Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise erwartet die arbeitende Bevölkerung zurecht Antworten von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften. Doch welche Antworten kommen von der SPÖ? EIn Artikel aus unserer Flugschrift von der Mai-Demonstration in Wien setzt sich damit auseinander.
SPÖ: Ehrlicher Linksschwenk?
Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise erwartet die arbeitende Bevölkerung zurecht Antworten von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften. Doch welche Antworten kommen von der SPÖ? Was bedeutet die Debatte um die Vermögenssteuer? Und geht die SPÖ nach links?
Die SPÖ sucht nach Antworten auf die Krise. Auslöser der aktuellen Debatte um die Vermögenssteuer ist der Entwurf für ein neues Wirtschaftsprogramm, verfasst vom steirischen Landeshauptmann Franz Voves und von Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina. Gegenüber dem aktuellen Kurs der Sozialdemokratie bedeutet es einen Linksschwenk. Der Neoliberalismus wird als gescheitert erklärt, die Allmacht des Marktes wird in Frage gestellt und für ineffektive privatisierte Betriebe wird sogar eine Re-Verstaatlichung in Aussicht gestellt.
Diese Debatte schmeckte der SPÖ-Führung um Bundeskanzler Faymann gar nicht. Offenbar sollte der Koalitionspartner nicht mit „radikalen“ Forderungen verprellt werden. Pikant: sogar einige Landesorganisationenen des ÖVP-Arbeiter und Angestelltenbundes ÖAAB stellten sich links von Faymann und konnten sich eine Umverteilung vorstellen. Auch aus den SP-Landesorganisationen wurden die Rufe lauter. Und schließlich fiel auch Faymann um – ausnahmsweise mal in die richtige Richtung.
Ein seltsames Duo
Doch was ist der Hintergrund der Diskussion? Voves und Lacina sind eigentlich sehr amüsante Gestalten, um einen Linksschwenk zu fordern. Franz Voves ist in der Steiermark an Ausgliederungen öffentlicher Betriebe und an PPP (Public-Privat-Partnership)-Projekten beteiligt. So steht im Programmentwurf von Voves und Lacina: „Die Aushöhlung der Souveränität der Wählerinnen und Wähler kann auch schleichend durch PPP-Modelle und Auslagerungen in KEGs erfolgen.“ Doch in Graz wird der Abschnitt „Südgürtel“ der Ringstraße durch Voves und die SPÖ als PPP-Projekt verwirklicht. Und im Landtag stimmte die SPÖ nicht gegen die Postprivatisierung, obwohl Voves öffentlichkeitswirksam in Interviews die Rücknahme der Privatisierung fordert.
Mindestens ebenso spannend die Rolle von Ferdinand Lacina, Wirtschaftsminister von 1984 bis 1986 und Finanzminister von 1986 bis 1995. In dieser Zeit war er verantwortlich für Privatisierungen und für die Abschaffung genau jener Vermögenssteuern, deren Wiedereinführung jetzt gefordert wird. Nun wird natürlich niemand daran gehindert, klüger zu werden, doch zumindest bei Voves ist eindeutig, dass es sich hier um WählerInnentäuschung handelt. Denn Papier ist geduldig, entscheidend ist, was getan wird – und da ist das Abstimmungsverhalten der SPÖ Steiermark im Landtag sehr eindeutig pro Privatisierung.
Voves, Lacina, Michael Häupl und einige andere haben schlicht erkannt: das Wasser steht der SPÖ bis zum Hals. In manchen SP-Kreisen wird offen darüber gesprochen, dass entweder die Schuld des Systems für die Krise vermittelt werden kann oder die SPÖ in den Augen der WählerInnen für die momentane Situation verantwortlich ist. Die internen Daten prophezeien der SPÖ eine Katastrophe bei den Landtagswahlen in Wien. Es wird aus heutiger Sicht Ohrfeigen für die SPÖ regnen. Und hier wird ein Ausweg gesucht. Einerseits muss für den Koalitionspartner die vielgerühmte Stabilität vermittelt werden, andererseits soll den WählerInnen vermittelt werden, dass die SPÖ auf ihrer Seite stünde.
