Der folgende Artikel wurde vor mehr als 16 Jahren unter dem unmittelbaren Eindruck des offenen Beginns der kapitalistischen Konterrevolution im Februar 1990 geschrieben und in den Studientexten der Gruppe ArbeiterInnenstandpunkt im März 1990 veröffentlicht. Wir haben den Beitrag in der ursprünglichen Form belassen; lediglich die Rechtschreibung wurde aktualisiert, einige offenkundige Fehler und Ungenauigkeiten wurden beseitigt und Bezüge, die unmittelbar auf die Entstehungszeit hinweisen, anders formuliert (so etwa würde, mehr als 1½ Jahrzehnte nach 1989, die Formulierung, dass heute die kapitalistische Restauration auf der Tagesordnung stehe, nur Verwirrung hervorrufen).
Das gilt im Übrigen für den gesamten abschließenden Paragraphen, der sich auf das Frühjahr 1990 bezieht. Wir wollen ihn natürlich nicht unterschlagen, aber – indem wir ihn aus dem unmittelbaren Zusammenhang lösen – auf die Zeitgebundenheit hinweisen.
Korrekturen scheinen uns nur wenige angebracht. Sicher hätte der Bezug auf die Fehler in der nationalen Frage, die die ungarische Räteregierung 1919 gemacht hatte, klarer ausfallen können; sicher würden wir heute auch das Weiterbestehen eines bürgerlichen Staatsapparates in bürokratisch blockierten Übergangsgesellschaften klarer herausarbeiten, als das damals möglich war (die damalige Mehrheitsposition der Liga für eine revolutionär-kommunistische Internationale, der Vorgängerin der Liga für die Fünfte Internationale, ging davon aus, dass der Stalinismus mit den kapitalistischen Eigentumsverhältnissen auch den bürgerlichen Staatsapparat beseitigt hätte). Aber in den wesentlichen Grundlinien stehen wir nach wie vor zu den Aussagen der vorliegenden Arbeit.
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Im folgenden Artikel wollen wir die wechselhafte Geschichte der ungarischen Arbeiter/innen/bewegung von den Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 1980er Jahre verfolgen: Austromarxistischer Reformismus als dominierende Kraft vor dem Ersten Weltkrieg – Räterepublik – Terror des Horthy-Regimes – eine kurze Phase der bürgerlich-demokratischen Freiheiten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Zusammenbruch des faschistischen Pfeilkreuzler-Regimes – Aufbau eines degenerierten Arbeiter/innen/staates nach stalinistischem Muster und die niedergeschlagene Revolution des Jahres 1956 sind nur die wesentlichsten Stationen, zu denen ab 1989/1990 noch der Prozess der sozialen Konterrevolution hinzuzufügen wäre.
1. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges
Ungarn war im 19. Jahrhundert ein zurückgebliebenes und unterentwickeltes Land (und sollte ein solches bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bleiben). Die Leibeigenschaft war zwar in der Revolution 1848/1849 (jener blutig niedergeschlagenen Revolution, nach der Ungarn aller verfassungsmäßigen Rechte beraubt und als Provinz der zentralistischen österreichischen Verwaltung unterstellt wurde) formal aufgehoben worden, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebte aber nach wie vor als abhängige Bauern/Bäuerinnen, als Pächter/innen und als Landarbeiter/innen auf den Gütern des ungarischen adeligen Großgrundbesitzes und des größten Grundbesitzers in Ungarn, der katholischen Kirche.
Die Entwicklung des Kapitalismus und der Industrialisierung war im wesentlichen beschränkt und konzentrierte sich auf einige wenige große Zentren, allen voran auf Budapest und die Bergbaugebiete an den nördlichen Grenzen. Als typisch kann gesehen werden, dass bis in die 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts die Bourgeoisie in Ungarn im Wesentlichen von Deutschen und Tschech/inn/en gebildet wurde. Aber auch das Proletariat Ungarns bestand anfänglich in seiner Majorität aus Deutschen, Tschech/inn/en, Slowak/inn/en und Jüdinnen/Juden.
Der staatsrechtliche Ausgleich von 1867 übertrug Ungarn auf der Basis einer Verständigung der deutsch-österreichischen Bourgeoisie und des ungarischen Großgrundbesitzes die Hälfte der Habsburger-Monarchie und ließ der ungarischen herrschenden Klasse freie Hand in der Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeitenden und der entstehenden Nationen, legte aber gleichzeitig die Grundlage für eine raschere Entfaltung eines ungarischen Kapitalismus.
Die Arbeiter/innen/klasse schloss sich in den späten 1860er Jahren zu den ersten Organisationen zusammen. So entstand 1668 der Allgemeine Arbeiterverein, dessen Vorsitzender einer der revolutionären Demokraten der Revolution von 1848, Mihály Táncics, wurde, und 1870 der Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Unfallfonds. Am 22. August 1869 rief eine Arbeiter/innen/demonstration in Budapest zur Gründung einer unabhängigen Arbeiterpartei auf. Allerdings wurde die Registrierung und behördliche Zulassung der Sozialdemokratischen Partei als ungarische Sektion der 1. Internationale von der Regierung verweigert.
Diese ersten Arbeiter/innen/organisationen standen also in enger Verbindung mit der Internationalen Arbeiter-Association (IAA), und waren ideologisch stark von den deutschen Anhängern Ferdinand Lassalles beeinflusst. Leo Frankel, ein enger Mitarbeiter von Karl Marx und Friedrich Engels, der in der Pariser Commune von 1871 als einer der Führer fungiert hatte, kehrte 1876 nach Ungarn zurück und spielte eine entscheidende Rolle im Entstehungsprozess der Allgemeinen Arbeiterpartei, die – 1880 gegründet – ein Verbot der Kinderarbeit, Lohngleichheit für Frauen, den Zehnstundentag und viele weitere Verbesserungen der Lage der Arbeiter/innen forderte. Mit bald darauf einsetzenden Unterdrückungsmaßnahmen antwortete das Königreich Ungarn auf den politisch-organisatorischen Formierungsprozess des Proletariats (so wurde Leo Frankel 1881 verhaftet). Rückschläge, aber keine dauerhafte Zurückdrängung waren die Folgen. Am Anfang der 1890er Jahre begann sich die proletarische Bewegung wiederzubeleben. Am 1. Mai 1890 konnten in Budapest auf einer Massendemonstration mehr als 60.000 Teilnehmer gezählt werden, und am 7. und 8. Dezember 1890 fand der erste Kongress der in Sozialdemokratische Partei (MSZDP) umbenannten Arbeiter/innen/partei statt.
Landesgewerkschaften vor allem der Industriearbeiter/innen konnten unter der Führung der MSZDP gegründet werden, deren erster Kongress 1899 stattfand, außerdem legte die Partei starkes Gewicht auf die Organisierung der Landarbeiter/innen. Unter den Landarbeiter/innen, die unter der Agrarkrise, die in den 1870er Jahren eingesetzt hatte, stark litten, kam es zu großen Streiks (z.B. im Sommer 1897).
