Auch wenn man es in der Presse nur als Randnotiz wahrnimmt: Seit dem Ende der Friedenspflicht in der Metall-und Elektroindustrie am 29. Januar erleben wir Warnstreiks mit ungewöhnlich hoher Beteiligung.
Auf unserer aktuellen Berliner Vorderseite, die wir gemeinsam mit der SAS vor und in Berliner Betrieben verteilen, berichten wir über ihre Forderungen.
Auch wenn man es in der Tagespresse nur als Randnotiz wahrnimmt: Seit dem Ende der Friedenspflicht in der Metall-und Elektroindustrie am 29. Januar erleben wir Warnstreiks mit ungewöhnlich hoher Beteiligung. Mit Stand vom letzten Freitag sind mehr als 600.000 Metaller und Metallerinnen den Aufrufen der IG Metall vor die Werkstore gefolgt. Damit haben sie gezeigt, dass sie hinter den Forderungen dieser Tarifrunde stehen:
– 5,5% mehr Lohn
– eine verbesserte Altersteilzeit
– Einführung einer Bildungsteilzeit
Vor allem haben sie gezeigt, dass viele bereit sind, etwas dafür zu tun. Den UnternehmerInnen ist das natürlich alles „viel zu teuer“. Das kennen wir ja zur Genüge – entweder ist gerade Krise, in der „wir uns alle einschränken müssen“ – oder aber „unverantwortliche Lohnforderungen machen die Konjunktur kaputt“. In deren Augen ist alles in schönster Ordnung wenn die ArbeiterInnen arbeiten, und die Chefs scheffeln. Basta!
Die Kassen sind prall gefüllt
Das mit dem Scheffeln hat auch 2014 prima geklappt. 53 Milliarden € haben die Unternehmen der Branche an Gewinnen eingesackt. Wer jetzt allerdings denkt, na toll, dann dürften unsere Forderungen doch kein Problem sein, der unterschätzt die Konzerne, denen jedes Mittel Recht ist, um ihre Profite weiter zu steigern. Nicht zuletzt Massenentlassungen trotz enormen Gewinnen – soviel zu dem Märchen „Wenn es den Unternehmen gut geht, dann geht es auch uns Arbeitern gut“.
Alle Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten waren das Ergebnis von Kämpfen. Bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, freier Sonnabend, 35-Sunden-Woche – all das wurde in entschlossenen Streiks durchgesetzt. Selbst scheinbar freiwillige Zugeständnisse der UnternehmerInnen erfolgten immer angesichts kampfbereiter Organisationen der Arbeitenden. Wenn also Vertreter der IG Metall erklären, die Streikkassen seien gut gefüllt, dann ist das schon mal ein guter Ansatz.
Freiwillig rücken die nix raus
Denn was ohne richtigen Streik passiert, das haben wir in den letzten Tarifrunden gesehen. Die 2,2 % von April 2014, naja. Auch wenn sie jetzt behaupten, die Inflationsrate sei doch niedrig – unsere Kosten steigen weiter und halten sich nicht an ihre Statistik! Und was hat der Lohnverzicht der IG Metall von 2009 gebracht? Wie viele Kollegen und Kolleginnen sind seitdem aus den Betrieben gedrängt worden? Für die Verbliebenen steigen Druck und Arbeitshetze. Diese Angriffe werden ergänzt durch einen immer weiter aufgeblähten Niedriglohnbereich, durch Leiharbeit und Werkverträge.
Wie zum Hohn melden gleichzeitig viele Konzerne Rekordumsätze und Rekordgewinne. Noch nie war die Schere hierzulande zwischen den Reichsten und dem Rest so groß. Ein Prozent der Bevölkerung besitzt 31 bis 34 % des Reichtums. Davon haben die reichsten 0,1 % mehr Vermögen in ihren Händen konzentriert als die 50 % weniger Vermögenden der Bevölkerung – Tendenz steigend, wenn wir sie lassen. Denn von selbst kriegen sie den Hals nicht voll. Wenn der Siemens-Chef seine Aktionäre fragt, wer ist der Profitabelste im ganzen Land, dann hört er: „Ihr seid der Profitabelste hier – aber hinter den sieben Bergen, General Electric, ist noch viel profitabler als ihr…“. Diese kapitalistische Konkurrenzlogik benutzen sie dann, um überall auf der Welt die Löhne zu drücken. Schluss mit den Märchen! Wir haben all das erarbeitet, es wird Zeit, dass wir uns zurückholen, was wir zum Leben brauchen.
Nur gemeinsam sind wir stark
Die UnternehmerInnen und ihre Regierung sind gut organisiert und sie wissen, was sie wollen – in allen Bereichen laufen die Angriffe auf unsere Arbeits- und Lebensbedingungen, in fast allen Betrieben, bei der Bahn und bei der Lufthansa, im Öffentlichen Dienst und in den Krankenhäusern – überall gibt es Gründe, sich zu wehren. Die Unternehmer und ihre Regierung wissen auch, wovor sie sich fürchten – vor Streiks. So ist es auch kein Zufall, dass sie gerade jetzt versuchen, mit dem Gesetz über die „Tarifeinheit“ das Streikrecht anzugreifen. Wirksamer Widerstand ist nur möglich, wenn wir all die notwendigen Kämpfe zusammenführen. KollegInnen der verschiedensten Betriebe haben in den Warnstreiks neben den Forderungen der Tarifrunde auch all die Angriffe angesprochen – Entlassungen, Leiharbeit, Arbeitszeiten… Metallerinnen, LokführerInnen, PilotInnen, LehrerInnen, Reinigungskräfte – wir alle wehren uns gegen die gleichen Angriffe. Gewinnen können wir nur gemeinsam.