Der sechswöchige Generalstreik auf der französischen Karibikinsel Guadeloupe im Frühjahr 2009 war sicherlich einer der wichtigsten Klassenkämpfe weltweit im bisherigen Jahr. Um noch einmal auf die Bedeutung dieses Ereignisses hinzuweisen, bringen wir eine sehr ausführliche Nachbetrachtung der französischen trotzkistischen Organisation Lutte Ouvrière, deren Schwesterorganisation Combat Ouvrier eine wichtige Rolle in der Bewegung gespielt hat.
Die Generalstreiks auf den (französischen) Antillen, am Beispiel des Generalstreiks auf Guadeloupe
(aus "Lutte de Classe" – Klassenkampf – April 2009 – die Übersetzung stammt von Lutte Ouvrière selbst)
Der am 20. Januar von den Arbeitenden ausgelöste Generalstreik, der die Karibikinsel Guadeloupe erschüttert hat, hat sich dann ab dem 5. Februar auf Martinique festgesetzt.
Manche Aspekte der beiden Bewegungen waren nicht identisch. Der Generalstreik auf Guadeloupe wurde von einer Reihe von gewerkschaftlichen sowie politischen Organisationen und auch von Vereinen ausgelöst und geleitet, die sich unter dem Namen „Lyannaj kont pwofitasyon“ (LKP – Bündnis gegen die Überausbeutung – “Übermäßige Ausbeutung” insofern, als die Preise für Lebensmitteln oder Benzin, die Zahl der Arbeitslosen, usw. wesentlich höher als in Festland-Frankreich sind) zusammengeschlossen haben. Auf Martinique beschloss ein Gewerkschaftsbündnis, das sich seit mehreren Monaten traf, um seine Aktionen gemeinsam bei den Arbeitenden zu koordinieren, den Generalstreik am 5. Februar zu starten.
Aber wenn gewisse Aspekte und Ereignisse dieser zwei Streiks etwas unterschiedlich waren, war die Mobilisierung auf beiden Inseln im Wesentlichen das Ergebnis der eigenen, massiven und entschlossenen Aktion der Beschäftigten.
Die gesamte Wirtschaftsaktivität wurde auf beiden Inseln lahm gelegt, als die Werktätigen die Unternehmen verließen und überall ihre Streikposten errichteten. Seitdem setzte sich der Streik fest und durch, unterstützt von Straßensperren vor den Industrie- und Handelszonen, vor dem Hafen, den Standorten des Stromkonzerns EDF, den Krankenhäusern, usw. Der Streik kontrollierte den Treibstoffvertrieb, er hielt die Möglichkeit offen, dass die Arbeiter der Stromerzeugung und -verteilung, die streikten aber die die Elektrizitätswerke funktionieren ließen, wenn nötig in Aktion traten, um die Stromzufuhr massiv zu kappen.
Das berühmte und seit dem Anfang des Streiks auf Guadeloupe so oft wiederholte Lied, „Péyi la pa ta yo, péyi la sé tan nou…“ („Das Land gehört ihnen nicht, das Land ist das unsere, sie werden hier nicht tun, was sie wollen“), dieses Leitmotiv aller Demonstrationen kam auch auf Martinique an! Aber außer, dass es an das Martinikanisch-Kreolisch angepasst werden musste, erfuhr es einige Veränderungen, die den Ausbeutern, den Békés („an bann béké espwatè é volè an nou: eine Schar von Békés, Ausbeutern und Dieben“) versprachen, sie hinaus oder ins Meer zu werfen. Das änderte sich nach der Stimmung und nach dem Verhalten der Bosse in den Verhandlungen oder auf der Straße!
Die Arbeitenden beider Inseln folgten mit Aufmerksamkeit und Interesse dem Verlauf der Ereignisse auf der angrenzenden Insel, weil sie sehr gut wussten, dass die Gegner, denen sie gegenübergestellt waren, dieselben Ausbeuter waren. Auf beiden Inseln findet man dieselben Hayot oder Despointes, Dereynal & Co; es gibt Total, die Eigentümer oder die Konzessionsinhaber derselben Marken, derselben Handelsketten (Carrefour, Match, Cora, Leader Price oder Renault, Peugeot, Mercedes, usw.), die von derselben kleinen Gruppe arroganter und verächtlicher Bosse kontrolliert werden.
Dann ja, ihr Los war in diesem Kampf verbunden, sie bekämpften dieselben Übel: die Niedriglöhne, das teure Leben, die Machenschaften der Sara (Erdölraffinerie der Antillen) – durch Total kontrolliert -, die auf beiden Inseln den Sprit liefert! Ihr Kampf folgte demselben Weg, dem Generalstreik!
Für die Ausbeuter bedeutete das ein Infragestellen ihres Rechts, allein über alles in der Wirtschaft zu entscheiden. Für die Werktätigen dieser zwei Antillen-Inseln war dieser Generalstreik eine viel versprechende Handlung, um morgen noch erträglichere Kämpfe zu führen, die weiter gehen beim Angriff auf das Eigentumsrechts der Kapitalisten, die diese beiden Inseln „vom Vater zum Sohn“ seit Jahrhunderten plündern und ihre Bevölkerung grausam ausbeuten. Der Generalstreik, der gerade die Nachkommen, Ur-Urenkeln von Sklaven im selben Kampf, in derselben Offensive vereinigt hat, wird zweifellos ein Bindemittel sein, das sie in einem breiteren Kampf vereinigen wird, und das eines Tages über die so genannten französischen Antillen hinaus zu einer Karibikgegend führen wird, die von jeglicher Unterdrückung und von jeglicher Ausbeutung befreit sein wird.
Der folgende Artikel unserer Genossen von Combat Ouvrier (Arbeiterkampf) legt nur die Entwicklung der Situation auf Guadeloupe dar. Dessen Streik, der zwei Wochen früher als auf Martinique begann, erlebte rege Episoden, die zu mehreren Wendepunkten befürchten ließen, dass man dort wieder das erleben könne, was im Mai 1967 geschah, als ein mit Demonstrationen von Bauarbeitern begonnener Streik mit einem von Bereitschaftspolizei und anderen Repressionstruppen begangenen Massenmord endete, von dem heute sogar die Behörden selbst sagen, dass er mehr als 80 Tote in der Bevölkerung gemacht hat.
Der Generalstreik, ausgerufen vom Organisationenkollektiv, das sich unter der Bezeichnung LKP („Lyannaj kont pwofitasyon“) vereint hatte, wurde am 20. Januar 2009 ausgelöst. Er folgte auf einen bereits stürmischen Dezember, besonders durch die ersten gegen das teure Leben gerichteten Demonstrationen. Das Jahresende 2008 war vor allem durch die Demos der Kleinunternehmer gekennzeichnet, die während drei Tage Sperren auf den grundlegenden Verkehrsstraßen von Guadeloupe errichteten, um eine relevante Preissenkung des Treibstoffes zu verlangen. Es gilt zu beachten, dass diese Demonstrationen auf jene in Französisch-Guyana (ein anderes französisches Überseedepartement, das im Norden Südamerikas am Atlantischen Ozean liegt) für dieselben Forderungen folgte, die wiederum auf eine gleichartige einige Wochen vorher erfolgreich geführten Bewegung auf der Insel Reunion (im Indischen Ozean) folgten.
Während dieser drei von Straßensperren geprägten Tage, die eine Preissenkung der Treibstoffe zum Ziel hatten, war der Umfang der Unzufriedenheit bereits messbar. In der Tat unterstützte überall auf Guadeloupe die große Mehrheit der Bevölkerung die Demonstranten und zeigte diese Unterstützung klar und deutlich: An zahlreichen Sperren versorgte die Bevölkerung die Demonstranten mit Essen. Als diese erreichten, was sie wollten, die Preissenkung des Treibstoffes um 30 Cent, wurde diese Senkung von jedem als ein Erfolg erkannt. Aber viele Leute blieben unzufrieden und sagten, dass alle Preise, nicht nur diejenigen der Treibstoffe zu hoch waren!
Am 5. Dezember 2008 versammelten sich auf Aufruf der UGTG, der Hauptgewerkschaft von Guadeloupe, 31 politische und gewerkschaftliche Organisationen. Sie kritisierten die Tatsache, dass die Departement- und Regionalversammlungen, um die Senkung der Treibstoffpreise zu finanzieren, drei Millionen Euro Subventionen der Sara bewilligt hatten, welche das Monopol auf die Treibstoffversorgung in den Antillen hat. Die UGTG betonte auch die Notwendigkeit zu kämpfen, um alle anderen Preise senken zu lassen. Sie schlug eine Demonstration am 16. Dezember vor, um eine neue Preissenkung des Treibstoffs zu erhalten und gegen das teure Leben zu protestieren. Diese 31 politischen und gewerkschaftlichen Organisationen und Vereine schlossen sich den Aufruf der UGTG an. Ein Streiktag war beschlossen, um die Ideen dieses Organisationskartells hervorzuheben.
