht einfach hinsetzen und sagen, das machen wir alles rückgängig". Da müsse man sehr vorsichtig sein. "Die Leute haben sich inzwischen auf etwas Neues eingestellt", meinte Van der Bellen im Hinblick auf die Studiengebühren. Die Universitäten würden inzwischen beginnen, nach diesem Schema zu arbeiten. "Wenn man das alle drei Jahre ändert, werden die narrisch." So einfach geht so etwas offensichtlich für die Grünen: Reden wir nicht mehr von den zahlreichen Studierenden, die "narrisch" werden, weil sie sich überlegen müssen, wie sie ihr Studium finanzieren oder wie sie die Auflagen erfüllen, die für ein Stipendium notwendig sind, während sie neben dem Studium arbeiten müssen.
Immerhin hat Van der Bellen geschickt die ÖH-Wahlen abgewartet, um mit diesem Statement in die Öffentlichkeit zu gehen. All jene, die bei diesen Wahlen die Grünen Studierenden (GRAS) gewählt haben, werden sich nun wohl fragen müssen, wem sie da ihre Stimme und ihr Vertrauen gegeben haben. Die GRAS selbst hat sich zwar umgehend von Van der Bellen distanziert, dennoch ist sie der politische Arm der Grünen auf Uni-Ebene und trägt somit Verantwortung für ihre Mutterpartei, schließlich ist es ihre eigene Entscheidung, ob sie sich als Studierendenfraktion versteht, die der Grünen Partei nahe steht. Und wenn in einer der entscheidendsten bildungspolitischen Fragen der letzten Jahre der Vorsitzende ebenjener Mutterpartei versagt, muss sich ihre politische Tochter doch fragen lassen, ob sie richtig positioniert ist.
Abfangjäger und grüne Krieger
Auch bei den Eurofightern werden die Weichen auf Kuschelkurs gestellt. Bei den Eurofightern müsse man sich erst die Verträge anschauen und sehen, welchen Betrag die Zahlungen, die im Falle eines Stornos an die Firma zu bezahlen sind (=Pönale), ausmachen: "Wenn die Pönale-Zahlungen fast so hoch sind wie der Ankauf der Abfangjäger, wird sich ja jede ökonomisch gesinnte Partei das überlegen".
Ja, wer im Rahmen des Kapitalismus denkt, der muss wohl so argumentieren wie Van der Bellen, wollen es sich doch auch künftige grüne MinisterInnen nicht mit dem Rüstungskonzern EADS verscherzen. Eine Regierung, die im Sinne der arbeitenden Menschen und der Jugend agieren würde, würde öffentlich verkünden, dass sie weder Eurofighter braucht noch Pönale bezahlt, dies mit öffentlichen Mobilisierungen verbinden und sich im Streit zwischen den Interessen der Bevölkerung und den Interressen der RüstungsaktionärInnen klar positionieren. Nicht so die grüne Bundesspitze. Ganz im Einklang mit ihrer Orientierung auf eine Regierungsbeteiligung nach den nächsten Wahlen – in blassgrüner Beliebigkeit ist es egal, ob mit rot oder schwarz – werden die Vorleistung für die heißersehnten Posten erbracht.
Vor allem aber ist diese jüngste Eskapade im Zusammenhang mit einer ganzen Reihe grün-militaristischer Verrenkungen zu sehen. Mit der Zustimmung zum Angriffskrieg gegen Jugoslawien im Jahr 1999 haben diese Verrenkungen begonnen, mit der Zustimmung zu einer österreichischen Beteiligung an den EU-Schlachtgruppen und zu einer gemeinsamen EU-Militärpolitik ihre logische Fortsetzung gefunden um schließlich in olivgrünen Abfangjägern einen verdienten Schlusspunkt zu setzen
Ausbaufähig
Das Argument jedenfalls, dass sich die Menschen auf etwas Neues eingestellt hätten, ist natürlich auch beliebig erweiterbar. Eigentlich haben sich die Menschen ja auf alle Verschlechterungen der letzten Jahre, auf Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, Pensionskürzungen, Bildungsabbau "eingestellt". Damit ist eine Kurskorrektur scheinbar nicht mehr notwendig. Doch letztlich können wir Van der Bellen für seine offenen Wort dankbar sein: Wir wissen jetzt zumindest, wie wir uns eine zukünftige rot-grüne oder schwarz-grüne Regierung vorstellen können …