Die Zahl der organisierten Arbeiter/innen stieg nach 1900 auf über 50.000. Die Mobilisierungen des Proletariats – im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts den Ruf nach dem allgemeinen (Männer-) Wahlrecht im Mittelpunkt – erreichten ihren Höhepunkt am 23. Mai 1912, als 100.000 in Budapest gegen die Kriegsvorbereitungen und für einen unbefristeten Generalstreik für 1913 demonstrierten. Von diesem Zeitpunkt an geriet die Sozialdemokratie wiederum stark unter den repressiven Druck der Regierung. Die reformistische Führung der MSZDP war vor dem 1. Weltkrieg stark unter den Einfluss der Sozialdemokratie der österreichischen Reichshälfte geraten, und die MSZDP degenerierte, wie ihre austromarxistischen Pendants, zu sozial-patriotischen Vaterlandsverteidigern nach dem Ausbruch des ersten imperialistischen Weltkrieges.
Im Herbst 1917 begann sich eine organisierte Opposition innerhalb der MSZDP zu regen – die Revolutionären Sozialisten unter der Führung von Szabó und Korvin traten ebenso in Erscheinung wie die antimilitaristischen Student/inn/en (der Galileikreis). Die Auswirkungen des imperialistischen Krieges hatten rasch die Kriegsbegeisterung im ungarischen Proletariat gebrochen, und mit der Russischen Revolution von 1917 nahm die Arbeiter/innen/bewegung wieder einen gewaltigen Aufschwung. Zunehmende Tendenzen unter den Arbeiter/inne/n zum Beitritt zu den Gewerkschaften und zur sozialdemokratischen Partei waren nur die Vorboten für den Ausbruch des Generalstreiks im Jänner 1918, als sich Arbeiterräte bildeten. Er erreichte so gewaltige Dimensionen, dass er nur mehr durch die militärische Repression und durch den Verrat der Führung der Arbeiter/innen niedergeschlagen werden konnte.
Die Revolution vom 30./31. Oktober 1918 beendete die vielhundertjährige Herrschaft der Habsburger-Dynastie über Ungarn (seit 1526). Geschlagen im Krieg, konnte sie einem spontanen Generalstreik (31.10.1918) und der Meuterei der Budapester Garnison nichts mehr entgegensetzen. Es folgte eine provisorische Regierung, der ungarische Nationalrat, der am 8. Oktober 1918 von Vertretern der bürgerlichen Radikalen Partei (unter Graf Mihály Károlyi) und der Sozialdemokratischen Partei gebildet wurde und die am 16.11.1918 Ungarn zu einer unabhängigen bürgerlich-demokratischen Republik erklärte.
Dieser mehr oder weniger friedliche Übergang von der alten Habsburger-Dynastie zur Republik Ungarn war aber begleitet von der Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten und von weit verbreiteten revolutionären Massenaktionen der Bauern/Bäuerinnen und der Landarbeiter/innen, die sich gegen die Verzögerungen bei den vorgesehenen Landenteignungen wandten (das Bodengesetz vom 16.2.1919 legte fest, dass die Ländereien über 300 Hektar enteignet werden sollten). Alles in allem vermochte die bürgerlichdemokratische Regierung nicht die demokratischen Aufgaben der Revolution zu lösen. Und schon am 24. November 1918, nur wenige Tage nach der demokratischen Revolution, wurde die Ungarische Kommunistische Partei (KMP) gegründet.
2. Die Ungarische Räterepublik
Die im Gefolge der Asternrevolution vom 30. Oktober 1918 (so genannt, weil die Soldaten, die ihre Rangabzeichen fortgeworfen hatten, ihre Mützen mit Astern schmückten) entstandene bürgerlich-demokratische Regierung hatte zwar die bürgerlichen Rechte auf Freiheit der Rede, der Versammlungen etc. verbürgt, war aber in der für Ungarn so bedeutenden Landfrage nicht weiter gekommen: Der Großgrund besitzende Adel hatte seine patriarchale Vorherrschaftsstellung am Dorf im wesentlichen ungebrochen über das Ende der Habsburger-Monarchie hinaus sich erhalten können. Damit schwanden aber gleichzeitig die Möglichkeiten auf eine Stabilisierung der bürgerlichen Regierung.
Und so konnte die Kommunistische Partei Ungarns rasch zum bedeutenden Gegengewicht zu den bürgerlich-demokratischen Kräften werden. Die KP war am 24.11.1918 gegründet worden, nachdem schon während des Weltkrieges linke Tendenzen innerhalb der Ungarischen Sozialdemokratischen Partei entstanden waren. Aber erst nach der Rückkehr einer Gruppe ungarischer Kriegsgefangener, die in Sowjetrussland eine ungarische Emigrantensektion der Bolschewiki gegründet hatte, waren die oppositionellen Kräfte innerhalb der Sozialdemokratie zu einem organisatorischen Bruch mit der MSZDP bereit. Die neue Partei, die durch den Zusammenschluss der revolutionären Heimkehrer mit der sozialdemokratischen Linken und mit revolutionären Sozialist/inn/en entstanden war, wuchs rasch zu einer einflussreichen Kraft innerhalb der Arbeiter/innen/räte heran. Die von Béla Kun, einem Mitarbeiter Lenins, geführte Partei, reflektierte mit ihrem steten Wachstum den generellen Radikalisierungsprozess der ungarischen Gesellschaft. Gleichzeitig erklärte die Jugendorganisation der Sozialdemokratie, die Föderation junger Arbeiter, ihre Unabhängigkeit von der Mutterpartei und entschloss sich im Dezember 1918, an die Seite der KP zu treten. Von besonderer Bedeutung waren die von der KP erhobenen Forderungen nach Enteignung des Großgrundbesitzes und des großen Kapitals, der Bewaffnung des Proletariats, dem revolutionären Bündnis der Arbeitenden mit Sowjetrussland und nach der Vollendung der Revolution einschließlich den Aufbaus einer ungarischen Räterepublik.
Die KP, die in der Hauptstadt Budapest, und hier vor allem im traditionellen Arbeiter/innen/viertel Csepel verankert war, gewann die Führung in den Bewegungen der Arbeitslosen und der Kriegsheimkehrer, beides Organisationen mit einer Mitgliederzahl von mehr als 60.000. Die große Masse des Proletariats blieb aber trotz all dieser Erfolge der traditionellen Partei der ungarischen Arbeiter/innen/klasse, der sozialdemokratischen MSZDP, treu, die auf eine organisierte Mitgliedschaft von etwa 700.000 zählen konnte.
In der Zwischenzeit überstürzten sich die außenpolitischen Ereignisse. Die siegreichen Entente-Mächte trieben die territoriale Zerschlagung der ungarischen Hälfte der Donaumonarchie voran – einer ungarischen Reichshälfte, in der 1910 mehr als 20 Millionen Menschen lebten und die national stark gemischt war: Mit Ausnahme von Kroatien-Slawonien, das zum Königreich Ungarn gehört hatte und dessen 2,6 Millionen Einwohner trotz einer rücksichtslosen Magyarisierungspolitik zu 90 Prozent Kroat/inn/en und Serb/inn/en waren (daneben Deutsche, Ungar/inne/n und einige andere nationale Splitter) – mit Ausnahme von Kroatien-Slawonien also lebten nach der offiziellen Volkszählung von 1910 im 18 Millionen Einwohner umfassenden Kern des Königreiches Ungarn folgende Nationalitäten:
Ungar/inne/n 54%
Rumän/inn/en 17%
Slowak/inn/en 11%
Deutsche 11%
Südslaw/inn/en 4%
andere 3%
Die Entente-Mächte wollten weniger als die Hälfte des ehemaligen ungarischen Territoriums bei der neu entstandenen ungarischen Republik belassen und die restlichen Gebiete den neuen Nationalstaaten anschließen. Das Interesse war dabei allerdings nicht eine demokratische Regelung der Grenzfragen nach dem Selbstbestimmungsrecht der Nationen, sondern im Vordergrund standen klare machtpolitische Interessen der Siegermächte. So waren diese auch bereit, den Nachbarstaaten mehrheitlich, ja sogar rein ungarisch besiedelte Gebiete anzuschließen.
