Beim letzten Bildungsstreik wurden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und ganz Europa Universitäten besetzt. Aber auch SchülerInnen besetzten Schulen, um gegen die desolate Situation dort zu protestieren. Unser Genosse, der bei der Besetzung der Albert Einstein Oberschule dabei war, berichtet hier über seine Erlebnisse.
700 SchülerInnen, die sich in der Aula versammeln und begeistert einen Protestbrief beschließen, in dem sie die Bildungspolitik des Berliner Senats kritisieren – und das Ganze während der Regelschulzeit? Wie konnte es dazu kommen?
Die Antwort lautet Schulbesetzung! Die SchülerInnen der AEO haben es gewagt aus dem Schulalltag auszubrechen, um ihrem Unmut über die Situation der Lernenden und Lehrenden Ausdruck zu verleihen.
Vom 17. November 2009 bis zum 19. November machten die SchülerInnen dabei die Erfahrung, was es bedeutet sich selbst zu organisieren und sich mit staatlichen „Autoritäten“ auseinanderzusetzen.
Demokratie & Vernetzung
Am ersten Tag wurden – zu Beginn etwas unkoordiniert – Diskussionsrunden zu Themen wie Mitbestimmung in der Schule und lokalen Problemzonen wie unzumutbaren Zuständen in den Klos und dem Fehlen einer Cafeteria veranstaltet. Nachfolgend entwickelten sich aus der aufflammenden Unzufriedenheit konkrete Forderungen der BesetzerInnen.
Dabei wurden alle wichtigen Entscheidungen demokratisch im offenen Plenum abgestimmt. Die Ausarbeitung von Workshops für den letzten Tag der Besetzung wurde aus Gründen der Praktikabilität jedoch größtenteils dezentral durchgeführt.
Auch beim Ausformulieren der Forderungen konnten logischerweise nicht alle Protestierenden zu gleichen Teilen beteiligt werden.
Während der Besetzung wurde den SchülerInnen durchaus bewusst, dass sie nur eine Chance hätten,wenn sie sich mit dem Protest an anderen Schulen und Universitäten vernetzen würden.
Zu diesem Zweck wurde zum Beispiel ein Meinungsaustausch mit der benachbarten Fritz-Karsen-Oberschule forciert.
Solidarität & Repression
Das größtenteils sehr solidarische Lehrerkollegium vereinfachte den Umgang mit Repressionen, hervorgerufen durch die Bestreikung des Unterrichts.
Vielfach wurden die BesetzerInnen in ihrem Tun ermuntert und es kam auch in Ansätzen zu einem wechselseitigen Austausch über die Bildungssituation zwischen LehrerInnen und SchülerInnen.
Trotzdem sahen sich die BesetzerInnen mit schulischer Repression in Form von unentschuldigtem Fehlen und un-angekündigten Leistungskontrollen konfrontiert.
Perspektiven
Der Berliner Senat hat die desolate Bildungssituation in Berlin natürlich nicht verbessert. Dennoch sollte uns die Besetzung der Albert Einstein Oberschule positiv im Gedächtnis bleiben. Denn sie zeigt, dass wir am besten Bescheid wissen, wo die Probleme im Bildungssystem liegen. Wir können unser Leben und unsere Bildung selbst gestalten, wenn wir nicht auf Zugeständnisse der Herrschenden warten, sondern selbst aktiv werden.
Dazu dürfen wir jedoch nicht allein bleiben. Auch das zeigt die Besetzung: Ein erfolgreicher Kampf für unsere Interessen kann nicht isoliert geführt werden. Genauso wie SchülerInnen einer Schule sich allein nicht durchsetzen können, so können wir nicht nur die katastrophale Bildungssituation bekämpfen.
Denn genauso wie wir sind auch ArbeiterInnen von der Kürzungspolitik betroffen, wie der neue Haushaltsplan der Regierung zeigt, der massive Kürzungen in vielen Bereichen vorsieht.
Wir haben gemeinsame Interessen und sollten auch gemeinsam kämpfen. Der Bildungsstreik muss ein Generalstreik werden, nur dann steckt der notwendige Druck hinter unseren Protesten. Widerstand heißt Klassenkampf!