Im Schweizer Nobelort Davos fand wieder das World Economic Forum statt, überschattet von der Weltwirtschaftskrise und begleitet von Protesten. Die GenossInnen der RSO Zürich verteilten dabei eine Flugschrift mit folgendem Text.
Dieses Jahr wird es anders. Dies ist kein weiteres leeres Versprechen aus der Glitzerwelt der Politik, sondern die notwendige Konsequenz aus der gegenwärtigen Weltlage für das diesjährige World Economic Forum (Weltwirtschaftsforum, WEF). Denn der Kapitalismus ist 2008 in eine Krise geschlittert, welche sich nicht so leichtfertig ignorieren lässt. Nach der Krise ist nicht vor der Krise, müssen sich auch die OrganisatorInnen des WEFs sagen und einen zünftigen Gang runterschalten in ihrem neoliberalen Sprechchor. Die Krise des Kapitalismus scheint für grosse Teile der Schweizer Linken eine Motivation zu sein, das WEF als Kulminationspunkt der aufgestauten Wut und ihres Protestes zu betrachten. Doch was hat das WEF mit der Krise zu tun, was bedeutet Protest gegen Symbole des Systems und welche Perspektive hat die Linke in der Krise wirklich?
Die Krise 2008, fürs Kapital kommt´s dick!
Das Jahr 2008 hielt für die ApologetInnen des Systems einige böse Überraschungen bereit. Wie schön war es doch für sie, als sie nach dem Ende des Kalten Krieges und der Markteingliederung der ehemals stalinistischen Staaten das goldene Zeitalter der freien und alternativlosen Marktwirtschaft einläuten konnten. In der neoliberalen Theorie gab es keinen Platz für den Staat, die Gewerkschaften und System-immanente Krisen, das unterschied sie von ihrem Vorgänger, dem Keynesianismus, welcher sich noch die staatliche Regulation des Kapitalismus auf die Fahne geschrieben hatte.
Obwohl es in den 90ern schon immer wieder zu Finanzkrisen kam, so verzeichnete der Kapitalismus doch alles in allem ein positives Wachstum mit fetten Profitraten und relativ wenig Widerstand. Als Ende August 2007 der Häusermarkt in den USA zusammenbrach und herauskam, dass riesige Mengen an ausgeschütteten Krediten nicht zurück gezahlt werden konnten, hielt man dies noch für ein vorübergehendes Phänomen, dass sich schon irgendwie wieder einrenken würde.
Als sich dann aber 2008 die Lage immer noch nicht besserte, kamen die neoliberalen SystemrechtfertigerInnen langsam in Bedrängnis. Im März kam dann die erste grosse Eruption, die Investment Bank Bear Stearns brach zusammen und musste über 200 Milliarden US Dollar abschreiben. Eine volle Breitseite für die Finanzwelt, welche sie nicht von sich aus kurieren kann, und wie so oft musste dem Markt der Staat mit einer zünftigen Finanzspritze aushelfen, genau jener Staat, den der Neoliberalismus eigentlich scheut wie der Teufel das Weihwasser. Dies natürlich nur, insofern ihm die ArbeiterInnenklasse in der Vergangenheit das Anbieten öffentlicher Dienstleistungen oder sozialer Sicherungssysteme abgerungen hatte, komischerweise konnte der Neoliberalismus immer recht gut mit dem Staat, wenn es darum ging mit Militär, Geheimdiensten und Polizei die Interessen des Kapitals zu sichern.. Im Verlauf des Jahres kam es zu mehreren grossen Verstaatlichungen wie zum Beispiel die der US-Amerikanischen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac. Auch die Schweizer Grossbank UBS, eine der führenden Kräfte auf dem internationalen Finanzmarkt musste Milliarden abschreiben. Die Gesamtsumme, welche die Staaten zur Schnürung ihrer Rettungspakete ausgeben musste, kann bewegt sich schon lange nicht mehr in dem Bereich in dem in Milliarden gemessen wird. Auch in der Schweiz wurde allein der UBS eine Summe von 62 Milliarden Franken zugeschanzt. Die Finanzmärkte befinden sich noch immer im freien Fall und auch dem Hinterletzten Neoliberalen sollte klar geworden sein: Die Wirtschaft steht mehr als nur knöcheltief in der Scheisse und am eigenen Haarschopf wird sie sich kaum herausziehen können.