Aus der Angst heraus, dass die Alliierten bei den Friedensverhandlungen, die für Ungarn in Trianon stattfanden, eine zweite Räterepublik neben Russland nicht zulassen würden und Ungarn noch drückendere Friedensbedingungen auferlegen könnten, war die Führung der MSZDP bestrebt, der Revolution Fesseln anzulegen und den revolutionären Prozess abzustoppen. Im Februar 1919 wurde schließlich der Großteil der Führung der KP eingekerkert und das Parteiorgan Vörös Ujsag (Rote Zeitung) verboten. Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme konnten aber nicht gelöst werden, und so forderten bereits ab Mitte März 1919 machtvolle Arbeiter/innen/demonstrationen die Freilassung der kommunistischen Führer. Mit der an die ungarische Regierung überreichten Vix-Note (20.3.1919) forderten die Entente-Mächte von Ungarn weitere Gebietsabtretungen an Rumänien. Mit den nun geforderten Gebieten war klar geworden, dass die Republik Ungarn mindestens drei Millionen zum Teil in geschlossenen Siedlungsgebieten lebende Ungar/inne/n an die Nachbarstaaten werde abtreten müssen und auf etwa ein Drittel des Vor-Kriegs-Territoriums schrumpfen würde. Die Lage der Regierung, die auf eine Verständigung mit der Entente gehofft hatte, wurde unhaltbar, und die Koalitionsregierung Károly entschloss sich zum Rücktritt. Sie dankte ab und versuchte, den Sozialdemokrat/inne/n die Macht zu überlassen, um sich die Möglichkeit einer Zurückweisung des Trianon-Vertrages offen zu lassen.
Die Parteiführung der Sozialdemokratie beschloss unter dem Druck der Arbeitenden noch am 20. März 1919 die Vereinigung mit der KP, die die Errichtung der proletarischen Diktatur forderte. Aufgrund der besonderen Bedingungen vollzog sich die März-Revolution auf friedliche Weise, und ohne nennenswerten Widerstand der Bourgeoisie konnte am 21. 3. 1919 die Ungarische Räterepublik ausgerufen und die Vereinigung von SP und KP vollzogen werden. Béla Kun war am Vormittag noch Häftling und am Abend bereits Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten.
Das neue proletarische Regime basierte auf einer seltsamen Mischung von abenteuerlicher Politik und einer opportunistischen Anwendung der Arbeiter/innen/einheitsfront zwischen KPler/inne/n, rechten Sozialdemokrat/inn/en und Gewerkschaften. Es versuchte aber trotz allem, sozialistische Maßnahmen voranzutreiben und eine proletarische Verfassung vorzubereiten. Allerdings gelang eine Lösung der schweren wirtschaftlichen Probleme des Landes auch der Räteregierung nicht. Dazu kam eine ultralinke Politik am Lande, die die Bauern/Bäuerinnen und Landarbeiter/innen dem städtischen Proletariat und der Rätemacht entfremdeten. Das Land wurde nach der entschädigungslosen Enteignung der großen Güter über 50 Hektar nicht unter die landhungrigen Bauern/Bäuerinnen aufgeteilt, sondern es wurde sofort versucht, eine gemeinsame Bearbeitung des Bodens auf den großen Gütern durchzusetzen und Kooperativen zu etablieren.
Dem Regierenden Rat gelang allerdings trotz allem der Aufbau eines neuen Staatsapparates und die Aufstellung einer Roten Garde (zum Kampf gegen die innere Konterrevolution) und einer Roten Armee (zur Abwehr der äußeren). Maßnahmen zur Überwindung der kapitalistischen Ordnung folgten: Banken, Industriebetriebe (mit mehr als 20 Beschäftigten), das Verkehrswesen, Schulen wurden verstaatlicht, die Vorrechte der Kirchen beseitigt.
Sofort nach der Entstehung der proletarischen Diktatur begann der militärische Angriff Rumäniens, Frankreichs und der Tschechoslowakei und die wirtschaftliche Blockade der Räterepublik. Trotz anfänglicher Erfolge (so konnte kurzfristig eine Slowakische Räterepublik errichtet werden) machte die militärische Konterrevolution bald rasche Fortschritte: Die militärische Übermacht der Gegner, die innere Konterrevolution, die sich in den rumänisch und französisch besetzten Teilen Ungarns formieren konnte, dazu die internen Kämpfe und der Verrat der rechten Sozialdemokrat/inn/en innerhalb der erst kürzlich verschmolzenen Partei – und zu guter Letzt die Desertion des Generalstabs der Roten Armee – wirkten demoralisierend auf die junge Räterepublik, deren Regierung nach nur 133 Tagen der Macht am 1. August 1919 zurücktreten musste. Die Führer der Revolution, allen voran Béla Kun, mussten emigrieren.
Die Ungarische Räterepublik war isoliert geblieben und so der Konterrevolution ausgeliefert gewesen: Die österreichische Sozialdemokratie hatte erfolgreich eine Ausdehnung des Machtbereichs des Proletariats und ein Überspringen des Gedankens der proletarischen Revolution nach Österreich verhindern können. Den österreichischen Freiwilligen, die mit einem Volkswehr-Bataillon unter dem in den Kämpfen gefallenen Leo Rothziegel an der Verteidigung der ungarischen Räteregierung teilnahmen, gebührt die Ehre, die internationalistischen Traditionen der Arbeiter/innen/bewegung verteidigt zu haben. Zu betonen ist, dass sich die revolutionäre Arbeiter/innen/bewegung sehr wohl der Bedeutung der ungarischen Räteregierung als Brücke von Russland nach Mitteleuropa bewusst gewesen war und internationale Hilfe (unter anderem einen Generalstreik zur Unterstützung der ungarischen Arbeiter/innen/macht) organisiert hatte.
Trotz ihrer Fehler und ihrer politischen Schwächen gehört die kurzlebige Ungarische Räterepublik zu den politisch herausragenden revolutionären Ereignissen im Gefolge des Ersten Weltkriegen und hat in der ungarischen Arbeiter/innen/klasse bis heute tiefe Spuren, die auch eine jahrzehntelange stalinistische Politik nicht aus den Hirnen und Herzen der Arbeiter/innen auslöschen konnte, hinterlassen.
