Immer mehr Unternehmen versuchen durch innerbetriebliche Kürzungen Krisentendenzen entgegenzuwirken und Profite zu steigern. Massenentlassungen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sind auch in Deutschland die Folge. Die arbeitende Bevölkerung muss einmal mehr unter dem mörderischen Profitwahn des kapitalistischen Systems leiden. Verteidigt wird sie dabei nominell durch die Gewerkschaften, den traditionellen Kampforganen der ArbeiterInnenklasse – wir wollen uns beispielhaft einige Entwicklungen in Deutschland anschauen.
In den letzten Monaten überschlugen sich die Meldungen um Arbeitsplatzabbau und die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen in der deutschen Industrie.
Eon kündigte den Abbau von weltweit 11.000 Stellen, 6.500 davon in Deutschland, an. Nokia Siemens Networks spricht davon 17.000 ArbeiterInnen vor die Tür zu setzen, auch da wieder mehrere Tausend allein in Deutschland.
Ein besonders prägnantes Beispiel wie solche Kürzungen gegen den Willen der Belegschaften durchgezogen werden, zeigt sich beim Druckmaschinenhersteller Manroland.
Insolvenz bei Manroland – Verarschung der ArbeiterInnen in zwei Akten
An den drei deutschen Standorten Offenbach, Augsburg und Plauen wurden bereits in den letzten Jahren 2.500 von anfangs 9.000 Stellen gestrichen, auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurden schrittweise weggekürzt. Die Gewerkschaft IG Metall nannte die Maßnahmen notwendig um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten und die drei Standorte überhaupt erhalten zu können – trug diese Kürzungen also mit!
Gleichzeitig stiegen aber die Vorstandsgehälter enorm – Vorstandschef Gerd Finkbeiner bekam bereits 2007 ein Jahresgehalt von 1,2 Millionen Euro.
Wie viel man auf das Wort der IG Metall geben kann zeigt sich nun deutlich.
Nachdem Manroland Ende November Insolvenz angemeldet hatte, arbeitete die IG Metall effektiv mit der Konzernleitung daran, die profitabelsten Sparten für eine Übernahme vorzubereiten und den Rest wegfallen zu lassen. Dabei wurde der Protest von der Basis der Belegschaft bei Manroland durch die IG Metall gezielt erstickt, indem sie angemeldete Protestkundgebungen kurzerhand wieder absagte und bei Mini-Protesten darauf achtete, dass diese örtlich und zeitlich voneinander getrennt stattfanden.
Am 18.Januar stimmte die IG Metall im Gläubigerausschuss dann für die Zerschlagung des Unternehmens. So konnte nicht verhindert werden, dass fast die Hälfte von den 6.500 Arbeitsplätzen gestrichen wurden.
Die Restbelegschaften werden von Possehl & Co übernommen, aber auch sie müssen schmerzliche Lohneinbußen und schlechtere Arbeitsbedingungen hinnehmen.
"For you, Vor Ort"
Seit Wochen schlägt einem das Thema der Schlecker – Insolvenz in den Medien entgegen
Was ist da los bei den reichen Schleckers? Mit dem Slogan "For You, Vor Ort" versuchte man bei Schlecker das ramponierte Image aufzupolieren um im Konkurrenzkampf mit Rossman und DM nicht den Kürzeren zu ziehen.
1998 wurden Anton Schlecker und seine Frau wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von einer Million verurteilt, weil sie MitarbeiterInnen unter dem geltenden Tarifvertrag bezahlt hatten. Seitdem hat das Unternehmen den Ruf, es würde seine Mitarbeiter schikanieren. Carola Stüwert sagt: "Das gab es auch"[…] Abmahnungen, weil man angeblich einen Kunden nicht gegrüßt oder die Anzeigenblätter nicht ausgelegt hat".
Während der Proteste gegen die herrschenden Arbeitsbedingungen wurden dann 1998 auch die ersten Betriebsräte gegründet und die MitarbeiterInnen wurden stärker zusammengeschweißt.
Seitdem hat es die Gewerkschaft Ver.di geschafft den Organisierungsgrad unter den Beschäftigten auf 40 % zu heben, üblich bei Discountern sind 10%-15%.
Außerdem wurden 190 Betriebsräte und ein Tarifvertrag durch die Belegschaft erkämpft.
Konsequenzen für die ArbeiterInnen
Doch jetzt sollen die Hälfte aller Filialen und 12.000 Arbeitsstellen gestrichen werden, weil man die Restrukturierung zu spät in die Wege geleitet habe.
Konkret heißt das, ein Unternehmen macht jahrelang satte Profite durch ihre MitarbeiterInnen, von denen die Familie Schlecker sich ein luxuriöses Leben leisten konnte; stimmen die Zahlen dann mal nicht, aus welchen Gründen auch immer, müssen die MitarbeiterInnen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes dafür büßen.
Dass man sich das nicht einfach gefallen lassen will und dagegen protestiert finden wir absolut richtig.
Welche Perspektiven für die Beschäftigten?
Der Ruf der Gewerkschaft Ver.di nach einer Transfergesellschaft ist wieder einmal der Versuch diesen Unmut in kontrollierte Bahnen zu lenken.
Für die Beschäftigten bedeutet die Transfergesellschaft nämlich, dass die erkämpften Errungenschaften, wie der Tarifvertrag und auch die hohe Anzahl an Betriebsräten erst einmal futsch sind.
Bei den anderen Discountern setzt man vermehrt auf Mini-Jobber und Teilzeitangestellte um flexibel zu bleiben, wie sie selber sagen. Für die ArbeiterrInnen bleibt nur die Wahl zwischen einem solchen unsicheren bzw. niedrigbezahlten Job oder einer Umschulung – was für viele der über 40-jährigen Angestellten eine unrealistische Perspektive ist.
Ver.di will durch die Transfergesellschaft den Kontakt zu den Leuten aufrechterhalten um zu erreichen, dass diese weiterhin bei der Gewerkschaft organisiert bleiben.
Doch einen wirklichen Kampf um die Arbeitsplätze zu führen. fällt der bürokratischen Gewerkschaftsspitze um den für Schlecker-Zuständigen Achim Neumann nicht ein – das müssen wir selber machen!