Am 29. Jänner ging der jährliche Ball des rechtsextremen Korporationsrings der deutschnationalen Burschenschaften über die Bühne. Während in der Wiener Hofburg gefeiert wurde, organisierte die Polizei auf der Straße eine Prügelorgie …
Rund 1000 – 1500 Rechtsextreme und Neonazis kommen alljährlich zum Ball des Wiener Korporationsrings (WKR), des Dachverbands der deutschnationalen Burschenschaften. Im historischen Ambiente der Wiener Hofburg tanzen bekannte Holocaust-Leugner ebenso wie die Granden der FPÖ, allen voran Parteichef Strache, selbst bekennender Burschenschafter. Zwei Drittel der BesucherInnen reisen aus Deutschland zu diesem wichtigen Vernetzungstreffen des akademischen Rechtsextremismus für den gesamten deutschen Sprachraum.
Diesen Tanz wollten bis zu tausend AntifaschistInnen den Rechtsextremen vermiesen. Doch die Staatsgewalt machte dem einen Strich durch die Rechnung. Im Vorfeld wurde die Demonstration wegen „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ untersagt. Das Demo-Bündnis hielt korrekterweise den Aufruf dennoch aufrecht. Was nun folgte, war für Wiener Verhältnisse eine neue Qualität. Bereits der sehr große Auftaktplatz beim Wiener Westbahnhof war mit Sperrgittern umstellt, wer zur Kundgebung wollte, begab sich somit selbst in einen Kessel. Die Demonstration wurde dann prompt am Losmarschieren gehindert – obwohl die Polizei am Tag zuvor noch gemeint hätte, dass sie die Demo eventuell gehen lassen würde.
Prügelorgien und Pefferspray
Was dann folgte, war stundenlange brutale Repression. Alle, die den Auftaktort wieder verlassen wollten (und nicht rechtzeitig rauskamen), mussten ihre Ausweise zeigen. Gegen Versuche, die Blockaden zu durchbrechen, gingen die Bullen mit Pfefferspray und Prügelorgien vor, sogar Wasserwerfer wurden aufgefahren (kamen aber nicht zum Einsatz). Es ist natürlich die Frage, ob Offensiv-Aktionen einzelner in dieser Situation taktisch klug waren, doch verantwortlich für die Repression ist selbstverständlich die Polizei, die eine angemeldete Demonstration gegen ein Rechtsextremen-Treffen untersagte.
Doch nicht einmal die große Zahl jener, die bereits im Kessel war, konnte an diesem Abend den Blutdurst der Polizei stillen. Zufällig vorbeikommende PassantInnen, teils mit Einkaufstaschen, wurden über Stunden nicht aus dem Kessel gelassen. Die Polizei prügelte auch in Gruppen von Menschen, die solidarisch außerhalb des Kessels standen, manche wurden mit völlig absurden Vorwürfen, etwa Besitz von Molotow-Cocktails, festgenommen.
Gegen 22h formierte sich dann am zentralen Wiener Schwedenplatz eine Solidaritätsdemonstration von ca. 150 AntifaschistInnen, diese wurde nach einiger Zeit zerschlagen, einzelne Gruppen wurden gejagt, DemonstrantInnen mit Schlagstöcken brutal zusammengeschlagen.
Sag mir, wo Du stehst
Die Polizei selbst war an diesem Tag übrigens gut versorgt. Nicht nur die FPÖ-Polizeigewerkschaft AUF, sondern auch die Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen besorgte das Catering der Prügelbullen. Aber auch darüber hinaus trägt die Sozialdemokratie die Verantwortung für diesen Einsatz. Die Stadt Wien wird seit 1918 mit Ausnahme der Jahre des Austro- und Nazi-Faschismus durchgehend von der SPÖ regiert, dementsprechend ist das Offizierscorps der Polizei zusammengesetzt. Antifaschistische Sonntags-Reden sind gut und schön, doch offensichtlich gelten diese Sonntags-Reden für Demonstrationen an Freitagen nicht.
Und die Gesamt-Bilanz des Tages? 673 Anzeigen, zahlreiche verletzte AntifaschistInnen, teils mit Knochenbrüchen … und Nazis, die ungestört in der Hofburg tanzen konnten. Gewidmet von der Wiener Polizei und ihren Masterminds im Rathaus und im Innenministerium.
Die Vorfälle von letztem Freitag zeigen vor allem eines: Der Staat, dessen RepräsentantInnen hin und wieder antifaschistisch tönen, ist der gleiche, der brutal Repression gegen AntifaschistInnen durchsetzt. Es ist der gleiche Staat, der die Grenzen der Festung Europa schließt. Und es ist der gleiche Staat, der jährlich tausende abschiebt. Hier kann es kein Vertrauen geben. Der Kampf gegen Faschismus wird nicht vom Staat geführt – diesen Kampf werden wir selbst führen müssen.