Das WEF in Erklärungsnot
Es scheint so, als hätte das WEF mit den Auswirkungen der Krise gerechnet, als es sich den treffenden Slogan „commited to improve the state of the world“ (verpflichtet den Zustand der Welt zu verbessern, wobei „state“ im Englischen sowohl Zustand, als auch Staat heissen kann) gab. Doch war das wohl eher weniger der Fall, war doch das WEF eine Brutstätte des Neoliberalismus, also jener Ideologie zur Rechtfertigung des Kapitalismus, welche immer wieder betont, dass sich der Staat gefälligst aus allem raus zu halten hat, was Wirtschaftsangelegenheiten betrifft. In weiten Teilen der Linken steht das WEF für die unanständige Seite der Globalisierung, es ist eben ein Symbol für die Exzesse der freien Marktwirtschaft und deshalb der Aufhänger für die mehr oder weniger kapitalismuskritischen Proteste im Januar. Doch wird das WEF auch den Attributen gerecht, welche man ihm anheftet?
In Folge der Krise musste sogar der WEF Gründer, Klaus Schwab, zugeben, dass es den meisten TeilnehmerInnen des WEFs wahrscheinlich mehr um die Cocktailpartys und die Knüpfung von Geschäftskontakten, denn um die Seminare ging, welche am WEF angeboten wurden. Dies schien ihn aber bis anhin nicht zu stören, drückten ihm doch die WEF TeilnehmerInnen eine gute Stange Geld für ihre Teilnahme ab. Das WEF als Cocktailparty der Grössen aus Wirtschaft und Politik, das trifft es ganz gut. Doch erschöpft sich die Beschreibung des WEFs damit noch nicht. Am WEF wird im engeren Sinne keine Politik gemacht wie zum Beispiel an den G8 Gipfeln, beim WEF geht es darum, ideologische Farbe auf den morschen Kapitalismus zu pinseln. Die meisten Seminare am WEF haben so auch die einfache Aufgabe, logische Erklärungen für die Vorgänge in der Welt auf Grundlage der neoliberalen Ideologie zu formulieren. Diese Erklärungen müssen nicht wirklich logisch sein, aber sie müssen den Staats- und Wirtschaftseliten das Gefühl vermitteln „richtig“ zu handeln und im gemeinen Volk, welches natürlich nicht am WEF teilnimmt, die Illusion schüren, dass „die da oben“ schon wissen was sie tun.
Jetzt bedeuten aber die Ereignisse von 2008 eine ziemlich klare Widerlegung des Neoliberalismus in der Praxis, wie die MarxistInnen so schön sagen. Dieser Ideologie wurde durch die massive Notwendigkeit der Staatsintervention praktisch der Boden unter den Füssen weggezogen. Auch am WEF wird dieses Jahr wohl eher Katerstimmung statt Feierlaune herrschen (obwohl wir uns nicht von der Hoffnung hinreissen lassen sollten, dass den KapitalistInnen die Rechtfertigung für ihr System flöten geht, irgendein pseudo-wissenschaftlicher Erklärungsversuch findet sich bestimmt). Tatsächlich wird die Stimmung am WEF dieses Jahr aber eher gedrückt sein, was angesichts der wirtschaftlichen Prognosen für 2009 auch angebracht ist.
