„Das heimattreue Sommerlager“ lädt auch heuer wieder 8 bis 18-jährige zum „Leben der deutschen Volkskultur“ ein, diesmal nach Kärnten. In der Zeit vom 8. bis zum 16. Juli werden die „Jugendführer“ wieder versuchen, den Einfluss von „Dönerbuden“, „Metrosexualität1“ und „Pop-Events“ auf junge Menschen zu korrigieren, um somit ihrer „Verantwortung gegenüber Volk, Heimat und Kultur“ gerecht zu werden …
Organisiert wird das rechtsextreme Treffen von der „Arge (Arbeitsgemeinschaft) Sommerlager“, welche 2004 gegründet wurde und erstmals im Sommer 2005 in Gosau (OÖ) ein solches Lager abhielt. Fotografiert wurde damals auch sehr viel, sodass alleine schon beim Durchsehen der Fotos auf der aktuellen Homepage nach wenigen Sekunden klar wird, was davon zu halten ist – vom deutschnationalen Inhalt der Texte mal ganz zu schweigen.
Als Domaineigentümer der Website ist ein gewisser Sebastian Ploner mit Adresse in Schörfling (Bezirk Vöcklabruck) gemeldet, als Webmaster fungiert der einschlägig bekannte Walter Asperl von der Burschenschaft Olympia. Diese Burschenschaft hat bei der Gründung der Arge Sommerlager auch Pate gestanden. Die Olympia gilt als eine der wichtigsten rechtsextremen Burschenschaften im deutschsprachigen Raum und war in der Vergangenheit auch schon vorsitzende Burschenschaft aller „deutschen“ Burschenschaften, die in der DB (Deutsche Burschenschaften) organisiert sind.
Die Olympia, oft durch ihre neonazistischen Ausfälle aufgefallen, hat auch beste Verbindungen in die Politik, so sitzt ihr „Alter Herr“ Harald Stefan für die FPÖ im Wiener Gemeinderat. So ver-wundert es auch kaum, dass in nahezu allen „Budenbüchern“ (Gästebüchern) der für Schüler gedachten Pennalburschenschaften für das „heimattreue Sommerlager“ die Werbetrommel gerührt wird. Außerdem betreibt Ploner auch eine Homepage für den Ring freiheitlicher Studenten (der von rechtsextremen Burschenschaften kontrolliert wird).
Beim Veranstaltungsort dürfte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Arriach handeln. Die Hauptsorge des Bürgermeisters von Arriach, Karl- Gerfried Müller, konzentriert sich jedoch nicht etwa auf das rechtsextreme Profil des Sommerlagers und seiner Veranstalter, sondern bezeichnenderweise in erster Linie auf einen eventuellen Einbruch der Nächtigungszahlen bzw. auf Schäden für den lokalen Tourismus – ähnliche Bedenken meldete im Jahr 2005 auch der Tourismus-Verband des Salzkammergutes an …
Daneben soll das Lager übrigens auch noch dazu dienen, „einem Jugendbund, in der Tradition der deutschen Jugendbewegung, zur Entstehung zu verhelfen“. Die „deutsche Jugendbewegung“ ist allerdings auch untrennbar mit der Bündischen Jugend bzw. mit der HJ (Hitlerjugend) verbunden. Obwohl immer wieder argumentiert wird, dass die damaligen Bünde großen Wert auf Selbstbestimmung und Autonomie legten (und somit angeblich nicht zu den Massenbewegungen der NSDiktatur passten), werfen heute Kritiker der Bündischen Jugend vor, Steigbügelhalter des NS-Regimes gewesen zu sein, indem sie ähnliches Gedankengut wie „Führen und Folgen“, „soldatische Tugenden“ oder Patriotismus transportierte2. Ein großer Teil der Bünde schloss sich 1933 freiwillig der Hitlerjugend an, wobei es aber auch zu Abspaltungen wie den „Edelweißpiraten“ kam, welche sich auch Straßenschlachten mit der HJ lieferten und, ihren Widerstand gegen das NS-Regime bezahlten viele mit ihrem Leben.
