…über soziale Unterdrückung in der Schule
Unser Alltag ist von den verschiedensten Formen von Unterdrückung gekennzeichnet. Neben der Unterdrückung am Arbeitsplatz bzw. auf dem Arbeitsmarkt spielen in unserer Gesellschaft vor allem zwei Varianten dergleichen eine zentrale Rolle: Die Spaltung der Menschen nach Hautfarbe und Herkunft sowie die Teilung und Einordnung nach Geschlecht – also Rassismus und Sexismus. Wir wollen in diesem Beitrag unser Augenmerk auf die Schule legen, nicht zuletzt deshalb, weil die Schule im bürgerlichen Staat eine wesentliche Rolle bei der Vermittlung der herrschenden Ideologien an junge Menschen spielt. Die AutorInnen haben dabei auch eigene Erfahrungen in die Artikel eingearbeitet.
Sexismus
Mädchen sind ehrgeizig, duldsam und haben von Mathe keine Ahnung! Dieses Bild der jungen Frau spiegelt sich nach wie vor tagtäglich im Schulunterricht durch das Verhalten der LehrerInnen und SchülerInnen wider. Ein Beispiel dafür, dass die gesellschaftlich dominante Rolle des männlichen Geschlechts schon in der Schule produziert und reproduziert wird ist, dass Jungen im Unterricht durchschnittlich häufiger drangenommen werden als Mädchen. Das liegt zum einen Teil daran, dass Mädchen oftmals stereotyp unterstellt wird, nichts von Naturwissenschaften zu verstehen und es deswegen produktiver für den Unterricht sei, Jungen dranzunehmen, zum anderen Teil aber auch daran, dass Jungen aufgrund ihrer Sozialisation tendenziell zu "aggressiveren" Meldeverhalten neigen. So kommen Schüler, die mit Reinrufen oder „Ich“-Rufen auf sich aufmerksam machen, wesentlich häufiger zu Wort, wodurch auch die dominante männliche Rolle stets reproduziert wird. Auch Selbstvertrauen entsteht somit wesentlich schneller bei Jungen. Mädchen hingegen werden weit weniger darauf gedrillt, sich in einem ständigen offenen Durchsetzungs- und Konkurrenzkampf zu behaupten.
Die sexistische Gesellschaftsordnung spiegelt sich auch auf LehrerInnenseite stark wider: Die meisten GrundschullehrInnen sind weiblich und verdienen deutlich weniger als Ober-und Hochschullehrer. Zudem gibt es viel weniger Schulleiterinnen. So fühlen sich Jungen in ihrer Rolle des „überlegenen Geschlechts“ durch ihre Umgebung bestätigt und Mädchen lernen schon von Anfang an (auf der Grundschule ausgerechnet von meist weiblichen Vorbildern), sich zurückzunehmen und, dass Jungen mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Immer wieder finden diese Rollenbilder Ausdruck in Sprüchen wie „Chemie braucht ne’ Frau doch nur zum Kochen und Waschen". Aber auch ganz unbewusste Sachen wie „Können mir mal zwei starke Jungs beim Bücher tragen helfen“ sind zwar praktisch für Schülerinnen, aber eigentlich sollte mensch sich fragen, warum Schülerinnen nicht stark genug zum Bücher tragen sind.
Außerdem wird der Misserfolg von Mädchen häufig durch Inkompetenz entschuldigt, Erfolg auf Fleiß und Ordnung reduziert, wohingegen bei Jungs schlechte Ergebnisse auf Unmotivation und Erfolge auf Intelligenz zurückgeführt werden. Das schwächt natürlich das Selbstvertrauen der Schülerinnen, vor allem in angeblich „jungs-typischen“ Fächern. So wählen zum Beispiel zweimal mehr Jungen als Mädchen den Leistungskurs Mathe. Umgekehrt sind Jungen in kulturwissenschaftlichen Fächern wie Deutsch oder Kunst häufig in der absoluten Minderheit.
Trotz alldem schaffen Schülerinnen durchschnittlich höhere Abschlüsse mit besseren Noten. Das liegt wohl oftmals auch daran, dass die angeblich "weibliche Ordnung" von vielen Schülerinnen genauso wie andere "typische" Merkmale übernommen wird. Dabei ist diese Anpassung an Stereotypen keineswegs freiwillig, sondern wird Schülerinnen und auch Schülern aufgezwungen. Nicht selten werden SchülerInnen, die sich gesellschaftlichen Bildern nicht beugen wollen, ausgegrenzt, wodurch der Anpassungsdruck extrem groß wird. Die Prägung in der Schule setzt sich dann auch an der Uni weiter durch, wo meist "frauen-typische" Studiengänge besucht werden.