3. Vom Fall der Räterepublik bis 1944
Nach dem Fall der Räterepublik folgte ein nur kurzlebiges Zwischenspiel einer auf die Gewerkschaften gestützten Regierung unter Peidl. Dann allerdings begann die Periode des weißen Terrors, die für 25 Jahre die ungarische Gesellschaft prägen sollte. Etwa 5.000 Anhänger/innen der Räterepublik wurden von Sonderkommandos, zum Teil nach bestialischen Folterungen, ermordet, an die 70.000 eingekerkert. Miklós Horthy von Nagybánya kam als Reichsverweser an die Macht, jener Horthy, der die weiße, konterrevolutionäre Garde, die Nationalarmee, zum Sieg über die Räteregierung geführt hatte und unter König Franz Josef Flügeladjutant und der letzte Admiral der Monarchie gewesen war. Der Einzug Horthys im roten Budapest am 16.11.1919 markiert die endgültige Machtübernahme der offenen diktatorischen Konterrevolution.
Die Arbeiter/innen/räte wurden zerschlagen, die Arbeiter/innen/organisationen aufgelöst, die Kommunist/inn/en sollten ausgerottet werden – an die 150.000 wurden ins Exil getrieben. Die Sozialdemokratie hatte in den letzten Tagen der Räterepublik die Kommunist/inn/en allein dem sich abzeichnenden Sieg der Konterrevolution überlassen wollen, aber trotz dieses verräterischen Kniefalls wurde auch die Sozialdemokratie verfolgt und ihre Kapitulation vor der Konterrevolution nicht entsprechend gewürdigt.
Mit Hilfe der imperialistischen Mächte kam mit Horthy ein Block von Großgrundbesitzer/inne/n und Kapitalist/inn/en an die Macht. Die kapitalistische Ordnung wurde wieder hergestellt, und Horthy trat am 1. März 1920 als Reichsverweser an die Spitze einer wiedererrichteten Monarchie. Die Versuche des Habsburgers König Karl zur Rückkehr nach Ungarn scheiterten allerdings 1921, und so blieb Ungarn in der Zwischenkriegszeit ein Königreich ohne König.
Am 4. Juni 1920 musste Ungarn nun endgültig den Friedensvertrag von Trianon unterzeichnen, in dem Ungarn gewaltige Gebietsabtrennungen aufgezwungen wurden. Anstelle einer offenen konterrevolutionären Diktatur gelang es in den 1920er Jahren, ein parlamentarisches System aufzubauen, dessen dominierende Kraft die Christlich-Nationale Einheit unter Graf István von Bethlén (seit 1922 Einheitspartei) unter loyaler Opposition der Sozialdemokratie wurde. Ungarns Kapitalismus gelang in den 1920er Jahren eine relative Stabilisierung, allerdings blieb Ungarn ein zurückgebliebenes Agrarland mit einer nur wenig entwickelten Industrie und noch nicht einmal völlig ausgemerzten Überresten des Feudalismus. Bis zum Zweiten Weltkrieg werden die herrschenden Klassen Ungarns beständig zwischen autoritären und scheinparlamentarischen Regierungsformen hin und her pendeln, um schließlich ab den 1930er Jahren immer stärker auf die faschistische Karte zu setzen.
Die Niederlage der ungarischen Räterepublik war für die KP ein entsetzliches Desaster. Sie blieb für Jahrzehnte paralysiert und musste unter den Bedingungen strenger Illegalität und des Exils arbeiten. Die ungarische KP degenerierte zur Sekte und war, exiliert und im Untergrund, tief gespalten über gegenseitige Beschuldigungen der verschiedenen Fraktionen, wer nun für die Niederlage der Räterepublik verantwortlich sei. Sie litt unter der Zick-Zack-Politik der stalinisierten Komintern und unter den Bedingungen eines zeitweisen Kriegsrechtes. Kurzfristig konnte die legale Sozialistische Arbeiterpartei Ungarns auf der Grundlage des KP-Minimalprogramms aufgebaut werden: Achtstundentag, geheimes Wahlrecht, eine Bodenreform. April 1925 gegründet, musste auf Grund der Verfolgungen die Partei 1927 ihre legale Tätigkeit wieder einstellen.
Aber nicht nur für die KP war das Ende der Rätemacht eine entscheidende Niederlage gewesen: Die gesamte ungarische Arbeiter/innen/klasse war in den 1920er Jahren in der Defensive. Erst während der Wirtschaftskrise begannen wieder Massenaktionen des ungarischen Proletariats, 1929 beteiligten sich an die 200.000 Arbeiter/innen an Lohnkämpfen. Am 1. September 1930 fand in Budapest die größte Massendemonstration gegen das Horthy-Regime statt, die Bewegung konnte aber zerschlagen werden, zwei Arbeiter/innen/führer (Imre Sallai und Sándor Fürst) wurden in der Folge sogar hingerichtet.
In diesen Kämpfen hatte die KP großes Gewicht. Die Sozialdemokratie war in weiten Teilen durch ihre verräterische Politik der loyalen Opposition gegenüber der Christlich-Nationalen Einheit bzw. der späteren Einheitspartei mit ihrem Bethlen-Peyer-Pakt vom 21.12.1921 diskreditiert. Aber die Kommunistische Partei blieb politisch und ideologisch eine schwache Partei. Schließlich wurde die historische Führung um Kun (mit nahezu allen leitenden Kadern) von Stalins Schergen 1937 ausgerottet, die Partei offiziell aufgelöst und danach unter der strengen Kontrolle von Stalins treuen Gefolgsleuten Rákosi und Gerö in der Sowjetunion reorganisiert, um nach dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion unter dem Namen Friedenspartei in Ungarn die politische Arbeit wieder aufzunehmen. Die illegalen Strukturen dieser ultra-opportunistischen KP blieben während des Weltkriegen äußerst schwach, eine Welle von Verhaftungen zerstörte das illegale Organisationsnetz nahezu völlig. So entstand, anders als in Polen, der Slowakei oder Jugoslawien, keine stärkere Guerilla-Bewegung in Ungarn, auch nicht nach der militärischen Besetzung durch Hitler und der Etablierung eines offen faschistischen Regimes, den Pfeilkreuzlern, was auch die offen bürgerlichen Kräfte in Opposition zu Hitler brachte.
Erst die Besetzung Ungarns durch die Sowjettruppen konnte diese Schwäche des ungarischen Kommunismus beseitigen. Am 22. Dezember 1944 wurde in Debrecen eine provisorische Regierung gegründet, die auf einer deklarierten Volksfrontgrundlage alle Parteien, einschließlich der KP, umfasste, die in Gegnerschaft zu den faschistischen Pfeilkreuzlern standen.