Die Linke reagiert auf das WEF
Wie jedes Jahr wird das WEF von zahlreichen Demonstrationen der Schweizer Linken begleitet. Dabei ist aber jeweils ziemlich offen, gegen was man nun tatsächlich protestiert. Wo sich der radikalere Teil gegen das „Bonzentreffen als Symbol des Kapitals“ stellt, ziehen die reformistischen Linken, Sozialdemokratie und Grüne gegen den „Neoliberalismus“ als solchen, die „Globalisierung“ oder das „Abzockertum“ ins Feld. Das WEF als Aufhänger ist in der Schweizer Linken schon fast zur Tradition geworden und so verändern sich auch die Inhalte der Flugblätter von Jahr zu Jahr nur sehr minimal und und es scheint fast so, als würde man vor allem deswegen gegen das WEF zu demonstrieren, weil man das halt jedes Jahr tut. Deshalb denken wir, dass es durchaus legitim ist, die verschiedenen Strömungen der WEF-Kritik selbst einer Kritik zu unterziehen.
1. Diffuse Globalisierungs- und Neoliberalismus-Kritik
An den Demonstrationen gegen das WEF beteiligen sich jeweils auch Teile der Sozialdemokratie, der Grünen, Attac und andere Gruppen, welche nicht als antikapitalistische Kräfte bezeichnet werden können. Deswegen bleibt auch ihre Kritik in einem Rahmen, wo sie die bestehenden Verhältnisse nicht wirklich in Frage stellt. Buhmann ist für sie meist eine momentane Ausformung des Kapitalismus, wie der Neoliberalismus, die Globalisierung, die Abzockerei der Manager oder das Finanzkapital. Natürlich stimmen wir überrein, dass diese Erscheinungen angeprangert werden müssen, jedoch sehen wir in ihnen keinen Alb, der dem eigentlich guten Kapitalismus aufhockt, sondern Symptome des Kapitalismus, welche sich zwangsläufig aus seiner Dynamik ergeben.
Am Neoliberalismus zum Beispiel werden auch RevolutionärInnen kein gutes Haar lassen. Der Neoliberalismus ist aber keine böse Ausformung des Kapitalismus, sondern eine von bezahlten Wirtschafts“wissenschaftlerInnen“ entwickelte Ideologie, welche die Bedürfnisse des Kapitalismus seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts rechtfertigt. Natürlich setzen MarxistInnen alles daran, um diese Ideologie zu entlarven und ihren nicht wissenschaftlichen und apologetischen Charakter klar aufzuzeigen. Das ändert schlussendlich aber weder die materiellen Bedingungen, noch die Tatsache, dass der Kapitalismus als solches darauf angewiesen ist, seine fallenden Profitraten durch eine Steigerung der Ausbeutung der ArbeiterInnen und frei von staatlichen Schranken zu erhöhen.
Ebenfalls ist ihm dafür der nationalstaatliche Rahmen zu eng geworden und er muss sich einen Weltmarkt schaffen auf dem er möglichst flexibel agieren kann. Deshalb ist auch die Globalisierung nicht das willentliche Produkt raffgieriger Konzerne, sondern eine Notwendigkeit, damit der Kapitalismus als solches sein Bedürfnis nach immer höherer Kapitalverwertung befriedigen kann. Es ist auch Unsinn davon aus zu gehen, dass es sich hierbei um eine neue Erscheinung handelt. Dass der Weltmarkt ein immer höherer Gewicht erhält stellten schon Marx und Engels im kommunistischen Manifest fest, welches ja immerhin auch schon 160 Jahre alt ist. Auch Lenin beschrieb bereits 1916 in seiner Arbeti „der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ schon ziemlich genau die Erscheinungen der Globalisierung, welche den ReformistInnen zur Folge eben gerade unsere Epoche von jener Lenins unterscheiden soll.