Auch wenn uns klar ist, dass der Sexismus in einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz beruht, niemals überwunden werden kann, ist es wichtig schon jetzt aktiv gegen jede Art von Sexismus zu kämpfen. Themen wie Gleichberechtigung und Geschlechterverhältnisse müssen in den Unterricht mit einbezogen werden. Da dies von den wenigsten LehrerInnen zu erwarten ist, ist es wichtig, dass solche Diskussionen von den SchülerInnen eingefordert werden. Vorstellungen, was typisch weiblich/typisch männlich ist, müssen genauso wie die patriarchalen Traditionen diskutiert und aktiv bekämpft werden um ein neues Bewusstsein zu schaffen.
Obwohl hier das Augenmerk auf die Schule gerichtet wurde, muss uns immer klar sein, dass Sexismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, welches nicht zu trennen ist von dem Kampf aller Unterdrückten gegen das herrschende System. iese Gewissheit im Hinterkopf, muss jede Art von Sexismus in der Schule genauso wie auf allen anderen Ebenen der Gesellschaft entschlossen bekämpft werden!
Rassismus in der Schule
Rassistische Übergriffe an Schulen sind schon lange keine Seltenheit mehr, immer wieder kommt es auf Grund anderer Hautfarbe und Aussehens zu Angriffen. Wesentlich häufiger als direkte Angriffe allerdings stellt rassistische Ausgrenzung ein zentrales Problem für migrantische Jugendliche dar.
Heutzutage sehen viele Jugendliche Menschen mit Migrationshintergrund als potenziell gefährlich an, da sie ihnen "die Jobs wegnehmen würden" und "unsere Steuern verschwenden würden". Diese Argumente sind nur einige von vielen, welche soziale Not und Hoffnungslosigkeit in rassitische Ressentiments kanalisieren. Die Verhältnisse in der Schule sind also wie so oft Spiegelbild einer rassistischen Gesellschaft.
Dabei ist das Bildungssystem z.B. in der BRD schon struktuell rassistisch angelegt. Junge Menschen mit Migrationshintergrund, die mit "mangelnden Deutschkenntnissen" in ihre Schulekarriere starten, haben kaum Chancen auf einen guten Abschluss. Vielmehr ist es der Fall, dass solchen SchülerInnen schon sehr früh klar gemacht wird, dass sie es nur auf die Hauptschule schaffen werden. Das liegt auch daran, dass migrantische Familien in unserer Gesellschaft viel häufiger soziales Elend und miese Arbeitsbedingungen erleben. So werden im Kapitalismus teilweise auch die Migrationsströme von den Interessen des Kapitals gesteuert und z.B. ganz bewusst Arbeitskräfte in Land geholt, die als LohndrückerInnen fungieren sollen.
Das wirkt sich natürlich auch auf die Kinder aus, deren Eltern oftmals keine Energie und teilweise auch gar nicht den Bildungsstand haben, ihre Kinder in der Schule zu unterstützen. Die Hauptschulen weisen daher meistens einen höheren Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund auf als andere Schulen wie Gymnasien oder Realschulen. Die Selektion der SchülerInnen nach der 4. oder 6. Klasse zementiert also schon in frühen Jahren für viele Menschen die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit.
Verstärkt werden diese rassistischen Strukturen zudem noch durch Kosten und Gebühren im Bildungssystem. Eltern aus "unteren" sozialen Schichten mit wenig Einkommen werden im deutschen Bildungssystem sehr schnell mit Kosten und Gebühren konfrontiert. Büchergeld, Kosten für Klassenfahrten und Ausflüge, Nachhilfe, Studiengebühren, etc. sind nur eine kleine Auswahl von finanziellen Belastungen, die auf die Eltern zukommen. So verwundert es nicht, dass die Bildungschancen immer stärker vom Einkommen der Eltern abhängen. Da viele MigrantInnen gerade aufgrund von schlechten Lebensbedingungen in ihrem Herkunftsland ihr Glück in westlichen Staaten versuchen, ist es nur logisch, dass es SchülerInnen mit Migrationshintergrund in der Schule tendenziell schwerer haben. Auch deswegen ist es für viele Menschen extrem schwer aus dem Teufelskreis "Armut – schlechte Bildungschancen – schlechte Berufschancen – Armut – …." auszubrechen.
In diesem Zusammenhang spielt natürlich auch die Notenvergabe eine wichtige Rolle. Dabei geht es jedoch nicht nur um rassistische Denkstrukturen bei LeherInnen, sondern um die Notenvergabe an sich. Denn die subjektiven Entscheidungen der Lehrkräfte hängen oft von ersten Eindrücken ab. Als Ergebnis haben es Menschen, die der deutschen Sprache in jungen Jahren nur teilweise oder gar nicht mächtig sind, schwerer gute Noten zu bekommen – und das viele Jahre lang.
Fight for your rights!
Den Kampf gegen Unterdrückung gibt es schon so lange, wie es Unterdrückung gibt. Auch heute noch gibt es mehr als genug Gründe, aktiv zu werden und für Freiheit und Gleichheit zu kämpfen. Dabei müssen wir es schaffen, die Kämpfe gegen die verschiedensten Formen von Unterdrückung zu einen und ihnen eine gemeinsame Perspektive zu geben. Für eine Perspektive, die ein Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Rollenbilder und Stereotypen für alle Menschen ermöglicht!