4. Von 1945 bis 1990
Nach der Befreiung Ungarns vom Joch der deutschen Besetzung und des einheimischen Faschismus der Pfeilkreuzler unter Szálasi gelang es der siegreichen Sowjetunion, ein bürgerlich-demokratisches System zu etablieren, das durch die Präsenz der Roten Armee im Lande und durch die Besetzung der Schlüsselpositionen im Staatsapparat, speziell in Polizei und Militär, mit Vertrauten kontrolliert werden sollte. Maßgeblich war hier der Einfluss der am 12. September 1944 neu gegründeten Kommunistischen Partei. In den befreiten Gebieten konnten sich mit Unterstützung der UdSSR auch die bürgerlichen Kräfte, wie die Kleine-Landwirte-Partei, unter der Schirmherrschaft der nach Volksfrontkonzeption arbeitenden Unabhängigkeitsfront (die im Dezember 1944 aus der Sammelbewegung Ungarische Front entstanden war) neu organisieren. Noch vor der Befreiung der traditionellen Hauptstadt Budapest wählte eine Provisorische Nationalversammlung in Debrecen die Provisorische Nationalregierung (22.12.1944), die am 20. Januar 1945 das Waffenstillstandsabkommen mit den Alliierten, also den USA, Großbritannien und der Sowjetunion, unterzeichnete. General Béla Miklós de Dolnok, der ehemalige ungarische Oberbefehlshaber, der von Hitler die größte Nazi-Ehre, das Ritterkreuz mit Eichenlaub, entgegengenommen hatte, wurde Ministerpräsident einer Koalitionsregierung aus Sozialdemokrat/inn/en, Kommunist/inn/en und der Bauernpartei, die der Economist als „kuriose Sammlung aus Lokalgrößen und Linksparteien“ beschrieb und deren Wirkungskreis anfänglich kaum über den eines dörflichen Nationalkomitees hinausging.
Diese Volksfront-Regierung begann noch während des Krieges mit dem Aufbau eines bürgerlichen Staatsapparates in Ungarn und ließ das kapitalistische Eigentum an den Produktionsmitteln weitestgehend intakt. Einzig Verordnungen wie die vom 15. März 1945 über die Bodenreform, durch die der Großgrundbesitz enteignet und an die landarmen Bauern/Bäuerinnen verteilt wurde, und die Nationalisierung des deutschen Eigentums und des Eigentums der ungarischen Faschist/inn/en, wurden erlassen, änderten aber nichts am grundsätzlich bürgerlich-kapitalistischen Charakter der Regierung, die noch immer Horthy als legitimen Herrscher Ungarns betrachtete. Im russischen Rundfunk beendete der neue Verteidigungsminister, General Vörös, der während des Krieges Oberbefehlshaber gewesen war, seine erste Ansprache mit „Lang lebe ein freies und demokratisches Ungarn, unter der Führung von Admiral Horthy!“ Und noch ein Zitat kennzeichnet die erste Phase des Nachkriegs-Ungarns: „Die provisorische Regierung erklärt, dass das Privateigentum Grundlage des wirtschaftlichen Lebens und der sozialen Ordnung des Landes ist und garantiert, dass sich daran auch in Zukunft nichts ändern wird.“ (General Miklós über Radio Moskau in der Weihnachtsansprache 1944).
Bei den im November 1945 abgehaltenen Wahlen, die unter mehr oder weniger demokratischen Bedingungen stattfanden, gewann die Unabhängige Partei der Kleinen Landwirte die absolute Mehrheit an Mandaten und Stimmen (57% und 245 Sitze), während die Sozialdemokrat/inn/en und die Kommunist/inn/en (70 Sitze) mit etwa 17% der Stimmen etwa gleich stark waren. Am Vorabend der Wahlen war aber ein Abkommen geschlossen worden, das die Parteien der Unabhängigkeitsfront zur weiteren Zusammenarbeit in der Regierung verpflichtete.
Unter dem Druck der von der Roten Armee unterstützten Kommunistischen Partei wurde wieder eine Koalitionsregierung gebildet, die aus der KP, der Sozialdemokratie, der Unabhängigen Partei der Kleien Landwirte und der Nationalen Bauernpartei bestand, ja die Kommunist/inn/en konnten sogar das Innenministerium behalten. 1952 betonte Mátyás Rákosi rückblickend, dass die Stalinist/inn/en von Anfang an an der „uneingeschränkten Kontrolle“ der Politischen Polizei, der AVO, interessiert waren. „Das war die einzige Institution, deren Leitung wir uns gänzlich vorbehielten, indem wir uns entschieden weigerten, sie mit den anderen Parteien der Koalition dem Kräfteverhältnis entsprechend zu teilen.“ Um dem Druck der Armee zu entgehen, wurde diese in ihrer Stärke viel weitergehender beschränkt, als dies laut Waffenstillstands- und Friedensvertrag notwendig gewesen wäre. Der Armeeausbau begann erst 1948 (bis dahin war die Armee statt der möglichen 70.000 Mann nur 12.000 Mann stark), als die KP die unumschränkte Macht im Staat bürokratisch an sich genommen und nun auch das Verteidigungsministerium innehatte.
Allerdings versuchte nach kurzer Zeit die Kleine-Landwirte-Partei, unter dem Druck des amerikanischen Imperialismus und nach ihrem Wahltriumph selbstbewusst geworden, diese Volksfront aufzubrechen und insbesondere die Bodenreform in Frage zu stellen. Da keine Oppositionsparteien kandidieren durften, war diese Partei zum automatischen Sammelbecken all derjenigen geworden, die gegen die Kommunist/inn/en eingestellt waren. Die Kommunistische Partei antwortete im März 1946 mit der Bildung des Linken Blocks, dem die KP, die SP, die Nationale Bauernpartei und die Gewerkschaften angehörten und dem die Verteidigung der Landreform durch massive Mobilisierungen der Arbeiter/innen/klasse und der Bauern/Bäuerinnen gelang.
Der rasch wachsende feindliche Einfluss des US-amerikanischen Imperialismus, der die Periode des Kalten Kriegs einleitete und durch den Marshall-Plan vorangetrieben wurde (mit dem Ziel, die kapitalistischen Ökonomien Europas zu stärken und die Bourgeoisien dieser Länder zum Bruch mit der Sowjetbürokratie zu bewegen), provozierte in allen volksdemokratischen Regimes in Mittel- und Osteuropa neue, schwere Krisen. Unter diesen Umständen wurde die Stalin-Bürokratie zu einer Antwort auf diese Drohungen gezwungen, um die volle Kontrolle über Staat und Gesellschaft, die in akuter Gefahr war, zu behalten. Die rechte Führung der Partei der Kleinen Landwirte wurde beschuldigt, in ein Komplott zum Sturz der Regierung verwickelt zu sein. Die „Aufdeckung einer Verschwörung“ der Kleinlandwirtepartei, Attentate gegen Sowjetsoldaten und ein blutiger Zwischenfall in Miskolc folgten. Der Generalsekretär wurde von den Sowjets verhaftet, Sommer 1947 kehrte der Chef der Partei, Ferenc Nagy, nicht mehr vom Urlaub aus der Schweiz zurück. Die Kleinlandwirte-Partei, ihrer traditionellen Führung beraubt, konnte von der KP auf Linie gebracht werden. Und im Sommer 1947 entfielen bei den Wahlen auf die Kleinlandwirte-Partei nur mehr 14 Prozent der Stimmen, gegenüber 22 Prozent auf die KP und 15 % auf die Sozialdemokratie. Die diesmal kandidierenden Oppositionsparteien konnten 35% auf sich vereinigen.
Im folgenden wurden die anderen Parteien gleichgeschaltet oder verboten. Die Kleinlandwirte-Partei wurde aufgelöst, ihre Führung eingekerkert und zum Teil hingerichtet. Die Sozialdemokratische Partei wurde zur Vereinigung mit der KP gedrängt, um im Juni 1948 die Partei der Ungarischen Werktätigen (PdUW) zu bilden. Der dazu nicht bereite Teil der Führung und eine Anzahl von Militanten gingen ins Exil oder wurden eingekerkert. Mit der im März 1949 gebildeten Unabhängigen Volksfront, der Nachfolgerin der seit der Kriegszeit bestehenden Unabhängigkeitsfront, sollte die Massenbasis des neu entstandenen Regimes (auf der politisch-ideologischen Basis der PdUW) abgesichert werden.
