Der Milliardär Frank Stronach mischt Österreichs Politik auf. Er ist angeblich gegen Establishment und Korruption und erhebt den Anspruch, seine Partei auf Lebzeiten „alleine nach außen“ zu vertreten. Wir beleuchten Österreichs neue One-Man-Show.
Stronach verfügt sogar bereits über Abgeordnete im Nationalrat – ohne Wahl. Die Anerkennung als Klub wird trotz einiger formaler Bedenken folgen. Die politischen Deserteure aus SPÖ und BZÖ ließen sich willfährig einkaufen. Bei der nächsten Wahl werden Stronachs Partei, dem „Team Stronach“, bis zu 12% vorausgesagt – bahnt sich hier eine neue politische Opposition an?
Ein Milliardär geht einkaufen
Interessant ist, wie Stronach seine Partei zusammengekauft hat. Die Ratten des Haider-Gedenkvereins BZÖ verlassen das sinkende Schiff und gehen zu Stronach. Der vertritt im Wesentlichen das Gleiche – doch er zahlt besser. (Und die Chancen auf ein Mandat nach der nächsten Wahl sind ungleich größer.)
Lustig, wenn sich BZÖ-Boss Buchner nun abfällig darüber mokiert, dass Stronach nur Hinterbänkler bekäme, aber kein gutes Personal. Immerhin sind das die gleichen Abgeordneten, die bis vor kurzem die VertreterInnen seiner Partei waren.
Absurde Figuren aus der SPÖ
Doch diese Personalrochaden innerhalb der Rechten sollen uns nicht kümmern. Interessanter schon, dass Stronach auch einen SPÖ-Abgeordneten angeworben hat, den Kärntner Gerhard Köfer. Köfer ist Bürgermeister von Spittal an der Drau, der viertgrößten Stadt Kärntens. Privat betätigt er sich als „Energetiker“. Im Klartext: er läuft mit Wünschelruten herum. Anfang 2012 etwa war es ihm ein Anliegen, den Kärntner Landtag „auszupendeln“. (Der Befund fiel übrigens positiv aus.)
Doch weit interessanter als diese Absurditäten: Köfer ist nicht irgendjemand. Bei den Nationalratswahlen 2008 war er sogar Spitzenkandidat der Kärntner SPÖ. Bei den letzten Wahlen zum Parteivorsitz in Kärnten im Frühjahr 2010 war er der Kandidat der Parteirechten. Er war in der Partei dann aber doch nicht mehrheitsfähig und zog die Kandidatur zurück. Köfer galt als zu weit rechts – was in der Kärntner Sozialdemokratie als Leistung betrachtet werden kann.
Auf der Landeskonferenz wurde dann als Retourkutsche bestimmt, dass künftig BürgermeisterInnen von Städten mit mehr als zehntausend EinwohnerInnen kein Parlaments-Mandat für die SPÖ übernehmen dürfen – was klar auf Köfer gemünzt war. Und nun sucht sich Köfer eben eine Möglichkeit, weiter im Parlament zu bleiben. Doch stehen bleibt, dass eine Figur wie Köfer Spitzenfunktionär der Sozialdemokratie war.
Danke, Kanada!
Stronach gibt sich wenig ideologisch, staatskritisch, als liberaler, kerniger Menschenfreund. Korrupte, verlogene PolitikerInnen, die sich ihre „Macht“ mit Steuergeldern erhalten, sind Stronachs Lieblingsfeindbilder. Dabei würde sein Magna-Imperium heute ohne kanadische und österreichische Staatsintervention nicht existieren, wie der „Falter“ recherchierte.(1)
Stronach versteht viel von Filz, er selbst saß praktischerweise in diverseren Aufsichtsräten und Gremien und seine Magna-Aufsichtsräte sind mit gefälligen PolitikerInnen gut gefüllt.
Werte: alt, neu, gebraucht
Stronachs politische Vorstellungen sind unoriginelle Kopien von bestehenden Programmen der etablierten Parteien. Da wären: Die Verschlankung der Verwaltung, übersetzt: Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Das Asylrecht soll noch restriktiver gestaltet werden. Studiengebühren sollen beibehalten oder ausgebaut werden – je nach Nachfrage des Faches vonseiten der Wirtschaft.
