Die Herbstlohnrunde schlägt dieses Jahr schon im Frühjahr hohe Wellen. Die Arbeitgeberseite möchte die gemeinsame Kollektivvertragsverhandlung der Metallbranche aufkündigen. Welche Pläne stecken dahinter und was bedeutet das für die ArbeiterInnenklasse?
Seit Jahrzehnten wird der Kollektivvertrag „Metallindustrie und Bergbau“ durch eine Verhandlungsgemeinschaft aus sechs Fachverbänden verhandelt. Die Gewerkschaften Pro.Ge (Produktion/Metall) und GPA.djp (Privatangestellte/Druck) verhandeln gemeinsam für 180.000 Beschäftigte aus den Bereichen „Bergwerke und Stahl“, „Gießereiindustrie“, „Nichteisen-Metallindustrie“, „Maschinen- und Metallwaren“, „Fahrzeugindustrie“ und „Gas und Wärme“.
Im Sinne der Sozialpartnerschaft war das für die UnternehmerInnen und die Gewerkschaften jahrzehntelang eine Routine, mit der beide Seiten zufrieden waren. Aber schon seit einigen Jahren deutet sich eine Aufkündigung der Sozialpartnerschaft von oben an. Nachdem im letzten Herbst bei den Verhandlungen gestreikt wurde und ein im Vergleich zu den letzten Jahren hoher Abschluss erreicht wurde, wollen einige Fachverbände jetzt aus der Verhandlungsgemeinschaft aussteigen. Darunter ist auch der Fachverband der Maschinen- und Metallwarenindustrie mit alleine 120.000 Beschäftigten.
Warum wollen die Unternehmen das?
Statt der starken Verhandlungsgemeinschaft wollen die UnternehmerInnen in den einzelnen Fachverbänden die Kollektivverträge verhandeln. Dadurch können sie spezieller auf die Interessen ihrer Branche eingehen und haben mit weniger Gegenwehr zu rechnen. Drei der Fachverbände beschäftigen nur ca. 6.000 KollegInnen. Somit wären die Verhandlungen dort schon fast auf der Ebene der einzelnen Betriebe angelangt. Auch wäre die Aufspaltung in Bundesländer-KVs möglich. Unternehmer könnten somit viel leichter auf eine schwache wirtschaftliche Lage im Betrieb hinweisen oder Druck durch die Drohung mit Kündigungen aufbauen, als in einer gemeinsamen Verhandlung. Gleichzeitig müssen sie nicht mit dem Widerstand einer ganzen, fast 200.000 KollegInnen umfassenden, Branche rechnen.
Die Fachverbände sind allerdings in dieser Frage selbst zerstritten und verwirrt. Etliche UnternehmerInnen sind weiterhin mit der klassischen sozialpartnerschaftlichen Routine zufrieden und finden darin auch Vorteile. Durch die Kollektivvertrags-Gemeinschaft sind Löhne und Lohnerhöhungen kalkulierbarer und kein Wettbewerbsfaktor. Für Teile der KapitalistInnen ist eine gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auch wichtig, um die Kontrollfunktion der Gewerkschaften über die ArbeiterInnen nutzen zu können. Andere KapitalistInnen wollen lieber die Verhandlung spalten, um ihre Interessen besser durchsetzen zu können.
Was bedeutet das für die ArbeiterInnen?
Der „Metaller-KV“ gilt in Österreich als eine Art Leitkollektivvertrag. Er wird als erster verhandelt uns ist Vorbild für die Verhandlungen in den anderen Branchen. Ein hoher Abschluss ist somit für die gesamte ArbeiterInnenklasse wichtig und richtungsweisend für alle anderen Lohnverhandlungen. Durch die Zersplitterung der Verhandlungen wird somit die Kampfkraft bei den KV-Verhandlungen insgesamt geschwächt, die Gewerkschaftsbewegung gespalten und der Solidaritätsgedanke untergraben.
Die so entstehende schwächere Verhandlungsposition der Gewerkschaften würde grobe Verschlechterungen für die ArbeiterInnen in kurzer Zeit möglich machen, wenn kein ausreichender Widerstand entgegengesetzt wird. Immerhin sind Leistungen wie Urlaubsgeld und Lehrlingsentschädigung sowie Lohnsteigerungen, Arbeitszeitregelungen, und Urlaubsanspruch nicht gesetzlich geregelt sondern nur im Kollektivvertrag festgelegt und somit leicht veränderbar.
Gegen die Sozialpartnerschaft streiken!
Die Gewerkschaft ist derzeit in dieser Frage sehr aktiv. Es geht natürlich einerseits um den wichtigen Metaller-KV. Es muss allerdings auch bemerkt werden, dass der KV der Metallindustrie, indem er die Gewerkschaft stärkt, auch die Jobs und Funktionen in der Bürokratie sichert. Die Gewerkschaft kämpft derzeit also auch um Eigeninteressen, um ihren Apparat zu sichern. Es gibt skeptische Stimmen aus den Betrieben, die diesen Kampf nicht als ihren Kampf sehen.
Ein Kampf für die Erhaltung der Sozialpartnerschaft wäre tatsächlich absurd. Weit wichtiger wäre, wenn aus den Betrieben eigene Forderungen in die Lohnrunde eingebracht werden. Der Arbeitskampf sollte somit auch mit dem Kampf für kämpferische und demokratische Gewerkschaft verbunden werden. Diskussionen über den gemeinsamen KV müssten mit Diskussionen über die Struktur der Gewerkschaft, die politische Ausrichtung und den Forderungen der ArbeiterInnen verknüpft werden. Wichtig wäre dafür Vernetzung an der betrieblichen Basis, denn nur kritische und kämpferische Belegschaften können den Gewerkschaftsapparat von unten unter Druck setzen.
Die Gewerkschaften werden den Fokus auf den gemeinsamen Kollektivvertrag legen. Es gibt die Gefahr, dass sie die Forderungen der ArbeiterInnen verraten, wenn sie dieses Ziel erreichen und sich wieder zur gelebten österreichischen Sozialpartnerschaft aus Packelei und Freunderlwirtschaft zurückziehen. Doch der Kampf im Herbst ist wichtig und es geht um viel. Darauf sollten sich die KollegInnen in den Metall-Buden vorbereiten.