Zum Wahlerfolg der französischen Rechtsextremen

Bei den Wahlen zum EU-Parlament konnten rechtsextreme Parteien in vielen Ländern zulegen. In Frankreich erreicht der Front National sogar den ersten Platz. Der Leitartikel der Betriebsflugblätter unserer französischen Genoss_innen vom 26.5. liefert eine Analyse des rechtsextremen Erfolges.

 

Weder lachen noch weinen: kämpfen!

Da haben wir es! Bei der Europawahl liegt der FN an der Spitze. 26% derjenigen, die zur Wahl gingen (nur knapp 43% der Wähler) haben dem Front National ihre Stimme abgegeben. „Ein Schock, ein Erdbeben“ sagt Ministerpräsident Valls. Er ist es aber, welcher der extremen Rechten mit demagogischem Chauvinismus, Roma feindlichen Äuβerungen und der politischen Ausschlachtung der Sicherheitsfrage die Bahn geebnet hat. In diesem Stil hat Marine Le Pen also klar gewonnen. Dabei freut sie sich, dass mit ihr künftig „Die Franzosen als Erste bedient werden“.

Ein Sieg des FN, für den die regierende Linke die Verantwortung trägt.

Und Valls hält unbeirrt an derselben Politik fest:“ Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verstärken“, … damit sie Arbeitsplätze schaffen“, sagt er. Nochmals neue Milliarden an die Groβunternehmen, damit sie in Wirklichkeit noch mehr Beschäftigte entlassen.

Er prahlt damit, die Einkommen von 3 Millionen sehr armer Geringverdiener steuerfrei gemacht zu haben. Das ist alles andere als ein Geschenk: Er macht bloβ eine Maβnahme von Hollandes Regierung rückgängig. Er prahlt damit, den Steuerbetrug zu bekämpfen, indem er 800 Millionen aus den in der Schweiz verborgenen Konten der Ultrareichen zurückbekommt. In Wirklichkeit ist das sehr wenig, wenn man bedenkt, dass der jährliche Steuerbetrug in Frankreich auf 80 Milliarden Euro geschätzt wird.

Vor der Europawahl hat die Regierung während der ganzen Woche vor allem die Mittellosen aufs Korn genommen. Sie hat wieder ihre Kampagne gegen die „Sozialbetrüger“gestartet, die angeblich durch Betrug das aktive Solidareinkommen ( RSA ) und andere Sozialleistungen beziehen. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um den Teil der eingezahlten Leistungen, die irrtümlicherweise den bewilligten Betrag übersteigen und den man zum Beispiel auf Kosten der alleinerziehenden Mütter wieder eintreibt. Dabei prüft man nach, ob sie in wilder Ehe nicht leben…

Man hat aber vergessen, uns von den Leuten mit prekären Lebensverhältnissen zu sprechen, die Anspruch auf das aktive Solidareinkommen haben: Mehr als die Hälfte davon bezieht es nicht, weil sie mit dem Papierkrieg nicht zu Rande kommen. So wurden voriges Jahr 5,3 Milliarden Euro auf Kosten der Armen gespart.

Marine Le Pen will nur eines: Ganz oben im System sein

Am Sonntag Abend sind die verschiedenen Parteibosse im Fernsehen aufgetreten, um über ihre angeblich gefährdete Zukunft zu jammern. Kein Wort über die gestern und heute von ihrer Regierung durchgeführte arbeiterfeindliche Politik : Gerade wegen dieser Politik sind sie am Boden.

Und Marine Le Pen ? Sie sagte auch nichts. Kein Wort über die Probleme der Arbeitenden. Sie hat sich bloβ zur „ ersten Partei Frankreichs“ aufgeworfen, die Auflösung der Nationalversammlung und neue Parlamentswahlen gefordert, mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen! Sie will alles für sich und den FN. Für die, die ihr ihre Stimme abgegeben haben fordert sie nichts. Nichts, das wie ein Programm aussieht gegen die französischen Konzernbosse, diese „ Parasiten“, die dem Staat auf der Tasche liegen, mit Milliarden bezuschusst werden und Massenentlassungen vornehmen. Diese da kritisiert Marine Le Pen nie. Gewiss: Die, die der Verlockung der „nationalen Präferenz“ erlagen und dem FN ihre Stimme abgaben, haben schlieβlich für die französischen Groβunternehmer, also gegen sich selbst gestimmt.

Die Menschheit als einzige Heimat

Es ist klar: Das Gros derjenigen, die sich bei der Abstimmung der Stimme enthielten, wollten nicht zwischen der Linken, der Rechten und der Ultrarechten wählen: Sie sind alle arbeiterfeindlich.

Man soll aber jetzt nicht resignieren. Die Arbeitenden haben andere Waffen als die Wahlen. Wir müssen als Lohnabhängige zeigen, dass die Allmacht der Fabrikbosse und Marine mit Le Pen voran nicht etwas ist, in die man sich wehrlos fügen muss. Zusammen mit unseren Arbeitskameraden aus dem übrigen Europa müssen wir wieder die Kampflust wecken. Ob diese Kämpfe in Griechenland, Spanien, Italien anfangen… oder hier, in diesem Betrieb da oder jenem dort: Sie sind es, – wenn sie koordiniert werden -, die die Zahl der Entlassungen und Niedriglöhne in Europa und Frankreich verringern werden. Und wenn man den Kapitalismus in Europa über Bord werfen muss, um menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen durchzusetzen, nun, sei es drum!