Dass die Wirtschaft so alle 7 – 10 Jahre in ein schwarzes Konjunkturloch fällt, hält man ja seit langem für irgendwie naturgegeben – auch wenn das seltsamerweise erst seit der Zeit so ist, in welcher der Kapitalismus Fahrt aufgenommen hat… Über Finanzkrisen hingegen wundert man sich immerhin noch. Warum eigentlich? Im Weltmassstab betrachtet, gab’s davon seit 1987 im Schnitt alle 4 Jahre eine – und nur mit dem Äussersten an patriotischer Verblendung kann man davon ausgehen, dass bloss deshalb die meisten nicht in der Schweiz angekommen sind, weil hierzulande irgendetwas besser gemacht würde als anderswo…
Aufruf und Flyer zur Demo "Schluss mit der Abzockerei"
am 15. November 2008, 13.30 Uhr, Paradeplatz Zürich
Ein Kapitalismus ohne Krisen ist eine Illusion!
Dass die Wirtschaft so alle 7 – 10 Jahre in ein schwarzes Konjunkturloch fällt, hält man ja seit langem für irgendwie naturgegeben – auch wenn das seltsamerweise erst seit der Zeit so ist, in welcher der Kapitalismus Fahrt aufgenommen hat… Über Finanzkrisen hingegen wundert man sich immerhin noch. Warum eigentlich? Im Weltmassstab betrachtet, gab’s davon seit 1987 im Schnitt alle 4 Jahre eine – und nur mit dem Äussersten an patriotischer Verblendung kann man davon ausgehen, dass bloss deshalb die meisten nicht in der Schweiz angekommen sind, weil hierzulande irgendetwas besser gemacht würde als anderswo.
Jedenfalls will man diesem Problem jetzt angeblich zu Leibe rücken. Die bürgerliche „Selbstkritik“ ist dabei erwartungsgemäss höchst oberflächlich und wird beim ersten Anzeichen, dass die Krise vorüber ist, sofort verstummen. Die bis dahin allenfalls gemachten Zugeständnisse wird man dann so schnell wie möglich wieder zurücknehmen.
Ausserdem wird schon jetzt versucht, den Unmut der Lohnabhängigen in andere Kanäle zu leiten. Dafür nur ein Beispiel an Stelle von vielen: Franz Jaeger, St. Galler Wirtschaftsprofessor im Ruhestand, meinte unlängst in der „Arena“, die SchweizerInnen sollten doch ihre kleinen Differenzen endlich vergessen und gegen den äusseren Feind – den Deutschen Finanzminister Steinbrück mit seiner lästigen Kritik am hiesigen Steuersystem – zusammenhalten. Während man ihnen gerade die Rente zusammenstreicht, sollen die Lohnabhängigen brav zur Tradition der geistigen Landesverteidigung zurückkehren.
Die reformistische Linke gibt sich derweil kämpferisch. Ihr Forderungskatalog ist allerdings so zusammengestellt, dass die Systemfrage nicht aufgeworfen wird. Dazu trennt man einfach einen guten Kapitalismus („Realwirtschaft“) von einem schlechten und macht für letzteren dann das Kosmetik-Köfferchen auf: weniger Lohn für BankerInnen, Rückgabe der Boni, Regulation der Finanzmärkte, Stärkung der Aktionärsrechte (!) gegenüber raffgierigen ManagerInnen, etwas Stützung der Kaufkraft etc. sollen das Eintrittsbillett in die schöne neue Welt des krisenfreien Kapitalismus sein.
Um es bildlich zu sagen: man schneidet das Unkraut (bestenfalls) bodeneben ab und wundert sich, dass es am nächsten Tag wieder da ist. Auch ohne das heutige Finanzsystem hat der Kapitalismus seit seiner Geburt Krisen produziert und wird das bis zu seiner Überwindung tun. Nicht weil zu wenig Kapital da wäre – sondern weil sich jeweils mehr Kapital ansammelt, als verwertbar ist.