Warnschüsse am 16. und 17. Dezember 2008!
Während des Mobilisierungstages des 16. Dezembers wurden einige Branchen bestreikt, sie blieben jedoch in der Minderheit. Dennoch waren sie zahlreich genug, damit Tausende von Menschen sich in Pointe-à-Pitre (Wirtschaftshauptstadt von Guadeloupe) für eine Kundgebung versammeln, auf die eine Demo von beinahe 6.000 Personen folgte. Eine Abordnung wurde vom Unterpräfekt empfangen und hörte ihn antworten, dass dieser nichts über die Forderungen sagen oder tun konnte. Man musste den Präfekt sehen!
So wurde für den nächsten Tag eine neue Demo vor der Präfektur in Basse-Terre entschlossen. Der Präfekt ließ wissen, dass er mit dem Weihnachtsfest der Kinder der Präfektur beschäftigt war und weigerte sich, die Leiter der Organisationen zu empfangen.
Diese beschlossen dann während einer Versammlung, das LKP-Bündnis zu schaffen und eine breite Forderungsplattform vorzubereiten. Für das weitere Vorgehen wurde ein Termin ausgemacht: den verlängerbaren Generalstreik ab dem 20. Januar 2009. Die 31 Organisationen waren Tag für Tag von neuen Mitgliedern bis zur Zahl von 48 verstärkt.
Welche sind die wichtigsten Organisationen im LKP?
Die UGTG war am Ursprung der Ansammlung von Organisationen, die das LKP bildeten. Seit Monaten hatte die UGTG den Gewerkschaften vorgeschlagen, eine gemeinsame Forderungsplattform auf die Beine zu stellen. Sie maß den Anstieg der Unzufriedenheit, die Ende 2008 während der Blockaden der Kleinunternehmer zum Ausdruck kam und beschleunigte die Bewegung, so dass die wesentlichen Gewerkschaftsorganisationen (UGTG, CGTG, FO, CFDT, FSU, SPEG, CTU) das Gerippe bildeten, zu dem andere Organisationen später hinzukamen.
So gebildet wurde das LKP eine echte Kraft, fest entschlossen, sich auf den Kampf einzulassen. Die Tatsache, dass die UGTG eine Organisation ist, die eine große Zahl von treuen und erprobten Aktivisten vereinigt, an die sich jene von CGTG, FO, CFDT, CTU und von den Lehrgewerkschaften anschlossen, hat dem gesamte LKP eine wirkliche militante Kraft und eine wirkliche Kampfdynamik gegeben. Alle diejenigen, die da vereint waren, wollten kämpfen, abgesehen von sehr wenigen zögernden Personen, die dann jedoch in die Bewegung hineingezogen wurden. Alle wollten den Erfolg des Generalstreiks, alle wollten die größtmögliche Kraft entwickeln, gegenüber den Unternehmern und der Regierung, und über diese Leute einen Sieg erringen!
Dann öffnete sich die von den Gewerkschaften um UGTG und CGTG initiierte Bewegung hin zu antikolonialistischen, linksextremen oder separatistischen politischen Organisationen (Guadeloupische Kommunistische Partei, Combat Ouvrier, Grünen, UPLG, Nonm, usw.)…, zu denen Bauern- oder Fischerorganisationen, Umweltschutzorganisationen, verschiedene Vereine (Verbraucher, Mieter, Wasserschutz) hinzukamen, und noch dazu schließlich Kulturvereinigungen und Karnevalsgruppen (Akiyo, Voukoum, Kamodjaka). Letztere haben die Besonderheit, Tausende von Jugendlichen zu versammeln. Fügen wir auch die Behindertenvereine hinzu, die sehr anwesend waren, besonders ihre Vertreterin, die während einer Fernsehsendung der Regierung und den gewählten Vertretern der Insel ein schlechtes Gewissen machte, als sie das offizielle Einkommensniveau nannte, über das sie selbst und die behinderten Menschen verfügen. Die einzigen aus diesem „Lyannaj“ Ausgeschlossenen waren die offiziellen Parteien, deren Vertreter in den gewählten Versammlungen von Guadeloupe und Frankreich sitzen.
Wie funktionierte das LKP?
Seit seiner Geburt funktionierte das LKP zuerst wie ein Gewerkschaftsbündnis. Die zu treffenden Entscheidungen waren der Debatte unterbreitet und die Teilnehmer suchten manchmal in einer Diskussion, die lebendig und leidenschaftlich war, sich gegenseitig zu überzeugen. Die Gesprächsweise blieb bis zum Ende immer offen und brüderlich, sogar dann, wenn es wirklich „Krach“ gab.
Jede Organisation hatte Recht auf zwei Vertreter pro Sitzung, aber sie konnte ihre eigenen Vertreter wählen. Es wurde eindeutig gesagt, dass jede ihre eigenen Aktivitäten als Gewerkschaft, Partei oder Verein fortsetzte, aber sobald die Entscheidungen getroffen und im LKP konsensfähig festgelegt waren (es gab keine Abstimmung im LKP), sollten sie ausgeführt und von allen verteidigt werden.
Um besser zu verstehen, was in diesem LKP geschah, muss man wissen, dass alle Vertreter von Gewerkschaften oder von politischen Organisationen oder sogar von Vereinen Leute waren, die sich seit dreißig, zwanzig oder zehn Jahren (für die jüngsten) kennen, wirklich zusammen in unterschiedlichen, manchmal schwierigen Bereichen (Gefängnis, Untergrund, Straßenblockaden, verschiedene Streiks) gekämpft haben. Manche Aktivisten sind während dieses langen Zeitraums von einer Organisation zur anderen gegangen und haben, manchmal echter Meinungsverschiedenheiten zum Trotz, eine wirkliche Hochachtung für einander. Das hat die Dinge sehr erleichtert.
Was erklärt, dass 48 unterschiedliche Organisationen sich so zusammenschließen und im LKP gemeinsam funktionieren konnten?
Zwei Aspekte ihrer Politik erlaubten diesen 48 Organisationen, gemeinsam zu arbeiten und zu kämpfen, ohne zu viele Zwischenfälle oder lähmende Konflikte.
Zuerst: ihre wirkliche Verbindung mit der arbeitenden und armen Bevölkerung.
Die UGTG, die stärkste Organisation des Kollektives, ist eine Gewerkschaft besonderer Natur, die in den Branchen, in denen man die meisten jungen Beschäftigten findet, sehr verankert ist, gleichzeitig Gewerkschaft und politische Organisation, die in die Forderung für die Unabhängigkeit engagiert ist und die tatsächlich sowohl wie eine politische Bewegung als auch wie eine Gewerkschaft funktioniert. Ihre Aktivisten sind auch auf der kulturellen Ebene sehr engagiert.
Die Aktivisten aller anderen Organisationen, die sich dem LKP angeschlossen haben, sind ebenfalls Leute, die mit den Problemen der Jugendlichen, der Arbeiter, der Rentner und der Behinderten, usw. täglich verbunden sind.
Dann: ihre gemeinsame Opposition gegen die Macht, die von der Mehrheit von ihnen als eine Kolonialmacht betrachtet wird. Alle drücken seit langem, auf mehr oder weniger klare und direkte Weise, ihre Opposition zum offiziellen Rassismus aus („die Weißen leiten alles: die Békés die Wirtschaft, und diejenigen, die aus dem Festland stammen, die Leitung der Verwaltungen, die großen Chefs von DDA (Landwirtschaftsabteilung auf Departementebene), DDE (Amt für das öffentliche Bau- und Straßenwesen), Oberschulamt, Zollamt, Steueramt, usw. oder in den Banken und den Großunternehmen“!).
Alle spüren heute voll und ganz die Notwendigkeit, sich angesichts dieser weißen Macht zu behaupten, die in einer langen Geschichte von Sklaverei und Kolonialismus wurzelt. Dieses Gefühl hat sich umso mehr gefestigt, als sich die Wirtschaftslage der Bevölkerung verschlechtert. Die Zahlen, die eine solche Verschlechterung zum Ausdruck bringen, sind deutlich: drei Mal mehr Arbeitslosigkeit (27 %) als in Frankreich, sechs Mal mehr RMI-Bezieher (RMI: gesetzlich festgestelltes Mindesteinkommen), ein viel niedriges Durchschnittseinkommen, jeder sechste Einwohner unter der Armutsschwelle, usw. Diese ganze Situation sollte eines Tages auf der Straße explodieren!
Selbstverständlich waren es die Beschäftigten, die den Generalstreik ausgelöst und ihre eigenen Forderungen (Lohnerhöhung von 200 Euro, Anhebung des Smic – gesetzlicher Minimallohn -, usw.) vorgebracht haben. Aber die Kraft ihrer Bewegung und ihrer Entschlossenheit hat alle Volksschichten sehr schnell mobilisiert und versammelt, welche andere Forderungen vorgebracht und dann mit vieler Kraft ihre Opposition zum offiziellen Rassismus und ihr Streben nach Respekt und Würde ausgedrückt haben, in einem Land, in dem sie sich wie Fremden fühlen. Ein Land, das den Interessen der großen Besitzenden und den sehr oft willkürlichen Entscheidungen einer 7.000 Kilometer von Guadeloupe entfernten Macht, vollständig unterworfen ist.
