Am 21. November findet in St. Gallen eine Demonstration gegen Rassismus und rechte Hetze statt. Wir machen uns ein paar Gedanken zu den politischen Konzepten der Organisatoren und möglichen Alternativen.
Das politische Klima in St.Gallen hebt sich vor allem durch seine lokale Borniertheit, Konservatismus und nur wenigen linken Gegenstrukturen von anderen Schweizer Städten ab. Es ist deshalb keine Selbstverständlichkeit, dass am 21. November eine Demonstration gegen Rassismus angesagt ist. Eine Nachricht, die in der Linken eigentlich für gute Stimmung sorgen sollte, handelt es sich doch um ein klares Zeichen, dass es Menschen in St.Gallen gibt, welche nicht bereit sind der rechten Mehrheitsstimmung einfach so das Feld zu räumen.
Leider wird diese Demonstration aber einen bestimmten bitteren Beigeschmack nicht los. Der Aufruf und die Organisation lassen skeptisch werden, in St.Gallen selbst erfährt man über Internetportale von der Demonstration. Wir wollen hier einerseits Kritik an dieser Demo äussern, andererseits aber auch eine generellere Kritik des Konzepts der Antifa aus kommunistischer Sicht formulieren.
Eine sonderbare Sache
Die OrganisatorInnen der Demonstration (wer genau zur Demo aufruft, bleibt im Dunkeln) schreiben in einem Mediencommunique auf der Internetseite www.antifa-demo.ch.vu, dass der Grund für die Demo die rassistische Türpolitik gewisser St.Galler Ausgehlokale sei. Als Präzedenzfall wird ein Vorfall geschildert, bei dem: „ein Jugendlicher aufgrund seines angeblich ausländischen Aussehens beim Versuch in ein Lokal zu gelangen brutal von den Türstehern zusammengeschlagen, so dass nur noch eine Notfalloperation verhindern konnte, dass ihm der Arm amputiert werden musste.“
Nicht nur, dass diese Information teilweise falsch ist – das Opfer war kein Jugendlicher, sondern ein 45 jähriger Mann –; dazu liegt der Vorfall auch schon fast ein Jahr zurück. Die Türpolitik des Besitzers, der selbst einen Migrationshintergrund hat, als Aufhänger für eine Antifa-Demo zu nehmen scheint etwas eigenartig, irgendwie erzwungen. Damit es klar ist, wir wollen die rassistischen St.Galler Lokalbesitzer und ihre Türsteher nicht in Schutz nehmen. Natürlich herrscht in vielen St.Galler Lokalen eine rassistische Türpolitik und natürlich sind die Besitzer oft rassistische Arschlöcher, aber das macht sie nicht zu Faschos. Wer hier einfach schnell mal Begriffe verdreht, zieht den Kürzeren, scheitert man so doch am Begreifen des Faschismus als gesellschaftliches Phänomen und wird auch nicht fähig sein eine angemessene Gegenstrategie aufbauen zu können.
Was also wollen die OrganisatorInnen der Demo am 21. bewirken? Geht es Ihnen um den Kampf gegen rassistische Türpolitik in St.Gallen? Daran ist zu zweifeln. Sicher ist, dass die DemoorganisatorInnen ein ehrliches Interesse haben, ihrer Wut gegen den zunehmenden Rechtsrutsch unserer Gesellschaft Ausdruck zu verleihen und gegen rechte Hetze und Kapitalismus zu kämpfen.
Aber die von Ihnen gewählte Form des Kampfes ist dazu schlicht nicht geeignet, fördert viel mehr eine Linke, welche abgekapselt von jeglichen Kämpfen isoliert ist und mehr subkulturellen als politischen Charakter besitzt. Genau dorthin ist die so genannte Antifa-Bewegung getrieben. Statt proletarischem Klassenkampf besteht das Konzept der Antifa aus einer kleinen Gruppe politischer AktivistInnen, welche sich als Stellvertreterin für eine richtige Bewegung inszeniert und einen „Kleinkrieg“ mit FaschistInnen führt. Politischer Kampf verkommt so trotz ehrlicher Motivation zu subkultureller Identitätsstiftung.
Die Demo am 21. November zeigt das sehr schön und klar. Von der Demo wissen in St.Gallen nur Szenekenner, wird diese bislang doch hauptsächlich im Internet beworben. In St.Gallen selbst scheint bisher kaum Mobilisierungsarbeit geleistet zu werden. Das sieht also sehr nach einem Fall von StellvertreterInnenpolitik aus: Nicht die Betroffenen selbst sollen gegen rassistische Türpolitik kämpfen, sondern die Auserwählten der Antifa. Auch hier müssen wir klarstellen, dass wir Solidarität sehr hoch schätzen. Es ist wichtig, dass sich die marginalisierte Linke in der Schweiz zusammen organisiert und aktiv wird.
