Der insolvenzbedrohte Autobauer General Motors (GM) sucht seit Monaten verzweifelt einen Käufer und bietet Opel de facto zum Null-Tarif an. Die deutsche Bundesregierung will ihrerseits den Einstieg eines privaten Investors mit staatlichen Bürgschaften in Höhe von sage und schreibe drei Milliarden Euro unterstützen. Als Favorit für den Einstieg beim angeschlagenen Autohersteller Opel gilt der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna.
Nicht nur Magna hat ein Gebot für Opel abgegeben, sondern auch die aus dem Ripplewood-Fonds hervorgegangene Beteiligungsgesellschaft RHJ International und der italienische Autokonzern Fiat. Was die drei inzwischen vorgelegten Konzepte für einen Einstieg beim Autobauer Opel gemein haben, ist, dass alle drei Firmen exorbitant hohe Staatsgarantien verlangen und gleichzeitig einen spürbaren Stellenabbau planen. So will Fiat rund sieben Milliarden Euro Bürgschaften beantragen, während Magna und Ripplewood jeweils etwa fünf Milliarden Euro Garantien möchten.
Radikaler Arbeitsplatzabbau
Als Dank und im Gegenzug dazu will Fiat europaweit insgesamt 18.000 Arbeitsplätze streichen, im Konzept von Magna ist von einem europaweit recht gleichmäßig verteilten Abbau von rund 10.000 Arbeitsplätzen die Rede und auch das Ripplewood-Konzept scheint Stellenstreichungen in dieser Größenordnung vorzusehen. Allerdings werden diese Zahlen derzeit fast täglich nach unten verändert, um sich in der Bieterschlacht besser in Stellung zu bringen. Ohne langfristige und verbindliche Zusagen sind aber solche Presseaussendungen kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind.
Nach dem aktuellen Stand der Dinge, wird wohl Magna den Zuschlag erhalten, was unter anderem damit zusammenhängt, dass Magna schon seit Jahrzehnten einer der wichtigsten GM-Zulieferer ist und im Magna.-Konzept GM mit ca. 40 Prozent an Opel beteiligt bliebe.
Auch die Politik ist nicht untätig geblieben: Um Magna im Rennen um Opel in Führung zu bringen, haben sich unter anderem der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder und der ehemalige österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) – der jetzt im Magna-Aufsichtsrat sitzt – bei Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Wirtschaftminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingesetzt. Wünschenswert wäre, wenn sich die Paradesozialdemokraten Schröder und Vranitzky mit nur halb so großem Einsatz für die Sicherung von Arbeitsplätzen, gegen Kurzarbeit und Lohn- und Gehaltskürzungen einsetzen würden, wie sie in Sachen Magna/Opel intervenieren.
Tatsächlich ein Lichtstrahl?
„Lichtstrahl“ – so lautet der Name von Magnas Übernahmekonzept und ist gleichzeitig eine Anspielung auf Opels Markenzeichen, den Blitz. Ebendiesen will der Autozulieferer Magna Opel verpassen und zwar gemeinsam mit dem russischen Autohersteller Gaz und der russischen Sberbank. In diesem Konsortium will Magna 20 Prozent der Opel-Anteile und die unternehmerische Führung, die russischen Partner kommen auf etwas über 30 Prozent. Gut 40 Prozent von Opel könnten so in den Händen der Opel-Mutter General Motors verbleiben, während die Opel-Belegschaft 10 Prozent halten soll.
Magna will mit russischer Hilfe Opel zu einem euro-russischen Massenhersteller formen, der weltweit zu den fünf größten Autokonzernen gehören soll. Dieser Plan spielt auch der russischen Regierung in die Hände, die den Opel-Deal will, da sie einen eigenen „Spieler“ im Automarkt aufbauen möchte. Opels Wachstum soll vor allem vom russischen Markt kommen.