Die Forderungsplattform
Alle Organisationen, die das LKP bildeten, beschlossen, eine Forderungsplattform mit einer sehr einfachen Methode aufzustellen: Jede Organisation schlug ihre Forderungen schriftlich vor, dann wurden sie vereinigt und der allgemeinen Diskussion unterworfen.
Diese Diskussion verlief weder ohne Leidenschaft noch ohne Zusammenstöße! Zum Beispiel war die Annahme der 200 Euro für die unteren Löhne, bis zu 1,6 Mal dem Minimallohn, das Ergebnis einer harten Auseinandersetzung zwischen allen Beteiligten. Ebenso wie die Forderung nach der festen Anstellung aller Hilfskräfte.
Circa 20 aus diesen Gesprächen hervorgegangene Forderungen wurden als zentral betrachtet. Sie bezogen sich auf die Senkung vieler Preise, die Erhöhung der Gehälter, die Festsetzung eines einheimischen Minimallohns, der die wirklichen Lebenskosten auf Guadeloupe berücksichtigt, die Erhöhung der Minimalsozialleistungen, die Preissenkung der öffentlichen Verkehrsmittel, den Mietpreisstopp und die Widerrufung der letzten Erhöhungen im Jahre 2008.
Alle Organisationen nahmen also die Forderung der Anhebung von 200 Euro für die bis zum 1,6fachen Minimallohn reichenden Gehälter an. Die Preissenkung des Treibstoffs wurde auch als vorrangig betrachtet sowie die Rückgabe durch die Sara der von den Gebietskörperschaften gezahlten drei Millionen Euro.
Andere Forderungen konzentrierten sich auf die Preissenkung der für die Landwirte und für die Fischer notwendigen Artikel und Produkte. Die Lehrer verlangten unter anderem die Ernennung von 19 Lehrern auf Posten, die seit dem Schuljahresbeginn unbesetzt sind. Außer diesen achtzehn vorrangigen Forderungen stellte das LKP also eine Liste von fast 160 Forderungen zusammen, die alle Aspekte des sozialen und wirtschaftlichen Lebens betrafen, eines Lebens, das seit Jahren Ungerechtigkeiten, Missbräuchen, der Korruption Einiger und der Absurditäten der Verwaltung, usw. unterworfen ist. Die Verhandlungen öffneten sich also auf die zentralen Forderungen aber sie stoßen sich von Anfang an über das Problem der Löhne an. Die Präfektur und die Lokalbehörden versuchten, ihren guten Willen vorzugeben und erklärten, dass sie sich mit allen 160 Forderungen befasst hatten und dass sie bereit waren, der Mehrheit davon nachzukommen oder zu beantworten.
Aber die Streikenden beschlossen, gewisse Probleme anzuführen, die sie als vorrangig betrachteten: den Preis der Treibstoffe und die Machenschaften der Sara, die Lohnerhöhungen, dann die Preissenkung. Über diese Lohnprobleme (die 200 Euro!) dauerte der Streik während 44 Tage an.
Die Kampagne von Kundgebungen, die den 20. Januar vorbereitete
Nach den Demonstrationen des 16. und 17. Januar organisierten die im LKP vereinten Organisationen gemeinsam eine Reihe von Kundgebungen in den wichtigsten Gemeinden von Guadeloupe. Diese Kundgebungen, die kaum einen Tag vorher oder oft am selben Tag angekündigt wurden, versammelten ein Publikum, das sich je nach Gemeinde änderte, von 200 (in Capesterre) bis zu 500 Teilnehmern (in Moule-Bouillante). Im Allgemeinen versammeln solche öffentlichen Kundgebungen, sogar wenn die großen Parteien dazu aufrufen, bestenfalls nur fünfzig Teilnehmer. Das war also ein wahrer Erfolg.
Die Kundgebungen waren vorgesehen, um der Bevölkerung die Gründe des Aufrufes zum Generalstreik zu erklären. Aber sie waren gleichzeitig eine „Sondierung“, um die Reaktionen in der einfachen Bevölkerung zu spüren und zu messen. Überall war der Empfang begeistert und das waren so viele Zeichen, dass dieser Aufruf zum Generalstreik von dieser Bevölkerung gut wahrgenommen war.
Die Rolle der Tankstellenverwalter im Streik für ihre eigenen Probleme
Vier Tage vor der Auslösung des Generalstreiks kündigten die Verwalter der Tankstellen an, dass sie ihre Stationen schließen würden, um gegen die Absicht einer Gruppe von großen guadeloupischen Kapitalisten (im Wesentlichen von reichen Békés) zu protestieren, welche automatische Tankstellen vermehren wollen. Diese Initiative ging umso mehr in die Richtung der Verstärkung des Streiks, als die Arbeitenden dieser Tankstellen in den Streik traten und sie besetzten. In der Folge sollten sie während des Streiks die Blockierung in gewissen Momenten lockern, entweder freiwillig, indem sie Treibstoff während eines oder zwei Tages lieferten, oder um auf den Antrag der Präfektur zugunsten von vorrangigen Personen (Feuerwehrmänner, Pfleger, usw.) zu antworten.
Taktische Diskussionen: Blockaden oder nicht am 20. Januar?
Vor der Auslösung des Generalstreiks wurde innerhalb des LKP eine Diskussion geführt: Sollte man Straßenblockaden ab dem ersten Streiktag errichten und so den Verkehr zum Erliegen bringen? Tatsächlich würde das jedem daran hindern, zur Arbeit zu gehen. Aber eine solche Lage hatte den Nachteil, keine wirkliche Bewertung des Streiks zu ermöglichen und machte die Intervention der Arbeitenden schwerer, um Streikposten vor den Unternehmen auf die Beine zu stellen. Trotz einiger Tradition von direkten Sperren, die zu den üblichen Methoden der UGTG gehört, wurde dieses Mal beschlossen, abzuwarten, und sich auf den „marschierender Streik“ zu verlassen (siehe unten). Diese Interventionen von Streikenden sollten sich auf mehreren Tagen bis zum Wochenende erstrecken, da der Streik am Dienstag, dem 20. Januar, beginnen sollte.
Der erste Streiktag
Es war geplant, dass mit dem ersten Tag eine sich Schritt für Schritt aufbauende Mobilisierung begonnen werden sollte. Gleich am ersten Tag sollten die Streikenden der bereits in den Kampf getretenen Wirtschaftszweige die Schwachstellen verstärken. Dafür sollten große Trupps Streikender von Betrieb zu Betrieb gehen. Es handelt sich dabei um eine Streiktradition in den Antillen, den so genannten „marschierenden Streik“. Sie soll bis auf die Sklaven zurückgehen, die so von Zuckerrohrfeld zu Zuckerrohrfeld zogen, um Aufstände anzustiften. In den Streiks des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts wurde diese Methode wieder häufig angewendet, da nur so Streikbewegungen auf alle Plantagen ausgeweitet werden konnten!
Am 20. Januar war eigentlich nicht vorgesehen, zu demonstrieren, sondern eine Kundgebung vor dem Mutualité-Palast (Sitz der Gewerkschaften) zu machen, um den Stand des Streiks zu prüfen.
Man kann behaupten, dass alle Leiter des LKP ziemlich überrascht waren, während des ganzen Vormittags Tausende von Leuten zu sehen, die aus allen Unternehmen, den Arbeitervierteln ankamen und sich vor dem Mutualité versammelten. Eine Versammlung fand vor Ort statt und die erste Großkundgebung strömte auf den Straßen von Pointe-à-Pitre. Mehr als 10.000 Demonstranten riefen Forderungen über das teure Leben und die Gehälter. Sie verlangten eine Lohnerhöhung von 200 Euro. Die Bewegung war in Gang gebracht. Und sie sollte sich in den nächsten Tagen festigen.
Am 21. Januar 2009 verbreiteten sich Tausende von Demonstranten in Scharen von mehreren Hunderten (wiederum der „marschierende Streik“!) an unterschiedlichen Punkten des Großraums Pointe-à-Pitre/Abymes, um den Streik zu verstärken und die Streikenden zu unterstützen. Besonders am Einkaufszentrum Milenis und am Flughafen standen sie Auge in Auge mit den gerade abgesetzten Polizisten.
An jedem der nächsten Tage gingen Tausende von Leuten vor dem Mutualité-Palast. Das ganze Viertel war ständig von Streikenden und Demonstranten besetzt. Die Verantwortlichen der Gewerkschaften ergriffen in gewissen Momenten das Wort, um vor der Menge eine Ansprache zu halten und das Programm der Handlungen und der Aktionen zu geben. Jeden Abend fand eine wahrhaftige Kundgebung mit Tausenden von Leuten vor dem Mutualité statt.