Die wenigen und dürftigen demokratischen Rechte, die in der Periode nach 1945 existiert hatten, wurden in der folgenden Periode de facto aufgehoben. Die Errichtung der bürokratischen Herrschaft war verbunden mit einem weit verbreiteten Terror und der straffen Kontrolle jedes sozialen Bereiches. Das Regime erlaubte niemals Organe der direkten Arbeiter/innen/macht, die sich unabhängig von staatlicher Gängelung zur Umsetzung der aktuellen und historischen Interessen des Proletariats organisieren hätten können. Im Gegenteil: Die Gewerkschaften und die Partei waren in völlig bürokratischer Manier organisiert worden, um der stalinistischen Bürokratie die Kontrolle über die Arbeiter/innen/klasse zu bewahren. Die am 20. August 1948 von der Nationalversammlung angenommene Verfassung, mit der Ungarn zur Volksrepublik wurde, war der legistische Schlussakt in der bürokratischen Umgestaltung der ungarischen Gesellschaft. Das stalinistische Regime behielt allerdings formal die Strukturen der bürgerlichen Demokratie bei und vervollständigte seine bürokratische Revolution von oben Dezember 1949 durch die Nationalisierung der Industriebetriebe mit mehr als 10 Beschäftigten. Schon Ende 1946 waren die Bergwerke und Kraftwerke, im November 1947 die Großbanken und die Schlüsselindustrien (z.B. die Stahlerzeugung) und im März 1948 alle Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten verstaatlicht worden. Gleichzeitig wurden die Bauern/Bäuerinnen forciert zur Kollektivierung getrieben. Wirtschaftspolitisch richtunggebend war im Jänner 1949 die Forcierung des COMECON, dem Ungarn als Gründungsmitglied beitrat.
Die offizielle Gründung des AVH (der Geheimpolizei Ungarns) institutionalisierte den allgegenwärtigen Terror. Die Periode bis 1953 ist insgesamt von der unumschränkten Herrschaft von Mátyás Rákosi als Kopf einer Stalin 100% ergebenen Bürokratie geprägt, er selbst wurde von der offiziellen Propaganda als der ungarische Stalin verehrt.
Aus dem deformiert-bürgerlichen Staatsapparat und der kapitalistischen Ökonomie Ungarns entstand also in den späten 1940er Jahren ein Arbeiter/innen/staat, genauer gesagt ein degenerierter Arbeiter/innen/staat, der durch ein Fehlen jeglicher wirklicher Form der proletarischen Demokratie, jeder Form der wirklichen Herrschaft des Proletariats, organisiert in Arbeiter/innen/räten, charakterisiert war. Gleichzeitig aber wurde die unbedingte Herrschaft der kapitalistischen Warenwirtschaft tendenziell außer Kraft gesetzt: Nachdem ein Dreijahresplan zum Aufbau der Wirtschaft in kaum zwei Jahren vorzeitig erfüllt worden war, wurde mit dem 1. Fünfjahresplan (1950/1954) eine nichtkapitalistische Ökonomie aufgebaut.
Im Gefolge von Titos Bruch mit Stalin im Jahr 1948 wurde auch die bereits konsolidierte Herrschaft der ungarischen Bürokratie durch neue Krisen erschüttert. Eine vollständige stalinistische Führungsschicht wurde verdächtigt, als mögliche ungarische Titos zu agieren. Stalinistische Kader, wie z.B. László Rajk, János Kádár, Nagy oder Szalai, die alle führende Posten in Staat und Partei innegehabt hatten, wurden verurteilt und teilweise hingerichtet. Obwohl sie in Wirklichkeit keine oppositionelle Fraktion innerhalb der regierenden stalinistischen Partei aufgebaut hatten – was ihnen allen die Anklage vorgeworfen hatte –, so hatten sie zum Teil doch eine Politik vertreten, die sich von Mátyás Rákosis beschleunigtem Kurs in Richtung Sozialismus unterschied. Beispielsweise vertrat Imre Nagy im Unterschied zum siegreichen Flügel der Partei eine etwas moderatere Variante der Agrarpolitik.
Trotzdem muss anerkannt werden, dass die Kommunistische Partei, genauer gesagt die Partei der ungarischen Werktätigen (PdUW), in den späten vierziger Jahren eine wirkliche Massenunterstützung gewinnen konnte – trotz ihres terroristischen Regimes, trotz ihres bürokratischen Wegs der Ausmerzung der Überreste des Kapitalismus. Die Aufteilung des Landes, die Verstaatlichungen, die Einführung des Acht-Stunden-Tags usw. waren ungeheuer populäre Maßnahmen unter den arbeitenden Massen. Von einer Kleinpartei im Jahr 1945 ausgehend, war die KP mit 1. Oktober 1946 schon in der Lage, 650.000 Parteimitglieder zu organisieren – und das zu einer Zeit, als die sozialdemokratische Partei als freie Konkurrentin agierte und die Kleinlandwirte-Partei mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen bei den Wahlen auf sich vereinigen konnte! Aber mit dem neuen Kurs auf volle Kollektivierung des eben erst an die Bauern/Bäuerinnen verteilten Landes, kombiniert mit einer immer rigider werdenden Arbeitsdisziplin zur Erreichung der gesteckten Planziele und der unbeschränkten bürokratischen Kontrolle in den Fabriken, machte diese Hinwendung zur Partei der ungarischen Werktätigen sehr rasch einer ernüchterten Stimmung, ja zunehmender Feindschaft im Proletariat Platz. Die politische Konsequenz dieser Flügelkämpfe waren endlose Reihen von Säuberungen. Die Partei der Ungarischen Werktätigen, die 1949 noch 1,2 Millionen Mitglieder zählte, schrumpfte bis Februar 1951 auf 800.000. 1948 bis 1950 waren 483.000 Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen worden.
Dass unter diesen Bedingungen die Arbeitenden nicht nur zur Partei, sondern auch zu den Massenorganisationen und nicht zuletzt auch zur Gewerkschaft das Vertrauen verlieren mussten, ist klar. Diese fungierte in den Betrieben viel eher als Organisationshilfe denn als Vertretung der Interessen der Arbeitenden, was sogar die KP, um dem schwindenden Einfluss der Gewerkschaften in den Betrieben gegenzusteuern, dazu veranlasste, die Gewerkschaften zu kritisieren, dass sie sich mehr um die Rechte der Arbeitenden kümmern sollen. Doch all das konnte das schwindende Vertrauen nicht wieder herstellen. Dazu kamen noch die tristen Lebensverhältnisse, die durch die Forcierung der Schwerindustrie noch verschlechtert wurden. All das führte zu verschiedenen Kurskorrekturen, die aber allesamt am niedrigen Lebensniveau der Arbeiter/innen/massen nichts Gravierendes veränderten und das Misstrauen und die Wut der Arbeitenden vergrößerten.
