Barack Obama – Vereine und Herrsche

Es scheint nicht überraschend, dass Barack Obama 2006 den Grammy für das beste Spoken Word Album gewonnen hat. Immer wieder zeigt er beeindruckende Fähigkeiten, Menschen von sich und seiner Agenda zu überzeugen. Er kann die breiten Masen der USA begeistern und seine hohen Umfragewerte zeigen den Glauben der Bevölkerung, dass er ihre Probleme ernsthaft angehen will. Doch davon ist er weit entfernt.

Obamas Politik dient natürlich dem Erhalt des kapitalistischen Systems und der Macht der USA in der Weltpolitik – und das hat er nie abgestritten. Allerdings behauptet er, dass dies das Beste für alle Menschen in den USA sei. Und dient damit der herrschenden Klasse der Vereinigten Staaten derzeit besser als jeder Andere.

Soziale Zugeständnisse

Die USA sind wie kaum ein anderes Land von der Wirtschaftskrise schwer getroffen. Wirtschaftskrisen bedeuten erhöhte Armut, bedeuten Arbeitslosigkeit und können damit schnell zu politischer Unzufriedenheit führen. Diese wiederum kann bedeuten, dass die Bevölkerung vermehrt nach Systemalternativen fragt. Und dies zu verhindern, ist jetzt die Rolle Obamas und der Demokratischen Partei.

Es beginnt bei bei Obamas Verhalten gegenüber den Gewerkschaften bzw. ihren bürokratischen Führungen. Diese freuen sich über die plötzliche Aufmerksamkeit, die ihnen im Gegensatz zur zur Bush-Ära nun zugestanden wird. Nachdem sie Obama beim Wahlkampf unterstützt haben, zahlt der nun den Gefallen zurück und trifft sich immer wieder mit dem Präsident der AFL-CIO, dem mitgliedsstärksten Gewerkschaftsdachverband der USA, John J. Sweeney. Auch hier zeigt sich der Wille des Präsidenten, einen möglichst starken Zusammenhalt aller Klassen in den USA zu erzeugen.

Soziale Zugeständnisse, wie die allgemeine Kinderkrankenversicherung, haben hier gleich eine doppelte Funktion. Zum Einen sollen sie durch soziale Zugeständnisse etwaige Unruhen verhindern, bevor sie entstehen. Viel wichtiger ist jedoch, dass Obama erkennt, wie wichtig es ist, dass ArbeiterInnen(kinder) von Anfang an möglichst gesund sind. Denn wozu soll man tausende Dollar in die Ausbildung von Arbeitskräften stecken, wenn diese dann früh sterben? Dies gilt für Kinder wie für Erwachsene, denn auch schlechte Schulbildung ist verdammt teuer. Kinder, die aufgrund mangelnder gesundheitlicher Versorgung sterben, bevor sie auf den Arbeitsmarkt geworfen werden, sind vor allem eines: unnötige Kosten. Interessant in dem Zusammenhang ist Obamas Plan, im Gegenzug diverse andere Programme zu kürzen – unter anderem Fördermittel für die medizinische Versorgung von SeniorInnen.

Rettungspakete

Auf die Spitze treibt das Gefasel von „wir sitzen alle in einem Boot“ der American Recovery and Reinvestment Act. 790 Milliarden Dollar werden aufgeboten, um die Wirtschaft zu retten. Auch hier sind soziale Zugeständnisse Teil des Deals, unter anderem 90,9 Milliarden Dollar für die Bildung. Die Hauptlast wird allerdings durch Steuersenkungen und Entlastungen für die Bundesstaaten gestemmt – um nicht Bildungs- und Gesundheitsprogramme zu kürzen!

Dem gegenüber steht ein 75-Milliarden-Dollar Rettungspaket, welches den HauseigentümerInnen zugute kommen soll. Obama hat hier von Anfang an gesagt, dass es nicht allen HausbesitzerInnen und -vermieterInnen zugute kommen würde. Auch hier (wie bei den Banken) kreiert er eine persönliche Schuld: „Verantwortungslosigkeit“, „Gier“, usw. Er fantasiert einen Sündenbock herbei, der nun für die Krise büßen soll.

Es geht überhaupt nicht darum, ob die Menschen in den USA ein grundlegendes Recht auf ein eigenes Zuhause haben. Die Problematik wird völlig individualisiert, anstatt sie als systemimmanent anzuerkennen. Den Menschen, die tatsächlich unter der Krise zu leiden haben, weil sie ihr zu Hause verlieren, wird nichtmal ein Zehntel dessen zugestanden, was dafür aufgeboten wird, den US-Kapitalismus zu retten.

Krieg und Frieden

Obama wäre jedoch nicht Präsident geworden ohne seine Ablehnung des Irak-Krieges. Trotzdem war schnell klar, dass Obama deswegen nicht der Präsident des Friedens sein würde. Er hat den „Krieg gegen den Terror“ nie abgelehnt, wollte von Anfang an nur dessen Fokus vom Irak auf Afghanistan verlegen. So ist seine Politik dahingehend auch nicht weiter überraschend. Bis August 2010 sollen die Kampftruppen weitestgehend aus dem Irak abgezogen sein – Bis auf die 50.000 von 142.000 Soldaten, die weiterhin in den Green-Zone-Festungen zur „Friedenssicherung“ und „Stabilisierung“ stationiert bleiben. Die „Irakisierung“ des Irak Krieges, analog zum Vietnamkrieg unter Nixon, ändert nichts am Versuch der USA, den Irak politisch zu dominieren und kontrollieren.

Auch in der Außenpolitik abseits von Irak und Afghanistan versucht Obama, sein Zusammenhaltscredo durchzusetzen. Verstärkt will er Europa zu einer gemeinsamen Kriegs- und Dominanzpolitik bewegen und das Verhältnis zu Asien soll verbessert werden. Außenministerin Clinton war bereits in Südkorea und China. Mit „moderaten“ Taliban will man verhandeln – und auch der Iran soll kein Tabu mehr sein. Es ändert sich dabei jedoch nichts an den imperialistischen Zielen der USA. Um ein „positives“ Verhältnis zu China herzustellen, hat man auch das, was westlichen Medien sonst immer so extrem wichtig zu sein scheint – die Menschenrechte – wohlweißlich unter den Tisch fallen lassen.

Präsident der Krise

Das Obama ein Präsident der Krise ist, zeigt sich an allen Ecken und Enden. Überall ist er darum bemüht, das Auseinderdriften der Klassen zu verhindern und Konfrontationen zu lösen – zumindest dort, wo es langfristig für die Rolle der USA als Führung der Welt notwendig wird: International, indem er die Herrschenden zum Dialog bemüht, ganz besonders in Asien, vor allem China, welches für die USA von enormer ökonomischer Wichtigkeit ist; National, indem der Nationalismus gefördert wird, um die Folgen der Krise nicht in soziale Unruhen zu katalysieren. Bisher scheint die Taktik ansatzweise gut zu funktionieren, was auch an Obamas Art und Weise selbst liegt. Daran, dass er für die ArbeiterInnenklasse der USA (und der Welt) trotzdem Ausbeutung, soziale Kürzungen und Leiden unter der Krise bedeuten wird, ändert dies jedoch nichts.