Kämpferische Töne…
Auf den Landesparteitagen gibt es kämpferische Töne für die WählerInnen und die eigene Basis. Was dann im Grazer, Wiener oder Salzburger Landtag abgestimmt wird und dass dort munter weiter ausgegliedert wird, ist eine andere Sache. So wurde erst in diesen Tagen die MA 30 als Wien Kanal ausgegliedert. Die wahrscheinliche Folge: Gebührenerhöhungen, steigender Druck für die Beschäftigten, weniger Kontrolle. Aber auch in Wien gilt: Papier ist eben geduldig.
Als Abrundung dieses Verwirrspiel gibt es eine Wahlkampfstrategie der Wiener SPÖ, die jetzt schon Übles ahnen lässt. Die Hausordnungsdebatte der SPÖ Wien ist eindeutig ein Versuch, der FPÖ mit Parolen das Wasser abzugraben, die einen sehr rassistischen Beigeschmack haben – was ja leider in der SPÖ keineswegs neu ist. Doch das ist ein fataler Irrglaube: wenn es um „Law-and-Order“-Parolen und um Rassismus geht, wird die FPÖ immer glaubwürdiger sein. Und die soziale Karte kann die FPÖ ohnehin nur spielen, weil die SPÖ hier versagt.
Was tun?
In der SPÖ-Basis gibt es immer noch viele ehrliche GenossInnen, die tatsächlich für eine andere Gesellschaft eintreten, jenseits von Markt und Kapitalismus. Doch müssen wir irgendwann einmal ehrlich sagen: die SPÖ als Instrument zur Veränderung ist gescheitert. Reden wir noch gar nicht davon, dass die SPÖ in den letzten Jahrzehnten die ArbeiterInnenklasse mit Sozialpartnerschaft und einer „Wir machen das schon für Euch“-Mentalität ruhig gestellt hat. Reden wir noch gar nicht davon, dass die SPÖ die letzten 20 Jahre munter privatisiert und Vermögenssteuern abgeschafft hat. Reden wir noch nicht von der rassistischen Politik der SPÖ, die die Schuld auf die Ärmsten der Armen abgeschoben hat.
Reden wir von der aktuellen Politik der SPÖ in der Krise: 100 Milliarden werden für die Banken bereitgestellt, Raiffeisen, Erste-Bank und andere werden hofiert. Doch die Mindestsicherung steht immer noch nicht, die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch und die nächsten Angriffe auf die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst (Post, Bahn, BeamtInnen) stehen bereits im Re-gierungsprogramm.
Debatte zur Ablenkung
Die jetzige Debatte ist eine Ablenkung. Es kann sein, dass die eine oder andere neue Steuer kommt. Selbst ÖVP-Wirtschaftsminister Mitterlehner ist für eine kleine Steuer auf kurzfristige Spekulationsgewinne – meist ist von einem Prozent die Rede. Das wirft die berechtigte Frage auf, ob es wirklich ein toller Erfolg ist, wenn 99% der kurzfristigen Spekulationsgewinne bei den SpekulantInnen bleiben.
Was nötig ist, ist nicht ein Prozent hier oder da. Was wir brauchen, ist die ehrliche Erkenntnis, dass dieses kapitalistische System für die arbeitenden Menschen keine Lösung ist. Es ist ein System für die Reichen. Hier wird die SPÖ nicht mitgehen, denn sie ist durch und durch mit diesem System verwoben. Was wir brauchen, ist eine linke Alternative. Wir dürfen das Feld nicht den Rechten überlassen. Doch die SPÖ ist dazu nicht in der Lage. Was wir brauchen, ist ein klarer Bezug auf die ArbeiterInnenklasse, was wir brauchen, sind revolutionär-sozialistische Antworten auf die Krise des Kapitals!