Nach dem Tode Stalins im Jahr 1953 wurde schnell klar, wie isoliert und verhasst die herrschende Clique um Mátyás Rákosi bereits geworden war. Ermutigt vom Malenkow-Flügel unter den Erben Stalins, erlebte der von Imre Nagy geführte und von Rákosi unterdrückte Flügel der Partei seinen politischen Wiederaufstieg. Rákosi wurde dazu gedrängt, als Premier-Minister zurückzutreten und diesen Posten an Imre Nagy abzugeben. Rákosi behielt aber eine Position als Sekretär der Partei. Die Periode bis 1955/1956 war in der Folge von einem Hin und Her und einer gegenseitigen Blockierung der beiden in Nagy und Rákosi personifizierten Flügel der Partei geprägt.
Die neue Politik bestand im Wesentlichen darin, die gröbsten Folgen der Kollektivierung des Landes zu beseitigen und eine behutsame Rehabilitierung eines Teiles der in den vergangenen Säuberungen Verurteilten und Gemaßregelten in Gang zu setzen. 1955 allerdings wendete sich das Blatt abermals: Die harten Stalinist/inn/en waren zum Gegenschlag in der Lage und verdrängten die Reformer/innen um Nagy nochmals – mit einer erneuerten Welle der Repression drohend. Unter diesen Umständen konnte die wachsende Radikalisierung vor allem von Teilen der Parteijugend und der Intellektuellen (die sich in Organisationen wie dem Petöfi-Kreis sammelten) als Katalysator der allgemeinen Unzufriedenheit und des generellen Widerstandes fungieren. Eine gespaltene und verwirrte Bürokratie stand der ansteigenden Welle der Radikalisierung gegenüber, die noch zusätzlich verstärkt wurde durch die „Entstalinisierungs“politik von Chruschtschow am XX. Parteitag der KPdSU – insgesamt eine höchst brisante Entwicklung, die zu spontanen Massenmobilisierungen der Jugend und der Arbeitenden führte und den Höhepunkt am 23. Oktober 1956 mit einem Aufstand erreichte.
Parallel zum Aufstand der polnischen Arbeiter hatte sich auch in Ungarn im Herbst die Situation zugespitzt. Am 6. Oktober wurde von Hunderttausenden des vor sieben Jahren ermordeten László Rajk (und dreier anderer Hingerichteter) gedacht – das Regime ehrte die in Ungnade Gefallenen mit einem posthumen Staatsbegräbnis. Am 23. Oktober fand eine Demonstration in Budapest statt – nach den blutigen Auseinandersetzungen um das Budapester Funkhaus brach der bewaffnete Aufstand los. Bereits am nächsten Tag wurde Imre Nagy von der revolutionären Welle an die Position des Ministerpräsidenten gespült, jener Imre Nagy, der zwar – das Vertrauen der Arbeiter/innen/klasse genießend – nicht zum Verräter wurde, der aber während der ganzen Revolution als Bürokrat agierte und sein tiefes Misstrauen gegenüber der revolutionären Aktivität der proletarischen Massen niemals verlieren sollte. Zur Aufrechterhaltung von „Ruhe und Ordnung“ schritten die Truppen der Roten Armee gegen „Unruhestifter“ ein. In den nächsten Tagen wurden im ganzen Lande Arbeiter/innen/räte und Revolutionskomitees gebildet; überall in Ungarn wurde gekämpft. Nagy unterzeichnete einen Waffenstillstand und bildete ein Volksfrontkabinett mit Vertretern der historischen Parteien der Kleinen Landwirte und den Nationalen Bauern. Am 29. Oktober erkannte die Regierung Nagy die Räte an, und die KP unterstützte den Aufstand. Zwei Tage später zogen sich die sowjetischen Truppen aus Budapest zurück.
Am 1. November 1956 verkündete Ungarn seine Neutralität und wollte aus dem Warschauer Pakt austreten. Die Räte, die als potenzielle Machtorgane des Proletariats fungierten, erkannten die Regierung Nagy an. Die Kommunistische Partei hatte während der Revolution 1956 ihren organisatorischen Zusammenhalt verloren und wurde nun unter Führung von Nagy, János Kádár und dem Philosophen und Kultusminister der Räterepublik von 1919, Lukács, reorganisiert. Parallel dazu hatten die unterdrückten Parteien wieder zu arbeiten begonnen. Während Nagy sich nun bemühte, die Aufständischen in die Regierung einzubinden (so wurde Pál Maléter, der Chef des Militärischen Revolutionskomitees, Verteidigungsminister), setzte sich eine Gruppe um János Kádár von der politischen Revolution, deren Berechtigung er noch kurz zuvor glühend verteidigt hatte, ab und rief als Revolutionäre Arbeiter- und Bauernregierung die Rote Armee zu einer zweiten Intervention auf. Die revolutionären Kämpfe dauerten mehr als eine Woche an und forderten mindestens 20.000 Tote. Obwohl die Regierung Kádár kurzfristig zur Beruhigung der Lage die Arbeiter/innen/räte anerkannte und sich mit ihnen verband, wurde ab der zweiten Novemberhälfte die Rätebewegung systematisch unterminiert: Verbot der Versammlung des Nationalen Arbeiterrates, Auflösung der revolutionären Komitees. Die Massenverhaftungen von Mitgliedern der Arbeiterräte besiegelten die Niederlage des Proletariats, dessen Symbolfigur Nagy unter Bruch von Versprechungen aus der jugoslawischen Botschaft gelockt, in die er und einige seiner Vertrauten nach der Niederlage geflüchtet waren, nach Rumänien verbracht und dort schließlich gehenkt wurde.
Die ungarische Revolution von 1956 zeigte mit aller Klarheit die Grenzen einer Massenerhebung gegen den Stalinismus, die Grenzen einer Erhebung ohne eine umsichtige und zum Äußersten entschlossene revolutionäre Führung. Denn eine solche hatte der ungarischen Revolution 1956 gefehlt. Die Räte waren nicht in der Lage, die Macht im Staat völlig in ihre Hand zu bekommen. Sie waren dazu verurteilt (bzw. beschränkten ihre Funktion selbst in dieser Richtung), auf die Regierung Nagy Druck auszuüben, was aber am insgesamt schwankenden Charakter der Regierung nichts änderte. Zu groß waren aber auch die Illusionen in einen ehrlichen, in einen reformierten Stalinismus; weiters fehlten konsequente Versuche, die nationale Isolierung Ungarns zu durchbrechen und das Proletariat der kapitalistischen Länder, aber auch der anderen Arbeiter/innen/staaten zur aktiven Solidarität zu bewegen.
Die Tragik der ungarischen Revolution liegt darin, dass die kämpfenden Massen zwar imstande waren, von sich aus den Stalinismus zu stürzen, nicht aber dazu, bewusst die Macht in ihre eigenen Hände zu nehmen – der Zustand der Doppelherrschaft (hier die Arbeiter/innen/klasse, dort die Sowjetbürokratie mit der Roten Armee) konnte nicht überwunden werden. Obwohl auch rechte Strömungen und restaurative Tendenzen in den entscheidenden Tagen an die Oberfläche gespült wurden – eine durchaus nicht neue Sache in revolutionären Prozessen –, war der Aufstand von 1956 doch eine in der Grundtendenz von der Arbeiter/innen/klasse und ihren Organisationsformen geprägte politische Revolution gegen die herrschende Bürokratie. Alle Verleumdungen, die von stalinistischer Seite über die ungarischen Revolutionär/innen ausgegossen wurden, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier das Proletariat seine Kraft gezeigt hatte.
