Gedenkfahrt nach Buchenwald

Anfang Dezember besuchten GenossInnen der RSO das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald (1937-1945), welches seit 1958 zur größten deutschen KZ-Gedenkstätte ausgebaut wurde. Hier ein Bericht von der Exkursion, den neu gewonnenen Informationen und unseren Eindrücken.

Aufbau des Lagers

Vor unserem Rundgang zeigte unser Gedenkstättenführer uns ein Modell des gesamten KZs. Grob gesagt, setzte sich das Lager aus dem Gelände des Wilhelm-Gustloff-Werks (Gewehrfabrik), dem Häftlingslager, dem Bereich der SS (es existieren noch ehemalige Kasernen der SS-Leute), einer Isolierbaracke für prominente Häftlinge (Sonderlager Fichtenhain) und dem Steinbruch zusammen.

Im Häftlingslager existierte ein extra abgesperrter Bereich, das „Kleine Lager“, in welches zur Zwangsarbeit Gezwungene bis zu ihrer Auslieferung in die Außenlager gesperrt wurden. Nach den Massenankünften von Häftlingen bekam das Kleine Lager den Ruf eines besonders elenden Sterbeortes. Die Baracken im Häftingslager wurden mit Häftlingsgruppen belegt, die „unter sich bleiben“ mussten, wobei nach Kriterien wie politisch, jüdisch, homosexuell etc. separiert wurde. Hinter dem Kleinen Lager befand sich das Lager-Bordell, in dem die einzigen Frauen des Lagers, das eigentlich ein reines Männer-Lager war,  zur Prostitution gezwungen wurden.

über die Rolle der Kommunisten in Buchenwald

Ein besonderer Schwerpunkt unserer Führung war die Geschichte des Widerstands, insbesondere die Rolle der Kommunisten im Lager. Schrittweise konnte, wie in vielen anderen KZ, die Häftlingsselbstverwaltung von KP-Kadern übernommen werden, die anfänglich meist kriminelle Häftlinge innehatten. Das führte meist zu einer spürbaren Verbesserung der Situation für die Häftlinge. Gleichzeitig billigte auch die Nazi-Lagerleitung der Häftlingsselbstverwaltung eine wichtige Rolle zu und gerade die Kommunisten waren hier wertvoll, da sie durch ihre politische Tätigkeit Erfahrung in der Organisation von Menschen, Infrastruktur, … hatten.

Es wurde versucht eine internationale Zusammensetzung der verschiedenen Funktionshäftlingsstellen zu erreichen, um den allgemeinen Zusammenhalt zu stärken. Durch diese Aktivitäten und die Positionen der „roten Kapos“  entstand ein richtiges (Kommunikations-) Netz der Organisation im Lager, verbunden mit der illegalen Lagerleitung.

Durch diese Verwaltungs-/Kontrollaufgaben wurden für die so genannten „roten Kapos“ auch darüber hinaus gewisse Handlungsmöglichkeiten geschaffen. So konnten zum Beispiel bekannte Gleichgesinnte gezielt in bestimmte Bereiche geschleust werden oder Namen von Häftlingen, die getötet werden sollten, mit Namen von bereits Ermordeten ausgetauscht werden, um diese zu retten.

Allerdings ist die Rolle der „roten Kapos“ nicht unumstritten. So gibt es etwa eine Reihe von Berichten, wo die KP ihre Positionen verwendete, um gezielt politische Gegner, etwa Linksoppositionelle und TrotzkistInnen auf Todestransporte zu schicken oder auf Todeslisten zu setzen.

Und natürlich bedeutete die Position in der Selbstverwaltung für die einzelnen KP-Häftlinge auch ganz persönlich einen gewissen Schutz vor Repression, Folter und Tod. Somit waren diese auch daran interessiert, sich ihren SS-Herren gegenüber bis zu einem gewissen Grad wohlzuverhalten. Die Kommunisten waren als Funktionshäftlinge auch von der SS bevorzugt, mit dem Hintergedanken, dass diese leichter zu kontrollieren seien als die Kriminellen Gefangenen. Zum Beispiel wurden bestimmten Gefangenen Besuche in den oben erwähnten Bordellen gewährt. Dies wurde in den stundenlangen täglichen Appellen auch öffentlich bekannt gegeben, und es blieb den Häftlingen selbst überlassen, ob sie den Bordellbesuch wahrnehmen oder nicht. Zwar gab es Häftlinge, die sich verweigerten – viele nahmen das Angebot allerdings an.

Rundgang

Bei unserem Rundgang durch das ehemalige Lager besuchten wir auch das Gebäude der pathologischen Abteilung, in dem den Leichen die Goldzähne rausgebrochen wurden und ähnliches; außerdem sahen wir den Verbrennungsraum mit seinen Öfen und den Pferdestall, in dem sich die Genickschussanlage befand, in der vor allem sowjetische Kriegsgefangene ermordet wurden. Am Ende besuchten wir die vom Anfang bis zur Befreiung Buchenwalds dokumentierende Fotoausstellung, in der zum Beispiel zu sehen ist, wie die US-Soldaten nach der Befreiung das KZ besichtigten und außerdem auch Weimarer BürgerInnen dazu zwangen. 

Im Zuge dessen: nach der Befreiung wurde das Lager Buchenwald vom sowjetischen Sicherheitsdienst als sowjetisches Speziallager Nr.2 bis 1950 übernommen und als Gefängnis benützt. Inhaftiert waren NSDAP-Funktionäre, SS-Angehörige, Hauptbeschuldigte der Nazi-Verbrechen, aber auch sieben Gefangene aus dem vormaligen KZ. Auch andere Insassen des KZ wurden vom Stalinismus verurteilt und in Arbeitslager in die Sowjetunion geschickt. Dabei wurde ihnen vor allem die Arbeit als Kapos zum Vorwurf gemacht.

Rechte Angriffe auf die Gedenkstätte?

Iin Zusammenhang mit der von Neonazis angezündeten Baracke im KZ-Sachsenhausen bei Berlin stellten wir die Frage, ob es rechte Angriffe auf Buchenwald gegeben hätte. Unser Begleiter berichtete, dass das derzeit größte Problem nicht offensichtliche Rechte seien, die zur Gedenkstätte kommen; sondern eher unauffällige Personengruppen, die Fotos von sich vor (z.B.) dem Krematorium machen, um sie später zusammen mit rassistischen Kommentaren ins Internet zu stellen!

Abschließend können wir sagen, dass die Exkursion (trotz Kälte) sehr gelungen war! Wir alle konnten neue Eindrücke, vor allen Dingen über die Alltagsstrukturen, die sich damals trotz allem entwickelten, gewinnen. Es lohnt sich, die Gedenkstätte zu besuchen, vor allem wenn man sich viel Zeit nimmt. Die Idee einer solchen Exkursion hat sich bewährt und wir wollen versuchen, diese Idee weiterzuführen und des Öfteren umzusetzen.Und ansonsten: Kampf dem Faschismus, hier und überall!