Woher kommen die Massen, die die Demonstrationen verstärken? Streikende und Arme!
Am 20. Januar betraf der Streik praktisch alle Wirtschaftszweige. Das ganze Industriegebiet von Jarry blieb geschlossen, die Beschäftigten von EDF streikten, sowie auch jene des Wärmekraftwerks von Le Moule, der großen Handelszentren, ein Teil des Gesundheitspersonals, die Arbeitenden der Tankstellen, das ganze Kommunalpersonal; alle Schulen, Gymnasien und die Universität waren geschlossen, da das Personal dieser Lehranstalten auf den totalen Streik gesetzt hatten. Kurz, der Generalstreik setzte sich im ganzen Land durch!
Aber nach den ersten Demonstrationen sah man auch Tausende von Leuten, die keine Arbeitenden der bestreikten Betriebe waren, Arbeitslose, arme Leute, viele Frauen alle aus den Arbeitervierteln und manchmal aus den Gemeinden, gekommen, sich jeden Tag der Bewegung anzuschließen. Die Demonstrationen von Arbeitern, die, im Allgemeinen, zwischen 5.000 bis 8.000 Demonstranten (für die wichtigsten) versammelten, schwollen Tag für Tag auf 20.000 an, dann auf 30.000 und an manchen Tage auf bis zu 40.000 (gewisse Journalisten haben sogar von über 50.000 gesprochen), was beachtenswert ist und etwa dem Zehntel der ganzen Bevölkerung entspricht.
Diese Mobilisierung war stark genug, um den Behörden der Präfektur zu verstehen zu geben, dass sie sie nicht frontal bekämpfen könnten. So fing der Präfekt dann Diskussionen über die Form an, die die Verhandlungen mit dem LKP nehmen sollten. Man war weit weg von der hochmütigen Weigerung vom 17. Dezember!
Die Unterstützung der armen Bevölkerungsschichten, der Mittellosen, aller außer Acht Gelassenen ist nicht überraschend. Sie haben gefühlt, dass der Generalstreik entschlossen war, bis zum Schluss zu gehen. Sie haben gefühlt, dass die streikenden Arbeitenden und das LKP, das diesen Streik leitete, einen wirklichen Kampf führen wollten und dass die Bewegung diesmal erst aufhören würde, wenn sie Genugtuung erlangt hätten. Das vergrößerte das Vertrauen der Zögernden, der Furchtsamen und der Skeptiker. Und all dieses unter den armen Schichten entstehende Vertrauen überzeugte sie dann, sich der Bewegung anzuschließen und ihre eigene Stimme hören zu lassen.
Für viele Demonstranten handelte es sich ebenso um eine Frage der Würde wie um jene der Forderungen und es war oft das Wichtigste! Es handelte sich darum, ihren ganzen Schmerz, die ganze ständige Demütigung, die die Situation selbst von Armut und von Elend begleitet, ihren ganzen Groll vor der Arroganz und der Missachtung der Herren der Gesellschaft auf der Straße auszudrücken. Das war gleichzeitig gegen die Unternehmer aber auch gegen all die Vertreter der Macht gerichtet, weil die einen und die anderen immer bereit sind, die kleinen Leute niederzuschlagen und zu erniedrigen. Dieses Demütigungs- und Ungerechtigkeitsgefühl trug viel dazu bei, Abertausende von armen Leuten auf die Straße zu bringen.
Die Ereignisse der Verhandlungen
Es gab zwei Phasen in den Verhandlungen: eine, die vollständig unter den Augen der Bevölkerung verlief, weil sie über Rundfunk ausgestrahlt und im Fernsehen übertragen wurde; und eine zweite Phase, aus welcher die Massenmedien ausgeschlossen waren und die im Präfekturgebäude, in Basse-Terre, in Anwesenheit von Jego (Staatssekretär für die Überseegebiete) stattfand.
Die erste Phase der Verhandlungen (vom 24. bis zum 28. Januar) spielte eine sehr wichtige Rolle auf der Verstärkung der Mobilisierung.
Das fing mit einem langen Wortgefecht auf der Form der Verhandlung an. Das LKP forderte, mit allen Hauptbeteiligten zusammen zu diskutieren: Präfekt, Vorsitzende der Departement- und Regionalversammlungen, Parlamentarier und Unternehmervertreter. Die Präsidenten der Lokalversammlungen und besonders Lurel, der sozialistische Vorsitzende des Regionalrates von Guadeloupe, leisteten Widerstand: Sie wollten einzeln verhandeln. Das LKP lehnte deutlich ab. Schließlich nahm diese ganze bessere Gesellschaft an, sich im World Trade Center (WTC), einem am Hafen von Jarry gelegenem Gebäude, zu treffen. Die Verhandlungen sollten am Samstag, dem 24. Januar, nachmittags anfangen.
Am Morgen zog eine riesige Demonstration von über 20.000 Personen auf den Straßen von Pointe-à-Pitre. Dann begleiteten Tausende von Demonstranten die Abordnung des LKP zum WTC. Zuerst wollte ein großes Aufgebot von Polizeitruppen diesen Tausenden von Demonstranten den Zugang des Parkplatzes des WTC verbieten. Das Fernsehen (Canal 10, ein sehr populäres privates Fernsehen) filmte die erste verbale Konfrontation zwischen Domota, dem Wortführer des LKP, und dem Chef der Polizisten. Domota behauptete, dass das LKP nicht verhandeln wolle, wenn die Demonstranten und das Fernsehen es nicht begleiten konnten. Nach einigem mündlichen Austausch kapitulierte der Präfekt, und so kam die LKP-Abordnung fest gestützt an. Das Kräfteverhältnis war zugunsten der Werktätigen.
Und während vier Tage verlief die ganze Diskussion zwischen dem LKP einerseits, die gewählten Vertreter, den Präfekt und die Bosse andererseits, vor den manchmal verblüfften Augen der ganzen Bevölkerung von Guadeloupe. So hatte sie die Gelegenheit, festzustellen, wiesehr die gewählten Vertreter Haltlosigkeit und Ohnmacht bewiesen, wiesehr der Vertreter des Staates, der Präfekt, geschickt lavierend und wenig klar war, wiesehr die Bosse unaufrichtig waren, rumheulten, behauptend in großen Schwierigkeit zu sein und unfähig, auf die Forderungen der Arbeiter zu antworten. Aber sie blieben sprachlos, wendeten den Kopf ab, als die Vertreter des LKP ihnen die Zahlen der Subventionen nannten, die sie vom Staat mit überquellender Großzügigkeit bekamen.
Diese Sendungen, die während der Verhandlung weitergingen, hatten eine beachtenswerte Wirkung auf die Bevölkerung und warfen alle Zögernden und Skeptischen ins Lager des LKP.
Denn sie zeigten deutlich die Richtigkeit der Forderungen des LKP, die Kraft ihrer Grundüberzeugungen, den Ernsthaftigkeit ihrer Vertreter angesichts unaufrichtiger, verlogener Bosse, die Verzögerungsmanöver machten, angesichts gewählter Vertreter, die ihre Ohnmacht und ihre Unfähigkeit, auf die Forderungen zu antworten, preisgaben, angesichts eines den Staat vertretenden Präfekten, der zugab, nicht viel machen zu können, aber gleichzeitig behauptete, er könne sich bei gewissen Punkte verpflichten, um schließlich die Verhandlungen abzubrechen und den Saal nach der Verlesung einer Nachricht des Staatssekretärs Yves Jego zu verlassen.
Die vor dem Ort der Verhandlungen versammelte Menschenmasse konnte die Debatte sogar direkt über die riesigen draußen aufgestellten Bildschirme mitverfolgen. Am letzten Tag dieser Verhandlungsphase nahmen einige Demonstranten sogar ein Teil des Saales in Beschlag und befanden sich so in direkter Nähe der Verhandlungsführer. Sie zögerten nicht auf die Stellungnahmen zu reagieren, applaudierten bei den Ausführungen von Domota, als dieser sich gegen die Bosse und den Vertreter des Staates wandte, als er erklärte, dass, umso höher man in der Hierarchie der Unternehmen oder des Staates aufsteigt, umso heller wird die Hautfarbe und sogar richtig weiß! Die Demonstranten applaudierten auch dem Generalsekretär der CGTG Nomertin, als er sich einfach ausrichtete, um sich nicht mehr an die Anwesenden am Verhandlungstisch zu wenden, sondern an die anwesenden Demonstranten außerhalb des Saales, um den Schleichhandel und die Machenschaften der Sara und der Kapitalisten anzuprangern und zu sagen, dass alles einfach nicht mehr hingenommen werden kann.