Dabei muss bedacht werden, dass die programmatische Basis der Arbeiter/innen/räte, die überall im Lande entstanden waren, durchaus unterschiedlich war. Sie hatten sich in kürzester Zeit auf spontane Art und Weise gebildet. Und daher waren auch ihre Forderungen durchaus unterschiedlich. Gemeinsam war den meisten der aufgestellten Programme aber – trotz aller Unterschiede in Umfang und Radikalität – die Forderungen nach Arbeiter/innen/selbstverwaltung, nach dem Abzug der sowjetischen Truppen, der Abschaffung der politischen Polizei AVO, nach unabhängigen Gewerkschaften, der Freiheit für politische Parteien, einer Generalamnestie für die Aufständischen sowie nach einer Erhöhung der Löhne und Renten. Verschiedentlich wurden auch Forderungen nach parlamentarischer Demokratie erhoben. Alles in allem waren die Forderungen der meisten Arbeiterräte sehr moderat und sprachen Imre Nagy das Vertrauen und die Unterstützung der Arbeitenden aus. Trotz aller antikommunistischen Tendenzen, die ab Ende Oktober zweifellos festzustellen waren, können aber die Selbstäußerungen des Proletariats nicht eindeutig als Wunsch nach Marktwirtschaft und Rückkehr zum Kapitalismus interpretiert werden. Alle diese Illusionen waren da, aber bei weitem nicht in dem verallgemeinerten Ausmaß wie um 1989/1990 – nach dem politischen und wirtschaftlichen Bankrott 40 Jahre nach dem Beginn der stalinistischen Herrschaft.
Die neue Regierung, die nach der blutigen Niederschlagung des Aufstandes gebildet worden war, war der Sowjetunion treu ergeben und agierte als bloßes Marionettenregime der Invasionstruppen. Eine verlängerte Periode des brutalen Terrors gegen die Vertreter/innen der Arbeiter/innen/räte, der Ausschlüsse, der Massenexekutionen der nicht Geflüchteten und der strengen Repression aller politischen Aktivitäten der Arbeitenden (so wurde z.B. der Streikaufruf mit dem Tode bestraft!) folgte. Imre Nagy und einige seiner engsten Vertrauten wurden in einem Geheimverfahren in Rumänien verurteilt und exekutiert).
Allerdings gelang dem neuen Regime mit János Kádár an der Spitze, der ironischerweise ein früherer Verfolgter von Mátyás Rákosi war, die Stabilisierung der Herrschaft, der Revolutionären Arbeiter- und Bauern-Regierung, und die Reorganisierung der Kommunistischen Partei – diesmal unter dem Namen Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei (USAP).
Ab 1957 kann von einer Konsolidierungsphase der ungarischen Ökonomie gesprochen worden, die mit Hilfe von Krediten vor allem aus der Sowjetunion finanziert wurde. Parallel zum sich relativ rasch bessernden Lebensstandard der arbeitenden Massen wurde die ursprüngliche Repression der Periode nach 1956 gelockert. Nach Abschluss dieser Phase, die etwa bis 1968 andauerte, wurde Ungarn zu jenem degenerierten Arbeiter/innen/staat, wo eine graduelle Aussöhnung sowohl mit den kapitalistischen Tendenzen innerhalb des Landes als auch mit dem Imperialismus stattfand. Diese ökonomische Wende nach rechts war begleitet von einer liberaleren Haltung in der Kulturpolitik und einer Aufhebung einer Reihe von Beschränkungen bezüglich der privaten Konsumtion und der persönlichen Lebensgestaltung – all das mit dem Ziel, einer möglichen Unzufriedenheit unter den Massen zuvorzukommen. Dieser Prozess verstärkte sich parallel zur steigenden Verschuldung in den 1980er Jahren und erreichte unter Grosz seinen Kulminationspunkt mit der Aushöhlung und schließlich offenen Infragestellung der nach-kapitalistischen Errungenschaften.
Das Tempo der Veränderungen beschleunigte sich im Laufe des Jahres 1989 immer mehr: Im Frühjahr wurde Imre Nagy (und mit ihm de facto die politische Revolution von 1956) rehabilitiert, im Sommer Oppositionsparteien zugelassen, im Herbst löste sich die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei formal auf. Deren Nachfolgerin, die Ungarische Sozialistische Partei (USP) hat offen mit dem Kommunismus gebrochen und sich als sozialdemokratische Partei bezeichnet.
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Der Artikel endete Februar 1990 mit dem folgenden – heute überholten – Absatz:
Heute ist Ungarn jener Staat (seit November 1989 ist Ungarn offiziell keine Volksrepublik mehr, sondern eine Republik,), deren Repräsentant/inn/en sich den Spielregeln und Gesetzen der bürgerlichen Demokratie unterwerfen möchten, wo die kapitalistische Restauration unmittelbar auf der Tagesordnung der Geschichte steht. Nachdem zweimal im zwanzigsten Jahrhundert das ungarische Proletariat zum Mittel der Revolution gegriffen hatte – und 1919 die kapitalistische Herrschaft, wenn auch nur kurzfristig, beseitigte, 1956 aber auf das verhasste stalinistische Bürokratensystem mit der politischen Revolution, die im Blute unterdrückt wurde, antwortete, steht die ungarische Arbeiter/innen/klasse heute vor der Aufgabe, die kapitalistische Restauration zu verhindern. Die Errungenschaften der Planwirtschaft, das Außenhandelsmonopol und die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien müssen erhalten (bzw. mit jedem Tag mehr) wiederhergestellt werden! Die ungarische Arbeiter/innen/klasse steht heute, wenn sie nicht wieder seine Angelegenheiten selbst in die Hand nimmt und für seine unmittelbaren und historischen Interessen zu kämpfen bereit ist, vor einer furchtbaren Alternative: Entweder einer Rückkehr des stalinistisch-deformierten realen Sozialismus – einer Parodie auf die wirklichen Ideale der Arbeiter/innen/macht – oder einer kapitalistischen Zukunft Ungarns. Und die wird das ungarische Proletariat innerhalb kürzester Zeit mit den Segnungen des Kapitalismus bekanntmachen: mit Arbeitslosigkeit, steigendem Arbeitsdruck und einem starken Auseinanderklaffen der Gesellschaft, also einer Verarmung breiter Massen und einer Entstehung und Konsolidierung einer kleinen Schicht von Reichen. Dem stellen wir das Konzept einer Arbeiter/innen/demokratie gegenüber, wo auf der Basis von vergesellschafteten Produktionsmitteln das Proletariat und jene Schichten der Gesellschaft, die sich um die Arbeiter/innen/klasse scharen (wie die Bauern/Bäuerinnen…), ihre Herrschaft errichten. Diesen Versuch hat das ungarische Proletariat im 20. Jahrhundert bereits zweimal unternommen. Helfen wir mit, dass im letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts der alte Menschheitstraum, der Aufbau einer klassenlosen, sozialistischen Gesellschaft, Wirklichkeit wird – in Ungarn und auf Weltebene!