Doch auch diese Konsortiumslösung ist nicht gerade frei von Risiken: Der Gaz-Konzern gehört dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der gerade selbst mit massiven Geldproblemen kämpft. Deripaska pflegt enge Kontakte zum Kreml und gilt als Putin-treu. Wenig verwunderlich also, dass der russische Staat die Autofirma Gaz mit Millionenbürgschaften unterstützt. Magnas anderer Partner, die Sberbank gehört ihrerseits zu rund 60 Prozent der russischen Zentralbank. Geleitet wird sie von German Gref, früherer Wirtschaftsminister und enger Vertrauter Wladimir Putins. Sehr viel ist also darauf aufgebaut, dass das „System Putin“ weiter sorgenfrei funktioniert.
Magna presst Lohnverlust ab
Magna und ihr Präsident Frank Stronach wollen sich bei Opel auf Kosten der ArbeiterInnen engagieren. Während der bekannte Gewerkschaftsfeind Stronach die ArbeiterInnen und Angestellte in seinen Werken zu Kurzarbeit bzw. Gehaltsverzicht zwingt, verbleiben zwei Milliarden Dollar in der prall-gefüllten Kasse von Magna, um – wenn sich die Gelegenheit bietet – zuzukaufen.
In Österreich etwa sind von den rund 12.000 Beschäftigten bei Magna, bereits 5000 von Kurzarbeit betroffen. Die Beschäftigten bei Magna müssen auf Teile ihrer Löhne und Gehälter verzichten und ihr Geld bereitstellen, damit Frank Stronach den Opel-Konzern aufkaufen kann. Bei Magna hat offenbar die Mehrheit der Belegschaft unter enormen Druck Gehaltskürzungen von fünf bis 20 Prozent akzeptiert. Jobgarantie gibt es übrigens im Gegenzug keine. Gleichzeitig schielt der Autozulieferer nicht nur auf Opel, sondern kauft auch anderweitig zu.
Perspektiven für die KollegInnen
Während Millionenbeträge an die Unternehmensführung gehen und einige wenige diesen viel-gepriesenen Lichtstrahl tatsächlich zu sehen bekommen, sieht die Zukunft der ArbeiterInnen an den unterschiedlichen Standorten nicht gerade strahlend aus. Ganz im Gegenteil: Die Finanz- und Autokrise wird ausgenützt, um den Arbeitsdruck auf die ArbeiterInnen zu intensivieren.
In der nächsten Zeit könnten einige große Fusionen und Umwälzungen in der – ohnehin bereits sehr konzentrierten – Autobranche auf uns zukommen, Opel ist nur ein erster Schritt. Und egal, wer nun beim Wettstreit um Opel gewinnt, sicher ist, dass die KollegInnen verlieren. Denn nicht nur Magna stellt eine Bedrohung dar. Wenn Fiat Opel einkauft, müssen nicht nur die KollegInnen in Deutschland, sondern auch jene in Italien zittern. Und Ripplewood wird den Konzern „gesund schrumpfen“ oder überhaupt filetieren.
Innerhalb der kapitalistischen Logik ist eine Perspektive für Opel schwierig. Denn derzeit kann sich die Belegschaft nur den kleinsten Räuber aussuchen. Es ist offensichtlich, dass es derzeit in der PKW-Industrie weltweit mehr Kapazitäten als Bedarf gibt. Eine tatsächliche Lösung kann also wohl nur über die Verwertungslogik des Kapitalismus hinausreichen. Dann könnte überlegt werden, welche Produkte die Bevölkerung – auch unter ökologischen Gesichtspunkten – tatsächlich benötigt und die Produktion entsprechend umgestellt werden.
Doch für´s erste sind die kämpferischen KollegInnen in den Werken Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslauten gefragt. Denn 25.000 OpelanerInnen in der BRD könnten im Verein mit den KollegInnen von Daimler, VW/Audi, BMW, Porsche und anderen den Räubern durchaus einen Strich durch die Rechnung machen.
Zum Weiterlesen:
Internationale Proteste bei Conti (April 2009)
UK & Irland: Besetzung von Visteon (April 2009)
US-Autoindustrie: Klassenkampf von oben (Jänner 2009)
Opel: Kampf gegen Massenentlassungen! (Dezember 2008)
Zwangsbeurlaubung im französischen Automobilsektor (November 2008)
Motorschaden – die kapitalistische Krise am Beispiel der Automobilindustrie (Februar 2005)