Als Lösung für die Eurokrise soll jedes EU-Land einen eigenen Euro haben, also viele Euros im Wettbewerb auf einem Binnenmarkt. Das bedeutet real eine Rückkehr zu den alten nationalen Währungen unter Euro-Deckmantel. Gesundheitswesen und öffentliche Infrastruktur sollen (teil-)privatisiert werden. Auch hier wünscht er sich mehr Wettbewerb, so wie zwischen Staaten („Staaten sollen wie Unternehmen geführt werden“). Mehr Wettbewerb ohnehin – überall, egal wie und um was.
Stronach artikuliert seine abgeschmackten Inhalte, subsumiert als „Neue Werte für Österreich“, aggressiver oder konfuser als andere und ist damit erfolgreicher. Er ist ein Störenfried, der alte Werte neu nennt, sie mit seiner persönlichen Erfolgsgeschichte vermischt und mit inhaltsleeren Plattitüden wie „Fairness, Fleiß, Wahrheit“ garniert.
Von Demokratie hält er dabei nicht viel. Er allein gibt die „Werte“ seiner Partei vor und entscheidet, wer ihnen entspricht. Er wird natürlich Spitzenkandidat – doch in die Niederungen der Politik will er sich nicht begeben: den Posten als Klubchef seiner Fraktion im Parlament wird er nicht übernehmen, bei Nachfragen zu seiner Arbeitsleistung nach der Wahl bleibt er nebulös. Real wird er also als graue Eminenz im Hintergrund wirken – die über die Finanzen die Macht hält.
Wenn er davon spricht, Arbeiter (Arbeiterinnen sind Stronach zu „kompliziert“, siehe Parteiprogramm) am Unternehmensgewinn zu beteiligen, will er keine Sozialisierung der Gewinne. Er will stattdessen die Beschäftigten in die Logik der Profitmaximierung einbinden, Disziplin und selbstbestimme Ausbeutung befördern. Selbstbestimmung allerdings ist damit wohl kaum gemeint, wo doch Magna-Beschäftigte nicht mal einen Betriebsrat wählen dürfen.
Franks Unfair Tax
Stronach will darüber hinaus angeblich Steuerprivilegien abbauen. Seine Lösung: eine „Fair Tax“, ein Codewort für die so genannte „Flat Tax“. Das ist eine Einheitssteuer, die angeblich jeder versteht, weil alle gleich viel absetzen müssen. Dieses Steuermodell ist aber ein Geschenk an KapitalistInnen, es begünstigt Reiche sowie Bestverdienende und schädigt vor allem arbeitende Schichten und somit den Sozialstaat, also auch PensionistInnen und StudentInnen.
Wie fair kann es sein, wenn jemand, der eine Million verdient ebenso viel Steuern bezahlt wie jemand, der 1000 Euro verdient? Und: wie viel Steuergeld entgeht der Allgemeinheit, wenn die Reichen viel weniger Steuern bezahlen. Wer ersetzt die Ausfälle für den Sozialstaat? Klarerweise müssten also mit diesem Modell auch Sozialleistungen zurückgefahren werden.
Sein eigenes Vermögen versteuert Stronach übrigens am liebsten fair und überaus schonend – in der Schweiz. Aber darüber will Stronach nicht diskutieren, er will ja nur das Allerbeste für Österreich.
Die Goldene Regel
Der Milliardär aus Kanada ist heimgekehrt. Autoritär und missionarisch, ohne Antworten, die nicht schon gegeben wurden oder zu Krisen geführt hätten. Stronach bietet bewusst oder unbewusst ein Ventil an, den vorhandenen Systemfrust zu kanalisieren. Er kommt an, weil er sich nicht benehmen kann, aber sich Hochglanzinszenierungen leistet – der Boulevard dankt mit ausreichend Berichterstattung.
Sein Credo, die „Goldene Regel“ meint „Wer das Gold hat, macht die Regel“. Das ist das Faustrecht der bürgerlichen, kapitalistischen Herrschaft. Im Kern geht es ihm um bessere Konditionen – für seinesgleichen.
1 vgl. „Stronachs Staatsaffären “, Falter 28/12,