Kurz nach diesen im Fernsehen übertragenen Verhandlungen sprach die ganze Bevölkerung mit abfälligen Bemerkungen über die Schwäche und die Lügen der Macht, über die „Wahrheit“, die aus dem Mund von Domota und Nomertin gedrungen war. Die Kaltblütigkeit und die Sachlichkeit der Erklärungen von Domota wurden dem Mangel von Antworten und den Ausflüchten der Bosse sowie der von den gewählten Vertretern zugegebenen Ohnmacht gegenübergestellt („In Paris, hört man uns nicht, wissen Sie!“, meinte die Abgeordnete und Oberbürgermeisterin Janny Marc!). Die bissige Erklärung von Jalton (dem Abgeordneten und Oberbürgermeister von Les Abymes) machte auch Eindruck, als er den Präfekten etwa einen Rüpel nannte, als er aufstand und jenen den Rücken kehrte, die gekommen waren, um ihre Forderungen vorzubringen!
Alle Bevölkerungsschichten machten also während drei Tage Politik in großem Maße; sie hatten das Gesicht und das Verhalten jener gesehen, die sie leiteten, ob diese nun aus Frankreich kamen oder politische gewählte Vertreter waren, und wie Lurel dachten, dass „die Straße nicht entscheiden solle“. Die Bevölkerung, die dieses Verhalten mit jenem der Vertreter des LKP verglich, die in ihrem Namen die Macht und die Gesetzmäßigkeit dieser Leute bestritten, zögerte nicht, ihr Lager zu wählen!
Das waren sehr starke Momente der Bewegung. Nach dem Abbruch des Präfekten und seiner von der Verhandlung überstürzte Abfahrt, rief das LKP zu neuen Demonstrationen auf und man sah wie sich die Zahl der Demonstranten vergrößerte; man sah mehrere Zehntausende von Leuten auf die Straßen ziehen, die aus dem Innersten der Bevölkerung kamen. Da gab es nicht nur Arbeitende, Streikende, Gewerkschaftsmitglieder, Lehrer, Jugendlichen, sondern auch ein ganzes Volk von armen Leuten, die oft zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrierten, und alle schrieen mehr als die Forderungen, die sehr starke Freude hinaus, sich so zahlreich zu einzufinden und ununterbrochen auf Kreolisch zu singen: „Das Land gehört ihnen nicht, das Land gehört uns und sie werden in unserem Land nicht tun, was sie wollen“.
Zweite Phase der Verhandlungen (4 bis 8. Februar)
Während der zweiten Phase der Verhandlungen gab Jego den Ton. Er war gewissermaßen von seiner Regierung bevollmächtigt. Er sagte, er werde die notwendige Zeit bleiben, um die Probleme zu lösen. Sehr schnell konnte er sich davon überzeugen, dass die Situation ernst und Entschlossenheit, die Kraft des Streiks stark war.
Vor der hartnäckigen Weigerung der Bosse des Wirtschaftsverbandes Medef war er es, der die erste Grundlage eines Abkommens formulierte: Der Staat verpflichtete sich für die Hälfte der 200 Euro aufzukommen und die Bosse und die Gebietskörperschaften sollten den Rest übernehmen! Das war der Hauptteil seines Vorschlages. Schließlich nach stundenlangen Verhandlung über Details (die trotz alledem wichtig waren: Bis zu welchem Gehaltsniveau sollte das zur Anwendung kommen? Und die anderen Kategorien, und die Teilzeitbeschäftigten, usw.?) wurde eine Vorvereinbarung auf die Beine gestellt und es war vorgesehen, sie einige Stunden später zu unterschreiben! Aber zur Stunde der Unterschrift erfuhr die ganze Bevölkerung mit Verblüffung, dass Jego wieder weg war, von seiner Regierung verleugnet! Dem Premierminister Fillon nach war die Vereinbarung nicht mehr möglich!
Der Fehltritt von Jego: von Fillon verleugnet! Die großen Békés halten sich im Hintergrund
Die französische Zentralregierung weigerte sich, die von ihrem eigenen, von ihr bevollmächtigten Abgesandten auf die Beine gestellte Vereinbarung zu bestätigen! Diese Abfahrt war wie ein neuer Beweis der Missachtung der Regierenden! Der Präfekt weigerte sich dann, eine Abordnung von Streikenden zu empfangen, da er nichts mehr zu sagen hatte, behauptete er! Nomertin rief aus: „Die Macht ist vakant, es liegt an uns, sie zu ersetzen!“. Die wütenden Demonstranten waren nicht weit davon entfernt, es zu denken. Neue Repressionskräfte waren vor den Türen der Präfektur entsandt worden, Beweiß, dass die Behörden wussten, dass die Abfahrt von Jego als das interpretiert werden würde, was sie war: ein Vertrauensbruch und eine Art, die Streikenden daran zu hindern, den kleinsten Erfolg zu verzeichnen! Die allgemeine Meinung war, dass die großen Békés bei Fillon oder sogar bei Sarkozy interveniert hatten, um das Abkommen scheitern zu lassen! Eine höchst wahrscheinliche Möglichkeit, in Anbetracht der Gewohnheiten der Béké-Kapitalisten und ihrer Verbindungen mit der Macht.
Verschärfung der Bewegung: die Straßenblockaden (16 – 20. Februar)
Die Masse, die danach demonstrierte, wuchs noch! Aber da kündigten die Leiter des LKP an: „Wir sind müde, auf den Straßen zu gehen“, „wir werden nicht mehr gehen“, „man muss alles lahm legen, das Land soll vollständig blockiert werden! Macht Sperren überall, auf allen Straßen, nichts soll funktionieren“.
Das LKP, als Reaktion auf Abfahrt von Jego und die Haltung der französischen Regierung, die die auf die Beine gestellte Vereinbarung abstritt, rief die Bevölkerung dazu auf, überall Sperren zu errichten, wo sie es konnte. Man konnte darauf hin das Errichten einer Menge von Sperren auf allen Wegen von Guadeloupe beobachten. Manchmal errichteten die Leute Sperren in ihren eigenen Bezirken; auch die Jugendlichen vom Land beteiligten sich und errichteten, hier und da, auf Nebenstraßen, sehr ernsthafte und gut bewachte Sperren! Diese Reaktion der Bevölkerung bewies, wieweit die Bewegung auf der ganzen Insel, bis hinein in die ländlichen Zonen populär war.
Jedoch wurden die Hauptsperren auf den großen Verkehrsadern im Wesentlichen von den Kämpfern der Bewegung, Gewerkschaftern, politischen Aktivisten, usw. errichtet. Jedoch kamen viele Leute der umliegenden Bevölkerung, um bei diesen Sperren ihre Unterstützung anzubieten, und besonders die Jugendlichen, die direkt an ihrer Befestigung oder an ihrer Verteidigung gegenüber den Polizisten teilnahmen.
Die Taktik bestand darin, sich den Polizisten nicht frontal zu widersetzen, aber sobald die Sperren von ihnen frei gemacht wurden, musste man sie sofort wieder aufbauen. In diesem Spiel ermüdeten sich sehr oft die Repressionskräfte, trotz ihres Vorteiles, die Demonstranten mit Tränengas besprühen zu können, denn sie mussten zahlreichen, in vielen Punkten der Insel errichteten, Sperren gleichzeitig trotzen.
Mindestens auf zwei Zonen, Gosier (Poucette) und der Brücke von Boucan, ist es den Polizisten niemals gelungen, die Sperren niederzureißen, so stark war der Widerstand gegen sie.
Diese Sperren boten die Gelegenheit zu häufigen Austausche zwischen Beteiligten und sie waren eine den Jüngsten nützlichen Erfahrung, die bei diesem Anlass ihren Mut und ihre Entschlossenheit zeigten.
Aber diese Sperren waren vor allem eine Gelegenheit für die Bevölkerung, die Jugendlichen, die weniger jungen und die Frauen der umliegenden Bezirke, die Organisation dieses Aspektes des Kampfes in die Hand zu nehmen. Das begann bereits bei der Vorbereitung, weil man viele Baustoffe braucht, um eine Sperre aufzubauen und man nicht improvisieren konnte, als der Auftrag gegeben wurde, die Sperren zu bilden. Man muss alle Bestandteile bei der Hand haben; also in jedem Ort, wo die Sperren errichtet werden sollten, wurden Vorrate gebildet: alte Wagengerippe wurden in der Umgebung transportiert, alte Kühlschränke, große Steine und allerlei aus den Vierteln oder den Müllhalden genommenen Baustoffe.
Dann muss man die Sperre vor der Ankunft der Repressionskräfte, am besten in der Nacht, errichten und Mannschaften um diese Sperren bilden; eine Verbindung wird zwischen den Verteidigern der Sperren und den umliegenden Dörfchen aufgestellt.
Auf gewissen Sperren wie in Boucan-Sainte Rose, wurde eine echte Festung (auf der Brücke von Boucan) errichtet. Der ganze Bezirk ringsherum, der eine große Erfahrung mit Sperren hat, war organisiert, um so lange wie möglich gegenüber den Repressionskräften zu halten. Alles war vorhergesehen, einschließlich der Ernährung der Verteidigern der Sperren durch die Bewohner, da eine Sperre gehalten und Tag und Nacht wiederaufbaut werden musste. In Capesterre, Morne-à-L'eau, Sainte-Anne, Gosier, Petit-Bourg wurden derartige Sperren durch die Bevölkerung errichtet.