Aber es ist etwas anderes Kämpfe zu unterstützen, als diese schlichtweg zu übernehmen! Ganz in diesem Sinne wurden bei der Mobilisierung natürlich weder die existierenden, antirassistischen Netzwerke in St.Gallen selbst, noch die direkt betroffenen MigrantInnenorganisationen einbezogen, von ArbeiterInnenorganisationen (wie den Gewerkschaften) ganz zu schweigen. Eine solche Aktion fördert nicht den gemeinsamen Kampf, sondern die Ausdünnung der Kräfte. Auch wird die Symbolwirkung äusserst bescheiden bleiben, wenn nicht sogar zusätzliche Abneigung der ArbeiterInnen gegenüber den revolutionären Kräften hervorgerufen wird!
Faschismus und wie wir ihn bekämpfen!
Für uns sind Faschismus und Rassismus zwei eng zusammenliegende Probleme, aber nicht identisch. Auch höchst „demokratische“ Staaten fördern und besitzen zum Beispiel ein enormes rassistisches Potential. Oftmals resultiert dieser Rassismus direkt aus der Stellung dieser Staaten am oberen Ende der imperialistischen Hackordnung, er muss aber kein Anzeichen von Faschismus sein. Faschismus hingegen ist eine Erscheinung des Kapitalismus in der Krise, in der die unteren Klassen so nicht mehr weitermachen wollen und die herrschende Klasse so nicht mehr weitermachen kann. Faschismus ist ein höchst komplexes Phänomen, und der Anspruch in diesem Rahmen eine vollständige Analyse zu geben wäre anmassend.
Wir wollen darauf hinweisen, dass Faschismus direkt dem Kapitalismus entspringt, aber oft nicht von der herrschenden Klasse direkt ins Leben gerufen wird. Natürlich ist die herrschende Klasse, wenn sie keinen anderen Weg mehr sieht ihre Macht zu erhalten, selten vor der Unterstützung faschistischer Kräfte zurückgeschreckt. Ist der Faschismus doch gerade ein politischer Rammbock, um die organisierte ArbeiterInnenklasse zu zerschlagen, denn er muss sich keinen demokratischen Heiligenschein aufsetzten.
Faschistische Kräfte stützen sich aber vor allem auf das Kleinbürgertum, also den EigentümerInnen kleiner Betriebe oder Selbstständige und auch höher gestellte Angestellte . auf Schichten, welche teilweise und besonders in Krisenzeiten zwar dem kapitalistischen Monopolismus feindlich gesinnt sind, aber selbst nach kapitalistischem Muster handeln. So sehen sie vor allem die internationalen Monopole und die organisierte ArbeiterInnenbewegung als Feinde und schaffen sich in der Nation ihr idyllisches Rückzugsgebiet, in dem die „Volksgemeinschaft“ den Kapitalismus in einer vernünftigen Balance hält. Praktisch ist diese Ideologie natürlich ein Irrglaube und bedeutet vor allem, dass dem nationalen Kapital die organisierten ArbeiterInnen aus dem Weg geschafft werden, so dass ungehindert ausgebeutet und Profite erhöht werden können.
Der Kampf gegen den Faschismus kann letztlich nicht von der Antifa übernommen werden. Denn Kampf gegen den Faschismus heisst in erster Linie Klassenkampf gegen das Kapital. Dafür muss auch die ArbeiterInnenklasse den Kampf führen, nicht für den demokratischen Kapitalismus, sondern für den Sozialismus. Das ist aber nicht möglich, wenn sich die Linke von eben dieser Klasse und den vom Faschismus besonders betroffenen Gruppen wie Schwule/Lesben, MigrantInnen etc. isoliert. Es ist viel mehr die Aufgabe der revolutionären Linken die ArbeiterInnenklasse für eben diesen Kampf zu sensibilisieren. Ansatzpunkte dafür können Komitees in den Betrieben, antirassistischen Organisationen migrantischer ArbeiterInnen oder antifaschistische Gruppierungen in den Gemeinden und an Schulen sein. Wichtig ist aber, dass alle Formen von eben diesen Organisationsformen, von den Kapitalismus und dem Faschismus objektiv feindlich gegenüberstehenden Klassen also der ArbeiterInnenklasse und ihren Verbündeten getragen werden. StellvertreterInnenpolitik, welche sich mit einer linken Subkultur zufrieden gibt und die ArbeiterInnenklasse in der Realität ausschliesst, wie die Demo am 21. November sind zwangsläufig Sackgassen, welche kaum Nutzen für den Kampf gegen Rassismus und Faschismus haben.