Die daraus erwachsende verschärfte Konkurrenzsituation macht es unter kapitalistischen Vorzeichen auch unumgänglich, dass selbst zu den drastischsten „Lösungen“ gegriffen wird: so, wenn die aus verschiedenen Immobilienmärkten geworfenen Kapitalien in Spekulationen mit Rohstoffen fliessen – und damit zur jüngsten Nahrungsmittelkrise beitrugen. Vor diesem Hintergrund kann ein moralischer Appell an die KapitalistInnen ja wohl kaum die Antwort sein…
Wie üblich hat die Krise für die Lohnabhängigen in sehr kurzer Zeit einige äusserst bittere Lehren bereitgehalten:
Die Kassen sind nicht für alle gleich leer
Jahrelang haben bürgerliche PolitikerInnen aller Couleur behauptet, es gäbe kein Geld für Ausgaben im sozialen, im Gesundheits- oder im Bildungsbereich – Sozialabbau, Klassenmedizin und die bedingungslose Abrichtung der SchülerInnen und StudentInnen auf die Verwertungsbedürfnisse des Kapitals seien die einzige Lösung oder müssten zumindest zähneknirschend hingenommen werden.
Sobald aber einmal die Banken die berühmte unsichtbare Hand des Marktes an der Gurgel haben, setzt unkompliziert und schnell ein staatlicher Geldregen in Milliardenhöhe ein. Die ArbeiterInnenklasse, der das Geld auf der einen Seite nicht zugute gekommen ist, darf es nun zum Ausgleich auf der anderen Seite hergeben, da sie – im Gegensatz zu Konzernen und KapitalistInnen – nicht über die zahllosen Mittel zur „Steueroptimierung“ verfügt.
Der bürgerliche Staat ist nicht dein Freund
Dieser Tage wird ja wieder einmal fleissig der Gegensatz von „Wirtschaft“ und „Staat“ beschworen. Der Staat sei über die letzten Jahrzehnte immer mehr zurückgedrängt worden, bei seinem angeblichen Comeback soll er nun den „Casinokapitalismus“ an die Leine nehmen.
Nun war der bürgerliche Staat gar nie „weg“ – er hat bloss nicht die Aufgaben, die man ihm da gerne andichten würde. Er sorgt heute wie gestern für die Aufrechterhaltung, Organisation und Durchsetzung des Kapitalismus. Nur wenn es die Situation erfordert – sprich: wenn damit breite Bevölkerungsschichten ruhiggestellt oder ruhig gehalten werden müssen – lässt man sich nennenswerte sozialstaatliche Massnahmen abringen.
Und auch das möglichst nur vorübergehend. In England hat man beispielweise von Anfang an offen erklärt, man werde die verstaatlichten Banken nach der Krise so schnell wie möglich wieder in den Markt entlassen. Nicht dass noch jemand auf die Idee kommt, eine geplante Wirtschaft sei den segensreichen Marktkräften überlegen…
Der bürgerliche Staat, dieser vermeintliche Verbündete der Lohnabhängigen, wird ihnen die Last dieser Krise auf den Rücken zu laden versuchen. Und was für den Staat als Ganzes gilt, gilt auch für die einzelnen parlamentarischen Kräfte. Eine Sozialdemokratie, die seit 1959 ohne Unterbrechung in der Konkordanz sitzt und damit alles mitgetragen hat, was man an Schlägen gegen die Lohnabhängigen beschlossen hat, ist nichts anderes als ein „linkes“ Feigenblatt für den Kapitalismus. Die Lohnabhängigen müssen dessen Überwindung selbst besorgen, sie brauchen dafür keine Stellvertrer.
Der Kapitalismus ist das Problem, nicht das Bonussystem
Wenn Herr Wuffli seinen millionenschweren Bonus zurückzahlt, ist das schön und gut. Und es ist auch zu begrüssen, wenn weiter Druck ausgeübt wird, dass andere es ihm gleichtun. Nur darf dadurch nicht der Blick auf die Ursachen der Krise verstellt werden. Man hat es hier nicht mit einem Betriebsunfall durch menschliches Versagen zu tun, den man durch etwas genauere Kontrolle und ein angepasstes Anreizsystem in Zukunft vermeiden könnte. Man hat es zu tun mit der systematischen Krisenhaftigkeit des Kapitalismus. Die individuelle Gier ist nicht die Ursache dieses Systems, sondern wenn schon eher seine Folge und sie lässt sich dementsprechend auch kaum gesondert von diesem bekämpfen.
Daher gilt:
Keine Illusionen in die Regulation der Finanzmärkte!
Keine Illusionen in die Reformierbarkeit des Kapitalismus!
Veranstaltung der RSO Zürich:
Der Kapitalismus hat seinen Kredit verspielt
Marxistische Analyse zur Finanzkrise
Referat von Michael Bernhard (RSO Zürich), anschliessend Diskussion
Donnerstag, 4. Dezember, 19 Uhr
Universität Zürich Zentrum (Rämistrasse 71), KOL F 116