Auf dieser Grundlage ist es auch klar, dass die oben genannten Kräfte nicht fähig sind, die momentane Finanzkrise richtig zu erfassen. Für die ReformistInnen ist die Krise das Produkt des individuellen Fehlverhaltens, der Gier einzelner ManagerInnen. Auch hier muss gesagt werden, dass uns MarxistInnen nichts daran liegt, den Ruf der ManagerInnen in irgendeiner Weise zu verbessern, aber schlussendlich sind sie nur das Personal des Kapitals und verkörpern nur den unheimlichen Druck sich zu verwerten, welchen das Kapital heute erzeugt. Das Kapital lässt keine Form von Ethik ausser seiner eigenen zu, deshalb würde eine Auswechslung des Personals des Kapitals auch rein gar nichts bringen, ausser eben neues Personal.
Die Forderung der ReformistInnen, die ManagerInnen, welche scheinbar vor lauter Gier nicht mehr im Stande sind rationale Entscheidungen zu fällen, durch die AktionärInnen kontrollieren zu lassen ist nur schon deshalb Unsinn weil man ja kaum weniger offensichtlich von der Arbeit Anderer leben kann als dies die AkttionärInnen tun. Auch wenn die ReformistInnen heute fordern, dass der Staat die Wirtschaft an die Leine nehmen muss, ist ihnen die Wirtschaft, Rettungspaketen sei Dank, schon einen Schritt voraus. Jedoch wird schnell klar, wer im Kapitalismus wen an der Leine führt, und wie das Verhältnis von Wirtschaft und Staat wirklich aussieht.
2. WEF als Symbol des Kapitalismus
Auch in radikaleren Kreisen ist das WEF ein gern gesehener Gegner, zwar ist man sich hier etwas bewusster, wo der Hund tatsächlich begraben liegt, trotzdem konzentriert man sich auf das WEF als Gegenstand der Kritik. Das WEF übernimmt die Rolle des Symbols für den Kapitalismus. Dabei werden aber vor allem die einzelnen TeilnehmerInnen des WEFs kritisiert (natürlich nicht zu Unrecht) oder die TeilnehmerInnen als Ganzes (zum Beispiel als „Bonzentreffen“). Wir glauben aber nicht, dass es reicht, die ExponentInnen des Systems als Symbol desgleichen zu benutzen. Das wird weder dem WEF als solchem, noch den kapitalistischen Verhältnissen gerecht. Die kapitalistische Dynamik lässt sich nicht aus dem unmoralischen Handeln der WEF-TeilnehmerInnen erklären, sondern eher anders herum.
Schlussendlich ist das WEF auch unfähig, die gesamte KapitalistInnenklasse oder den Kapitalismus per se zu repräsentieren. Oben wurde bereits erklärt, dass das WEF als Treffen vor allem hilft, die neoliberale Ideologie zu reproduzieren und unter die Leute zu bringen, und um Geschäftsbeziehungen zu knüpfen. All das sind Dinge, welche auch sonst immer und überall passieren, wenn auch nicht in dieser Konzentration. Der Kampf gegen Symbole des Kapitalismus durch eine handvoll Radikaler ist schlussendlich ein Schattenboxen. Es sollten keine Illusionen darin geschürt werden, was das WEF tatsächlich ist, noch darin was die Demonstrationen gegen das WEF zu erreichen vermögen.
3. Revolutionärer Widerstand und WEF
Wie verhält es sich nun aber zwischen revolutionärem Widerstand und dem WEF? Es kann nicht geleugnet werden, dass das WEF für viele Menschen in der Schweiz etwas Negatives darstellt. Das ist gut so und sicher ein Anknüpfungspunkt für den Aufbau eines revolutionären Bewusstseins. Jedoch ist es auch gefährlich, das WEF als Feindbild zu konstruieren und als Ausdruck des Kapitalismus zu verwenden. Denn Kapitalismus findet nicht dort statt, wo seine Ideologie reproduziert wird, sondern da wo die gesellschaftlichen Verhältnisse, die ihn ausmachen, reproduziert werden. Das ist nicht in Davos, sondern im Alltag der ArbeiterInnenklasse, wo sie tagtäglich genötigt ist, ihre Arbeitskraft dem Kapital zu verkaufen. In der Auflehnung gegen diese Verhältnisse von Lohnarbeit und Kapital besteht der wirkliche Ansatzpunkt für revolutionäre Politik.