Man musste auch verschiedene Entscheidungen vor Ort treffen: Wen sollte man durchlassen oder nicht, die Krankenwagen, die Feuerwehr? Wieweit musste man sich gegen die Repressionskräften wehren? Das war nicht immer leicht, besonders mit den Jugendlichen, die sich manchmal um jeden Preis mit diesen Repressionskräften schlagen wollten, die sie als eine echte Provokation betrachteten. Das alles sollten die Demonstranten der Sperren und die Bevölkerung ringsherum beschließen. Je nach den Sperren trugen sich die Dinge mehr oder weniger so zu, manchmal führten Organisationsaktivisten die Geschäfte geradeheraus, ohne sich viel darum zu kümmern, die Bevölkerung ringsherum teilnehmen zu lassen. Aber das war nicht immer der Fall, weil die Bevölkerung sich von dem Geschehen betroffen fühlte.
Man muss auch von der Sperre in Gosier (auf der Nationalstraße) sprechen, die die erste auf Aufruf des LKP errichtete Sperre war. Die Elemente, die sie zusammenstellten, erstreckten sich über mehr als einen Kilometer Weg. Mehrere hundert Demonstranten und die Mitglieder der Bevölkerung der Gegenden schlossen sich dort zusammen.
Der erste Zusammenstoß war hart mit den sehr zahlreichen Repressionskräften, die dann ein Einschüchterungsmanöver versuchten und etwa vierzig Demonstranten einsperrten, und sie daran hinderten, sich frei zu bewegen und auf der Sperre tätig sind. An diesem Tag wurde die Bevölkerung mit Tränengasgranaten und Knüppelschlägen verjagt. Alex Lollia, der Leiter CTU-Gewerkschaft, wurde verprügelt und so hart geschlagen, dass man ihn ins Krankenhaus einweisen musste. Zehn Demonstranten wurden geradeheraus festgenommen und in die Polizeiwache von Pointe-à-Pitre transportiert.
Aber dieses Ereignis verwandelte sich in eine wichtige Demonstration in der Nähe der Polizeiwache, um ihre Befreiung zu verlangen, und eine ganze Schar von Rechtsanwälten, Sympathisanten des LKP, machte sich mit einer Abordnung des LKP auf den Weg zur Polizeiwache, um die Freilassung dieser Demonstranten zu fordern.
Kleine bedeutsame Anekdote: Als die Polizisten die Identität der Demonstranten überprüfen wollten, hatten nur drei unter ihnen ihren Ausweis; die anderen antworteten: „Ich heiße LKP 1, LKP 2, LKP 3…“. So dass sie angeklagt wurden und die offiziellen Papiere anzeigten, dass die besagten LKP 1, LKP 2, LKP 3, usw., im Juni vor Gericht gestellt werden!
Trotz dieser Einschüchterungsversuche hielt die Sperre von Gosier durch, bis zur Entscheidung des LKP, die Sperren zu lockern. Aber sogar dann musste man praktisch geführt werden, um in dem dort organisierten Gewirr zu verkehren.
Mord und Bestattungen von Bino: Höhepunkt und Wendepunkt der Bewegung (22. Februar)
In der härtesten Nacht, nach zwei Tagen von Straßensperren, fanden zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen vermummten Gruppen und Repressionskräften statt. Es kam hier und da zu einigen Brände, das Einkaufszentrum von Destrelland wurde von Gruppen gut organisierter, vermummter Jugendlichen angegriffen. Auf den Straßen von einem Fernsehsender gefilmt, erklärten sie ohne jede Zweideutigkeit ihr Engagement innerhalb der aktuellen Bewegung, zusammenfassend sagten sie: Es gibt nur diese Sprache, jene der Gewalt, um sie zur Verhandlung zurückkehren zu lassen; wenn sie das wollen, werden sie es bekommen!
Den Polizisten gelang nicht ohne Schwierigkeiten, die Gruppen zurückzudrängen, die das Einkaufszentrum angriffen. In verschiedenen Punkten der Stadtzonen gab es währenddessen echte Wutausbrüche, die mit allen möglichen Schäden (Brände von Geschäften, von Autos, Besetzung und Plünderungen im Bürgermeisteramt von Sainte-Rose, entflammte Sperren in Pointe-à-Pitre, usw.) einhergingen.
In dieser Zerstörungs- und Gewaltwelle kam nicht alles von den Demonstranten, die im Rahmen der Bewegung um den Generalstreik lagen. Einige Ganoven nützten die herrschende Unruhe aus, um für ihr eigenes Konto, für ihre eigenen Ziele zu handeln, aber sogar unter diesen Typen von Aktivisten fanden sich Leute, die ihre Schläge gegen die Repressionskräfte leiteten.
Im Laufe dieser Nacht wurde der Gewerkschafter Jacques Bino unter immer noch nicht sehr klaren Umständen getötet, trotz der Tatsache, dass ein Mann sich spontan der Justiz gestellt und sich des Mordes von Bino bezichtigt hätte. Dieser Mord verursachte eine heftige Aufregung, weil dieser Mann ein Aktivist der CGTG und der Kulturbewegung Akiyo war. Das LKP beschloss, dass die ganze Bewegung ihn ehren sollte und während zwei Tage fanden die Totenwache und die Bestattung statt.
Innerhalb des LKP verlangten manche während dieser zwei Tage die Lockerung der Sperren (die Demonstranten öffneten einen Durchgang aber die Sperren wurden nicht zerstört), um es so vielen Leuten wie möglich zu ermöglichen, sich zur Totenwache und zur Beerdigung zu begeben. Letztere verwandelte sich in eine beeindruckende Demonstration, in der sich ein Würde- und Zusammengehörigkeitsgefühl festigte, das alle Anwesenden gegen die Unterdrückung und die Demütigung der weißen politischen und wirtschaftlichen Macht zu vereinigen, zusammenzuschweißen schien.
Die Präfektur und die Bosse kündigen eine Wiederaufnahme der Verhandlungen in Anwesenheit von zwei von der Regierung abgesandten „Vermittlern“ an
Vor dem Ausmaß der nächtlichen Vorfälle und des hartnäckigen Widerstandes der Sperren vermehrte der Präfekt, mit der Regierung im Rücken, die Angebote einer Wiederaufnahme der Verhandlungen. Das LKP bekräftigte, dass die einzigen Gesprächsgrundlagen die am 8. Februar mit Jego aufgestellte Vorvereinbarung und nichts Anderes war. Nach unterschiedlichen Ereignissen wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen.
Die Lockerung der Sperren, die während der Ehrung an Bino beschlossen war, dauerte während der ganzen Verhandlungen an. Aber inzwischen stellte der Präfekt, zweifellos in Auftrag der Regierung, die Tankstellenverwalter zufrieden. Die Einführung automatischer Tankstellen, die von einer Gruppe großer einheimischen Kapitalisten gefordert wurden, war sehr beschränkt und die kleinen Geschäftsführer beurteilten, dass sie genügend Garantien hatten, um ihre Tankstellen wieder zu öffnen. Aber da die meisten Arbeitenden dieser Tankstellen streikten, blieb die Benzinverteilung weithin gestört. Vorfälle vermehrten sich übrigens in diesen Tankstellen, wo die Repressionskräfte manchmal eingriffen, um die Anforderungen des Präfekten zur Anwendung zu bringen. Dieser hatte sich offensichtlich des Problems der Geschäftsführer lösen wollen, da er hoffte, dadurch den Treibstoff in Strömen fließen zu lassen, um einen Druck der Nichtstreikenden und der LKP-Feindlichen auf die Bewegung auszuüben. Aber obwohl manche Dienste und Tätigkeiten die Arbeit wieder aufnahmen, erschien die Bewegung noch sehr stark. Sie stellte es übrigens mehrmals während verschiedener Veranstaltungen unter Beweis: Begleitung der handelnden Abordnung, Schließung der Geschäfte in Pointe-à-Pitre, Schließung des Industriegebietes von Jarry, Demonstrationen der Streikenden in den Einkaufszentren, Fortbestand der Schließung der Hotels, Streikposten vor den EDF-Standorten, usw. Also das Ding der „Befreiung“ des Treibstoffes hatte keinen Erfolg, und konnte die Bewegung weder spalten noch schwächen. Die Schulen blieben geschlossen, die Transportunternehmen blockiert, und die Streikposten der Energiearbeiter waren wenn nötig immer bereit, den Strom massenweise zu unterbrechen, so lange bis ein Gesamtabkommen mit dem LKP unterschrieben wird!
