Es ist noch nicht so lange her, da erklärte der französische Präsident Nicolas Sarkozy: „Von nun an, wenn in Frankreich gestreikt wird, bemerkt das niemand“. Am 29. Januar bewiesen ihm 2,5 Millionen Menschen lautstark das Gegenteil.
Alles für die Bosse
Gründe für die massive Beteiligung der französischen Bevölkerung an Streiks und Demonstrationen lieferten ihnen die Regierung und die Bosse, deren Interessen sie offen und schamlos vertritt, mehr als genug. Während den Banken und Großunternehmen immer größere Milliardenpakete geschnürt werden, die wiederum direkt in die Taschen der AktionärInnen wandern, vergeht kein Tag ohne die Ankündigung von Massenentlassungen. Arbeitslosigkeit sowie die steigende Anzahl von Teilzeitbeschäftigen wirken sich naturgemäß verheerend auf die Kaufkraft der ArbeiterInnen aus, deren Lohn seit langem den steigenden Preisen hinterher hinkt.
Um die nötigen Mittel für diese katastrophale Politik aufzubringen, wird der öffentliche Dienst tot gespart. Im ganzen Land wird ab heuer nur mehr jede zweite Beamtenstelle nachbesetzt, die bereits überfüllten Schulen müssen in Zukunft mit 13000 LehrerInnen und ErzieherInnen weniger auskommen. Die Folgen dieser seit Jahren praktizierten Aushungerung des öffentlichen Dienstes sind besonders an den katastrophalen Zuständen bei der Bahn und in den Krankenhäusern deutlich erkennbar. In diesen Bereichen führen chronischer Personalmangel und die fehlende Investitionen sowohl für die ArbeiterInnen als auch für die NutzerInnen zu einem Alltag, der immer schwerer zu ertragen ist.
Gemeinsam im Streik, gemeinsam auf der Straße
Nach jahrelanger gradueller Verschärfung der Ausbeutung in den Betrieben und im öffentlichen Dienst, Lohndruck und Sozialabbau, soll nun überall auf der Welt die ArbeiterInnenklasse für die Wirtschaftskrise aufkommen, für die sie nicht im Geringsten verantwortlich ist. Am 29. Januar haben zahlreiche französische ArbeiterInnen durch ihre massive Streikbeteiligung im Privatsektor (nicht nur in den Großbetrieben sondern auch in Kleinunternehmen), in den Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, bei Post, Bahn und Energieversorgung sowie bei anderen öffentlichen Einrichtungen klargemacht, dass die Rechnung an die falsche Adresse geschickt wurde.
Der Kampf muss weitergehen
Was immer Sarkozy auch zum Besten gibt, so steht eines nach wie vor fest: streikende ArbeiterInnen machen sich notwendigerweise bemerkbar, aus dem einfachen Grund, da ohne ihre Arbeit die Räder der Gesellschaft stillstehen. Im Übrigen hätte der Präsident seine Wirtschaftsministerin Christine Lagarde fragen können. Diese hat nämlich am Weltwirtschaftforum von Davos ihre ZuhörerInnen (bestehend aus Bossen, AktionärInnen und PolitikerInnen) ausdrücklich vor „sozialen Unruhen“ als Folge der aktuellen Krise gewarnt.
2,5 Millionen TeilnehmerInnen bei 195 Demos, das sind tatsächlich eine Menge Leute, die ihren Ärger ausdrücken. Doch bleibt es bei diesem einen Tag, so wird das weder die KapitalistInnen noch ihre Lakaien in den verschiedenen Regierungen beeindrucken. Der Ball liegt jetzt bei den Gewerkschaftsverbänden, auf die sich der Druck aller kampfbereiten ArbeiterInnen auswirken muss. Denn nur wenn sich Streiks und Demonstrationen aneinanderreihen und eine dauerhafte Bewegung, mit jeder Etappe die Wut der Bevölkerung ausnützend, mehr Menschen anzieht, dann wird es der Eine oder die Andere vielleicht mit der Angst zu tun bekommen und fürchten, die Rechnung für die Krise kommt an den Absender zurück.