Im Jahr 2008 ist es in der Schweiz vermehrt zu solchen Kämpfen gekommen. Das relativ privilegierte Schweizer Proletariat beginnt durch die Krise stellenweise seine Ketten zu spüren. Die ArbeiterInnenklasse und ihre objektiven Interessen als politische Kraft zurück zu holen, dass ist die Aufgabe, welche sich heute stellt. Das WEF kann dabei Ansatzpunkt für eine radikale Kritik des Bestehenden sein, es sollte aber weder als Hauptübel bezeichnet, noch als direkt für das kapitalistische Elend verantwortlich gemacht werden. Die Überwindung des Kapitalismus kann nur durch das bewusste Handeln der ArbeiterInnenklasse auf der Basis einer Analyse der tatsächlichen Verhältnisse, welche ihre Ketten sind stattfinden. Das gilt für das WEF wie auch für die Krise des Kapitalismus.
Nochmals zur Krise…
Die momentane Krise ist nun aber Faktum, egal wie sie vom WEF oder den reformistischen WEF Gegnern gedeutet wird. Wir kommen daher nicht umhin, kurz die marxistische Sicht auf die Krise und deren Beendigung zu beleuchten. Die momentane Krise der Finanzmärkte ist nicht das Produkt gieriger Manager oder WEF-BesucherInnen, sondern ein Produkt der Widersprüche des Kapitalismus. Sie wurde nicht von aussen herein getragen, sondern entspringt der dem Kapitalismus eigenen Dynamik. Unserer Ansicht nach handelt es sich um eine Überakkumulation von Kapital auf den Finanzmärkten. Durch die hohen Profitraten in der Produktion seit Anfang der 90er ist enorm viel Kapital akkumuliert worden, dass nicht mehr profitabel genug in der Produktion angelegt werden konnte, da es hier schon zu einer Sättigung mit Kapital gekommen war. Deshalb wurde immer mehr Kapital in die Finanzmärkte gepumpt.
Auf dem Finanzmarkt kann das Kapital zwar keinen neuen Mehrwert (=Profi) schaffen (neuer Wert wird nur in der Produktion von Waren geschaffen), es konnte aber blitzschnell dahin transferiert werden wo es noch Bedarf an Kapital gab, also gute Verwertungsbedingungen gegeben waren. Insofern hat der Finanzmarkt eine gewisse Steuerungsfunktion für die kapitalistische „Organisation“ der Produktion und räumt so dem jeweiligen Geldkapital Anspruch auf in der Zukunft geschaffenen Mehrwert ein. Nun ist das aber wie beim Kindergeburtstag, wenn zu viele Kinder an einer zu kleinen Torte anstehen. Jeder sieht den Vordermann mit einem grossen Stück Torte davon ziehen und immer mehr Kinder kommen hinzu um sich auch ein Stück Torte zu holen. Irgendwann ist die Torte aber verteilt und die Leute, die hinten in der Schlange stehen, müssen sich mit der Tatsache abgeben für nichts angestanden zu sein.
Im Kapitalismus kommt es in diesen Fällen zur Bildung von Spekulationsblasen. Alle pumpen Kapital in eine Anlage in der Hoffnung, dass sie am Profit beteiligt werden. Sobald aber die Torte weg ist, also mehr Kapital investiert ist als tatsächlich verwertet werden kann, gehen Leute leer aus, ja es kommt sogar zum Verlust von bereits gemachten Investitionen. Seit Anfang der 90er kam es immer wieder zur Bildung solcher blasen, zuerst in Südostasien, dann in Russland, dann in der „new economy“ und zuletzt eben im US-amerikanischen Häusermarkt. Dabei wurde das Problem der Überakkumulation nie gelöst, sondern nur weitergeschoben.