Als die Verhandlungen nach Aussetzungen und Wiederaufnahmen wirklich begannen, gingen sie dieses Mal bis zur Unterschrift, am 26. Februar, des Abkommens über die 200 Euro, das zu Ehren des während der Ereignisse ermordeten Aktivisten „Jacques Bino-Abkommen“ genannt wurde. Das Medef weigerte sich aus zwei Gründen es zu unterschreiben. Erstens weil, wie es sagte, die Einleitung der Vereinbarung von „Plantagenwirtschaft“ sprach, die von der kolonialen Vergangenheit geerbt wurde. Und zweitens (und vor allem!) weil der Paragraph 5 des Abkommens bestimmt, dass die gegenwärtige Aufteilung der 200 Euro unter den Bossen, den Gebietskörperschaften und dem Staat fortschreitend sein würde: In 12 Monaten wird der Anteil der Gebietskörperschaften (50 Euro) von den Bossen übernommen und in 36 Monaten soll ebenfall der Anteil des Staats von den Unternehmern getragen werden. Das blockiert noch heute die Unterschrift mancher Bosse. Aber das Medef hat so seine Unaufrichtigkeit gezeigt, weil es die größten und die reichsten Bosse der beiden Inseln vereinigt. Das war umso offenbarer, als der größte Teil der Klein- und Mittelunternehmer die Vereinbarung während der Verhandlung unterschrieben.
Diese Forderung von 200 Euro war der Punkt, der die sozialen Gegner gegenüber stellte und ein Lager hart gegen das andere wandte. Weil die Bosse, aber auch ihr Staat, jenseits des materiellen Inhaltes der Forderung von 200 Euro, bei diesem Punkt kein Zurückweichen akzeptieren wollten. Denn dieser Generalstreik mit solchen Forderungen im Auftrag der Arbeiter stellte eine veränderte Haltung dar: Sie gingen von der Defensive in die Offensive! Man musste sie Staub schlucken lassen. Aber diese Leute, trotz ihres Staates mit seinen Repressionskräften, trotz der Abgefeimtheit und der Manöver ihrer Politiker, erreichten es nicht! Weil sie gegenüber ihnen eine ganze mobilisierte Klasse von Arbeitenden vorfanden, an dessen Kampf sich die riesengroße Mehrheit der ebenfalls mobilisierten Volksschichten angeschlossen hatte!
Hinsichtlich anderer Punkte, die in der Liste der 160 Punkte wichtig waren, urteilte das LKP, von den Streikenden und der mobilisierten Bevölkerung weit unterstützt, dass man bis zu einer ausreichend klaren Gesamtvereinbarung gehen musste, um den Generalstreik auszusetzen. Diese Aussetzung fand am Mittwoch, dem 4. März, nach 44 Streiktagen, statt.
Wer hat den Streik vom 20. Januar geleitet? Das LKP
Wie wir es vorher gesagt haben, war die grundlegende organisierte Kraft innerhalb des LKP die UGTG. Aber sie war nicht die Einzige. Jede der 48 beteiligten Organisationen leistete einen wirklichen Beitrag sowohl im Rahmen der Anwesenheit in den Betrieben, als auch durch die Bekanntheit in der Bevölkerung und unter den Werktätigen. So ist die CGTG weniger verankert als die UGTG, aber sie ist es in wichtigen Sektoren, so wie bei EDF (in den drei Elektrizitätswerken der Insel), in den Zuckerfabriken, in den großen Unternehmen des Industriegebietes, der Wasserversorgung, in einigen Supermärkte, im Bauwesen und in den Bananenplantagen. Die CTU ist in einigen Supermärkten stark. Aber die große Kraft der UGTG kommt daher, dass sie in zahlreichen Sektoren, wo vor allem junge Arbeiter anwesend sind, in der Mehrheit ist: Tankstellen, Gastgewerbe, Wachdienst, Stadtwerke, Supermärkte, Reinigungs- und Instandhaltungsgesellschaften und unter dem Personal der Handelskammer auf dem Flughafen von Les Abymes. Bei den letzten Wahl für den Arbeitsschiedsausschuss ging die UGTG mit erdrückender Mehrheit als erste Organisation hervor, mit der Hälfte der gültigen Stimmen, die CGTG folgte mit 19 % und alle anderen Gewerkschaften teilten sich die Reststimmen auf.
Die Bewegung wurde vom LKP gestartet und geleitet, und blieb ihre ganze Dauer lang unter seiner Leitung. Man muss bemerken, dass man seit Jahren den Ablauf zahlreicher Streiks miterlebt hat, die Arbeiter von Guadeloupe bewiesen dabei eine wirkliche Kampflust. Sehr oft lösten die Arbeitenden selbst diese Streiks aus, von den Gewerkschaften begleitet oder gestützt. Es gibt keine Gewerkschaftsbürokratie mehr, die stark genug ist, um diese Kampfbereitschaft einzuschläfern oder sie auf Abwege zu bringen.
Das ist auch durch die jüngere Geschichte der Kommunistischen Partei (PCG) zu erklären, welche von 1945 bis 1960 von den Massen unterstützt wurde, wichtige Wahlerfolge gewann, dann ihren Einfluss nach mehreren Spaltungen in seinen Reihen schrittweise verloren hatte. Das wirkte sich auch auf die CGTG aus, deren Hauptleiter und treue Aktivisten Mitglieder der PCG waren. Die CGTG erlebte ihre ersten Rückgänge mit dem Quasiverschwinden des Zuckerrohr-Sektors: Es gab Tausende von Entlassungen in den Zuckerfabriken und in den Plantagen. Während der sechziger Jahre erschien die CGTG wie eine weniger kämpferische Organisation und am Anfang der siebziger Jahre, wurde sie von den Arbeitenden der Plantagen, des Bauwesens, des Handels und von den Dockarbeitern sogar bekämpft.
Die ersten separatistischen Aktivisten stützten sich auf diese Unzufriedenheit, um die ersten Gewerkschaften zu schaffen, die von Unabhängigkeitsanhängern mit der Hilfe von Aktivisten im Bruch mit der CGTG beeinflusst oder geleitet waren. Eben so entstanden die UTA (Bund der Landarbeiter) dann die UGTG (Allgemeiner Verband der Guadeloupischen Arbeiter), dann die Union der Arbeiter der Gesundheit, die in den Krankenhäusern und den Kliniken die Mehrheit hatte, und so auf spektakuläre Weise den beherrschenden Einfluss der CGTG zurückdrängte. Die CGTG-Gewerkschaften des Handels brachen ebenfalls zusammen, allein hielten das Bauwesen, EDF, die Bananenplantagen und die letzten Zuckerfabriken stand. Die verschiedenen Spaltungen, die sich innerhalb der PCG vollzogen, schwächten sie endgültig und diese Schwächung wurde gleichzeitig auf die CGTG übertragen. Während einiger Jahre wehrte sie mehr schlecht als recht den Druck der separatistischen Gewerkschaften ab. Dann vollzog sich eine Wiederbelebung, vom Ende der neunziger Jahre (1997-1999) an.
Heute sind alle bestehenden Gewerkschaften eher kämpferisch und nicht unter dem Einfluss eines aus ihren eigenen Reihen oder der großen reformistischen Parteien abstammenden Apparates, der seine eigene Politik hat und stark genug wäre, um eine bremsende Rolle für die Kampflust der Arbeiter zu spielen.
Diese Situation fördert natürlich die Kämpfe und, als das LKP den Generalstreik auslöste, genügte es, dass dieser Aufruf einer tiefen Unzufriedenheit unter den Arbeitenden aber auch in allen armen Volksschichten entspricht, damit man bei jeder Demonstration Zehntausende von Arbeitern, jungen Arbeitslosen, RMI-Empfänger, Rentner, usw. auf der Straße ziehen sieht.
Was haben die Werktätigen und alle Demonstranten dieser großen Bewegung gewonnen?
Die Bosse und die Regierung haben alles gemacht, damit die Streikenden und die ganze um sie angesammelte Bewegung der arbeitenden Bevölkerung nicht gewinnen. Sie haben die Dinge noch mehr in die Länge ziehen lassen. Sie haben schließlich über „Gesprächsformen“ diskutiert, sie haben versucht, die Idee durchbringen zu lassen, dass es in Anbetracht des Umfang des Forderungsheftes besser sei, den Streik zu unterbrechen, um die Diskussion fortzusetzen. Der große Arbeitgeberbund Medef hat am Anfang das ganze Unternehmertum, die schwarzen und weißen Groß-, Mittel- und Kleinbosse, unter seinem Flügel vereint, indem es versicherte, dass eine solche Forderung in Höhe von 200 Euro zum Tode von den Unternehmen führen würde. Aber vor der Entschlossenheit und der ständigen Verstärkung der Demonstrationen sollten Bosse und Regierung sich den Tatsachen beugen: Man musste verhandeln oder mindestens so tun, als würde man verhandeln. Es gab die Episode der Abfahrt des Präfekten während der ersten Verhandlung, dann die Abfahrt von Jego. Dann das im Élysée-Palast von Sarkozy organisierte Theater mit dem Treffen der gewählten Vertreter der französischen Überseedepartements.