Volkskultur
„Das Leben von Volkskultur und überliefertem Brauchtum stärkt in uns das Bewußtsein der eigenen Art unseres Volkes“. Dazu zählen für die als Jugendführer tätigen „Burschis“ neben dem Erleben von „Kameradschaft“ die Unterweisung in Volkstänze, der Besuch von Soldatenfriedhöfen oder das Erlernen des Fechtsports. Natürlich dürfen auch die Abhaltung von Lehrstunden in Geschichte und germanischer Mythologie nicht fehlen. Sichtbar wird soviel Germanentum dann am Lagereingang oder auf Zeltplanen, welche Runen der sogenannten Armanenreihe, also ausgesprochene Nazi-Runen, aufweisen. So ist beispielsweise auch die „Tyr-Rune“3, zu finden, welche in der Nazi-Mythologie Glaubwürdigkeit und Aufopferung symbolisierte. Daneben diente sie auch als Divisionsabzeichen für die 32. SS-Freiwilligen- Grenadier-Division „30. Januar“ und wurde ebenso von den Absolventen der SAReichsführerschulen am Ärmel getragen.
HJ-Anleihen
So verwundert es auch nicht, das Motto der Hitlerjugend auf der Homepage wiederzufinden: „Jugend führt Jugend“ wird da propagiert, nebst Rekrutierungsfotos mit blonden Mädchen und dem ehemaligen HJWerbeslogan „Komm zu uns“. Natürlich will man(n) auch standesgemäß uniformiert sein – auf eine Imitation des Reichsadlers als Hemdaufnäher an der Uniform kann daher genauso wenig verzichtet werden, wie auf schwere Feldschuhe oder Bundesheer-Feldgeschirr.
Geradezu militärisch gestaltet sich dann auch der Tagesablauf: Armbrustschießen, Stationsbetriebe, Flaggenparaden und „feierliches Antreten“ runden das Programm ab. Während sich also die männlichen Teilnehmer in paramilitärischen und wehrsportlichen Übungen versuchen, trainieren die weiblichen Teilnehmerinnen ihre „angeborenen“ Fähigkeiten als Mutter und Hausfrau, konkret heißt das: Kochen, nähen, sauber halten der „Kothen“ (Zelte) und Betreuung der Jüngsten. Generell kann festgestellt werden, dass hier der Versuch der Militarisierung und Uniformierung der Jugend unter gleichzeitiger Propagierung der Volksgemeinschaft unternommen wird. All das sind Mittel, die einmal mehr der Tradition der Hitlerjugend zugeordnet werden müssen.
Antikapitalismus
Dass der Staat auch heuer wieder keinen Anlass zum Handeln sieht, beweist die Aussage von Helmut Mayer, Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, in einem Gespräch mit der APA: „Es müssten schon strafrechtliche Gründe vorliegen…“, so die Grundaussage des „Verfassungsschützers“. Doch bekanntlich wird der Kampf gegen den Faschismus nicht vom bürgerlichen Staat und seinen Organen, sondern in erster Linie von engagierten AntifaschistInnen geführt.
Wobei uns jedoch auch klar ist, dass sich, um nachhaltig erfolgreich zu sein, dieser Kampf gleichzeitig gegen die Wurzeln des Faschismus, die im kapitalistischen System liegen, richten muss.
Fußnoten:
1) „Metrosexualität“: Erstmals 1994 vom britischen Journalisten Mark Simpson publiziert: „Männer, die keinen Wert auf Kategorisierung in ein maskulines Rollenbild legen“
2) http://de.wikipedia.org/wiki/ B%C3%BCndische_Jugend
3) http://www.idgr.de/texte/esoterik/ runen/runen-lang.php