An dieser Stelle soll nochmals klar gemacht werden, dass Spekulation und das übermässige Gewicht der Finanzmärkte nicht ein schlechter Überbau auf einem ansonsten guten und produktiven Kapitalismus sind, nein, sie sind sein eigenes Produkt. Der Kapitalismus ist auf die ständige Verfügbarkeit von Kapital angewiesen, deshalb sind jegliche Formen der Zinskritik und dergleichen Unsinn und führen in keiner Weise zu einer Lösung der Krise. Die Frage, ob die jetztige Krise noch einigermassen glimpflich ablaufen kann oder ob der Kapitalismus in eine tiefe Krise wie 1929 schlittern wird, hängt massgeblich davon ab, ob es gelingt, das überschüssige Kapital in die Produktion und in Märkte mit hoher Nachfrage, beispielsweise in die der BRIC Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China), zu leiten. Damit wäre das Problem nicht gelöst, aber doch zumindest auf einige Jahre verschoben.
Schlussendlich liegt das Problem da, dass im Kapitalismus die Produktivkräfte der Menschen genutzt werden müssen, um sich zu verwerten, also eine zahlungsfähige Nachfrage zu befriedigen. Es kommt zu Krisen nicht, weil zu wenig produziert wird, sondern weil zu viel produziert wird und zu viel Kapital auf dem Markt ist. Das ist an sich pervers und zeigt, dass der Kapitalismus reif für seine Überwindung ist. Denn diese Problematik wird sich erst ändern, wenn die Menschen die Produktion bewusst und nach ihren wirklichen Bedürfnissen, statt nach den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals zu organisieren beginnen. Dafür ist es aber notwendig mit dem Kapitalismus radikal zu brechen.
Ein solcher radikaler Bruch kann nur die Revolution der ArbeiterInnen sein, denn sie zahlen den höchsten Preis für den Wahnsinn, der sich Marktwirtschaft nennt. In der jetzigen Krise sehen wir, wie die Staatshilfe für die Unternehmen mit den Steuern der ArbeiterInnen bezahlt werden. Die ArbeiterInnen retten also ihren Ausbeutern den Arsch. Man muss kein verschrobener Intellektueller sein, um das zu erkennen, die Verhältnisse liegen offen auf dem Tisch. Aber auch in Zeiten der Prosperität ist die ausgebeutete Arbeit der ArbeiterInnenklasse die Quelle des Reichtums der KapitalistInnen, auch wenn sich die Verhältnisse dann verschleiert präsentieren. Für uns MarxistInnen lässt sich daraus nur ein Schluss ableiten: Die KapitalistInnen sind unfähig ihr eigenes System zu erklären, geschweige denn es zu führen. Nun ist es an den ArbeiterInnen, den KapitalistInnen die Produktion aus den Händen zu nehmen und endlich die Sklaverei und die Destruktivität der kapitalistischen Produktionsweise zu beenden. Dafür ist es unabdingbar, dass die Dominanz der systemloyalen und reformistischen Kräfte in der ArbeiterInnenbewegung gebrochen wird, da sie den Kampf der ArbeiterInnen immer wieder auf eine systemkonforme Bahn lenken und so dauerhafte Erfolge verhindern. Genau deshalb ist es wichtig, dass sich die ArbeiterInnen ihre eigenen Organisationen schaffen, welche sich konsequent dem revolutionären Kampf verpflichtet fühlen. Nur durch den Aufbau einer revolutionären Partei, welche die Systempropaganda egal ob reaktionär oder reformistisch durchschaut und entlarvt kann gesichert werden, dass solche Ideen längerfristig an Einfluss auf die ArbeiterInnenbewegung verlieren.