Trotz all dieser Ausflüchte, all dieser Versuche, den Streik zu verpesten, hielt dieser durch. Man musste sich wohl oder übel dazu entschließen, bei einer gewissen Anzahl von Punkten nachzugeben. Was die Gehälter betrifft, entsprach schließlich die Vereinbarung über die 200 Euro, die am Donnerstag, dem 26. Februar unterschrieben wurde, praktisch jener, die Jego angenommen und die Regierung abgestritten hatte: Sie umfasste einen Arbeitgeberanteil, einen Anteil der Gebietskörperschaften und einen Regierungsanteil (100 Euro). Und dabei sieht man den Zynismus dieser Leute, denn ihre kleinen scheußlichen Spiele hatten tragische Folgen. Ihre Weigerung, Genugtuung zu gewähren und ihre Manöver erzeugten das Gefühl von Empörung der ganzen Bevölkerung und der Streikenden! Und das hat eine Verschärfung der Demonstrationen verursacht. Und gerade im Laufe einer dieser Demonstrationsnächte wurde Jacques Bino, ein CGT-Gewerkschafter und Kulturkämpfer von Akiyo, getötet. Im Laufe dieser Nächte der Blockaden verletzte sich ein anderer Junge auf einem Hindernis tödlich, ein dritter wurde schwer verletzt und mehrere Jugendliche bekamen Schüsse mancher Polizisten in den Beinen ab.
Nichts von alledem wäre passiert, wenn das in Anwesenheit von Jego (am 8. Februar!) festgelegte Abkommen zwei Wochen vorher angenommen worden wäre. Aber die großen Bosse hatten sich eingemischt, und besonders Hayot, einer der reichsten Unternehmer von Martinique und Guadeloupe, einer von denjenigen, die die Fähigkeit haben, selbst in den Élysée-Palast einzutreten, ohne ihren Personalausweis zu zeigen, oder Fillon mitten in der Nacht wecken können, um ihn um einen Gefallen zu bitten oder ihn zu fordern.
Diese Vereinbarung stellte keine riesengroße Anstrengung vonseiten der Bosse dar, weil der Staat und die Gebietskörperschaften mehr als Hälfte dieser Erhöhung von 200 Euro während drei Jahre übernahmen. Aber die Arbeitgeberschaft lehnte es ab, einen Kampf der Arbeitenden zu sehen, die in die Offensive, in einem allgemeinen Kampf getreten waren, um sie zu verpflichten, etwas abzugeben. Hayot, großer Chef der Ausbeuter der Antillen, wollte auf keine Weise vor den Arbeitern zurückweichend aus dem Konflikt herauskommen. Umso mehr als eine eindrucksvolle Bewegung von Generalstreik ab dem 5. Februar auch auf Martinique ausbrach, dem Heiligtum und dem privaten Jagdrevier dieser großen Béké-Chefs, die von den großen Sklavenhalter-Plantagenbesitzer des 18. und 19. Jahrhunderts abstammen. Das war unannehmbar. Dann versuchten sie, die Streikenden zu entmutigen, indem sie die Dinge sich in die Länge ziehen ließen.
Aber die Entschlossenheit der Streikenden war so groß und die Unterstützung der Bevölkerung so riesengroß, dass sie auf viele Punkte wirklich nachgeben mussten. Das Abkommen Jego wurde wieder aufgenommen aber die Bosse waren damit ein bisschen knauserig: sie gingen vom 1,6fachen Smic zu 1,4 und von einer Erhöhung von 6 % zu 4 % für die anderen über. Die Preise der Treibstoffe erfuhren eine neue Senkung, der Mietenstopp und die Annullierung der Erhöhung von Anfang Januar wurden wirksam, die Lehrer erhielten die Ernennung von 19 Kollegen auf die freien Posten sowie andere unterschiedlichen Forderungen. Da das Medef sich weigerte, die Vereinbarung über die Löhne zu unterschreiben, versprach die Regierung, ein Ausdehnungsverfahren der Vereinbarung, das alle Unternehmen des Privatsektors betreffen sollte. Aber die Arbeitenden, die keinem Wort der Regierung trauen, beschlossen, dass sie die Vereinbarung durch die Mobilisierung in allen Unternehmen, die Mitglied des Medef sind, selbst zur Anwendung bringen werden.
Was nach der offiziellen Aussetzung des Konflikts sogar eine neue Mobilisierungswelle mit sich brachte. Man erlebte noch einmal den „marschierender Streik“ in Aktion. Hunderte von Streikenden gingen von einem Einkaufszentrum zu anderem, von einem Hotel zu anderem, auf dem ganzen Industriegebiet von Jarry, um die Anwendung des Bino-Abkommens (ein Name, den das LKP zur Ehrung dieses während der Ereignisse ermordeten Gewerkschafters auf die Lohnvereinbarung schreiben ließ) durchzusetzen. Überall riefen die Arbeiter die Losung: „Wendet das Bino-Abkommen an“. Und heute hat sich die Vereinbarung tatsächlich verbreitet, auch wenn noch einige querköpfige Bosse zu überzeugen sind. Sogar die zu Hayot gehörenden Unternehmen haben sich dazu entschlossen und heute haben fast alle akzeptiert, ihn anzuwenden. Manche haben es gemacht, indem sie sagen, dass sie sich weigerten, die Einleitung der Vereinbarung zu unterschreiben, weil diese sie als die Erben der Sklavenhalter-Wirtschaft bezeichnete. Aber alle nahmen das Prinzip der 200 Euro an.
Dazu können wir noch zahlreiche andere Punkte nennen, wo sich die Dinge geändert haben oder dabei sind, sich zu ändern, insbesondere bei den Dienstleistungen, den Bankgebühren, die Art und Weise wie die Gebühren für die Wasserversorgung festgelegt werden, wo zahlreiche Missbräuche angeprangert wurden. Die prekär Beschäftigten haben mit den so genannten "subventionierten Verträgen" noch kein zufrieden stellendes Ergebnis was ihre Situation betrifft, aber sie sind nunmehr mobilisiert und entschlossen, ihre Situation zu verbessern. Die rund hundert Punkte der LKP-Plattform aufzuzählen, wäre zu lang. Aber in vielen Bereichen wurden Verbesserungen erkämpft. Die endgültige Liste der Waren, deren Preise gesenkt werden müssen, ist noch nicht veröffentlicht, aber auch da gehen die Verhandlungen zwischen der LKP-Abordnung und den Vertretern der Großhandelsketten weiter, unter dem Druck der noch immer in der Nähe der Verhandlungsorte anwesenden Demonstranten. Was sie erwarten, ist eine Preissenkung von 15 bis 20% auf einer Liste von 100 Artikeln des Grundbedarfs.
Insgesamt wurde also dieser Generalstreik ein sehr großer Erfolg der Werktätigen und der armen Bevölkerung. Dieser Erfolg wurde durch dem gestärkt, das auf Martinique geschah, wo der Generalstreik die großen Bosse (dieselben wie auf Guadeloupe!) und besonders ihre „béké“ Komponente, die so hochnäsig ist und die Arbeitenden so verachtet, auch zurückweichen ließ.
Trotz der Schwierigkeit der Bewegung, trotz der Länge dieses Streiks, ist das ein Erfolg, denn das, was die Streikenden in dieser Bewegung erhalten haben, ist allem unendlich überlegen, was sie in sektoralen oder isolierten Streiks hätten erhalten können. Aber außer der materiellen Forderungen, die sie durchgesetzt haben, hat es die große Bewegung, die sie gerade führten, ihnen erlaubt, sich der riesigen gemeinsamen Kraft, die sie vertreten, bewusst zu werden.
Von jetzt an wissen sie, dass sie alle gemeinsam stärker sind als jeder einzelne in seinem Betrieb oder in seinem Viertel. Das ist eine sehr wichtige Errungenschaft für die Zukunft. Die Erfahrung des Generalstreiks wird alle Arbeitenden und die einfache armen Bevölkerung von Guadeloupe tief prägen. Man kann sagen, dass die Methode erworben ist, sie gehört von jetzt an zur Erfahrung und wird in der Zukunft wiederholt werden. Die Arbeiter kennen sie und sagen es: Das war nur eine erste Schlacht, entweder weil die im Weltmaßstab laufende Krise sie zwingen wird, die Gehälter und die Preissenkung anzugleichen, oder weil die Bosse, die aggressiv und rachsüchtig sind, mit allen Mitteln versuchen werden, das rückgängig zu machen, was in diesem Generalstreik gewonnen wurde. Dann, in einem oder in anderem Moment, muss man wieder anpacken und man wird es besser machen müssen und somit die Irrtümer und die Unzulänglichkeit dieser ersten Bewegung korrigieren. Die Arbeiter können sich selbst kritisieren. Sie werden sehen können, wo die Schwächen waren und man kann sagen, dass der nächste Generalstreik auf einem anderen Niveau verlaufen wird, viel mehr erzielen und die Herrschaft des Unternehmertums über die Gesellschaft und seine Inbesitznahme der Wirtschaft stärker bestreiten wird.
Übersetzung: Lutte Ouvriere