Mit der neuen Schwarz-Blauen Regierung wird eine ganze Palette an offensiven Angriffen auf sozialstaatliche und arbeitsrechtliche Errungenschaften auf uns zu kommen. Gepaart sind die Angriffe mit einer massiven Portion Rassismus. Was lässt sich der Politik der Regierung entgegenhalten? Welche Perspektiven braucht linker Widerstand?
Die Wahlen waren von einem deutlichen Rechtsruck in der Stimmung und den politischen Debatten begleitet. Kurz hat einen offen rassistischen und autoritären Diskurs bis in die sogenannte „Mitte“ hinein salonfähig gemacht. Zudem hat er es geschafft mit wohlklingenden Versprechungen (wie Steuersenkungen) Unterstützung für sein wirtschaftsliberales Programm zu bekommen. Die Grenzen zwischen ÖVP und FPÖ sind in diesen Fragen mittlerweile fließend.
Rechtsruck und Angriffe
Aufgrund der Veränderungen in den politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen handelt es sich nicht einfach um eine „Neuauflage“ der alten Schwarz-Blauen Koalition. Das Projekt von Kurz und der hinter ihm stehenden Kapitalfraktionen ist es, einen realen Bruch mit der österreichischen Sozialpartnerschaft und ihren Institutionen herbeizuführen. Ebenso zentral sind ihnen ein radikaler Umbau und Einsparungen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystem. Die ohrenbetäubende Begleitmusik für diesen Großangriff wird die Hetze gegen Geflüchtete, MigrantInnen, „Sozialschmarotzer“ und andere Sündenböcke liefern.
Der Boden, auf dem Schwarz-Blau eine Mehrheit bei den Wahlen gewinnen konnte, wurde unter massiver Beteiligung des vermeintlich „kleineren Übels“ SPÖ aufbereitet. In der letzten Regierung wurden sowohl Angriffe auf unseren Lebensstandard als auch zahlreiche rassistische und polizeistaatliche Maßnahmen beschlossen. Dass die Themen „Sicherheit“ und Migration nun ständig in einem Atemzug genannt werden, hat genauso die SPÖ zu verschulden. Nach dieser Vorarbeit kann Schwarz-Blau nun einen Schritt weiter zum „Heimatschutz“ übergehen.
Gegen die Politik der Herrschenden!
Politisch muss sich der Protest daher gegen die gesamte Regierung und herrschende Klasse und nicht nur gegen die FPÖ richten. Widerstand muss die Gesamtheit der Angriffe im Blick haben und darf sich nicht auf einen simplen „Nazis Raus“-Antifaschismus beschränken. Wir kämpfen nicht für eine andere bürgerliche Regierung (ohne FPÖ) oder eine weniger rassistische neoliberale Offensive, sondern gegen die Gesamtheit der Angriffe und den Rassismus der Herrschenden.
Weder Bundespräsident Van der Bellen, eine erneuerte Grüne Partei noch die SPÖ werden Schwarz-Blau wirklich etwas entgegenzusetzen haben. Kern und die SPÖ-Spitze stellen sich gern als soziale Alternative dar und werden versuchen sich als einzige Opposition zur Regierung zu positionieren. Die Botschaft dabei: werdet nicht selbst aktiv; statt auf die Straße zu gehen, bei den nächsten Wahlen einfach wieder SPÖ wählen.
Trotz aller pseudo-oppositioneller Rhetorik ist klar wofür die SPÖ-Führung steht und was sie in einer künftigen Regierung umsetzen würde. Seit Jahrzehnten beteiligt sie sich an vorderster Front an der neoliberalen Verwaltung des kriselnden Kapitalismus. Und auch die Spitzen der Grünen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie äußerst willig sind, sich den vermeintlichen „Sachzwängen“ unterzuordnen.
Widerstand braucht Perspektiven
Bei der derzeitigen Stimmung können wir davon ausgehen, dass die rassistische Vernebelung bei vielen Menschen auch weiter auf fruchtbaren Boden fallen wird – selbst wenn sie selbst und direkt von Angriffen und Kürzungen betroffen sein werden. Auf der anderen Seite werden bei vielen Menschen angesichts von Schwarz-Blau die Wut und die Suche nach wirklichen Alternativen zunehmen.
Über die nächsten Jahre hinweg wird es kontinuierliche Angriffe in verschiedenen Bereichen geben. Wichtig wäre es, dass statt vieler kleinteiliger und isolierter Abwehrkämpfe, eine umfassendere und kollektive Perspektive entwickelt wird. Wir sollten versuchen, dort wo sich die Wut und die Bereitschaft zu Widerstand ausdrücken, Angebote für Aktivitäten zu machen. Dabei wird es, gerade zu Beginn, wichtig sein, dass sich Wut und Protest auch sichtbar auf der Straße äußert. Dennoch müssen wir Perspektiven aufzeigen, die über das Organisieren und Besuchen von möglichst vielen Demonstrationen hinausgehen.
Arbeitskämpfe und Gewerkschaften
Die Angriffe von Schwarz-Blau stellen einen massiven Angriff auf sozialstaatliche und arbeitsrechtliche Errungenschaften dar. Von diesen Verschlechterungen werden sehr viele von uns als Lohnabhängige sehr direkt betroffen sein, sie werden zu einem sinkenden Lebensstandard führen. Widerstand, der der Regierung und den Herrschenden wirklich gefährlich werden kann und eine adäquate Antwort auf die Vielzahl ihrer Angriffe darstellt, muss über Demonstrationen hinausgehen und Kämpfe und Streiks von Lohnabhängigen beinhalten.
Die Gewerkschaften werden von den Angriffen zwar sehr direkt betroffen sein, ihren Führungen fehlt aber Wille und Mut um tatsächlich zu kämpfen. Statt bereits jetzt konkret Widerstand zu planen und vorzubereiten, wollen sie erstmal abwarten. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass ihre Sorge dem Erhalt der Sozialpartnerschaft gilt – also Verhandeln statt Kämpfen. Letztendlich bedeutet das eine Unterordnung unter die Interessen der Unternehmen.
Die Gewerkschaften sind heute in einem noch schlechteren Zustand als zu Beginn der 2000er Jahre. Seit Jahren gab es keine bedeutenden Streiks und Arbeitskämpfe mehr. Natürlich kann es zu gewerkschaftlichen Mobilisierungen kommen, die wir auch unterstützen sollten. Aber wir sollten keine Hoffnungen in die BürokratInnen hegen, die für ihr eigenes Überleben die Interessen der ArbeiterInnen am Verhandlungstisch zahllose Male verraten haben und das auch weiter tun werden.
Wenn radikale Kräfte nicht den GewerkschaftsbürokratInnen und bürgerlichen PolitikerInnen hinterherdackeln wollen, gibt es keine andere Möglichkeit als selbst eine Aufbauarbeit zu beginnen und eine eigenständige Verankerung aufzubauen – innerhalb von Betrieben und Berufsgruppen, aber auch unter SchülerInnen und StudentInnen.
Für eine eigenständige, antikapitalistische Alternative!
Das bröckelnde Vakuum der Sozialpartnerschaft schafft auch Möglichkeiten für unabhängige Kräfte. Die Schaffung einer neuen Protestkultur wird sich nicht von heute auf morgen vollziehen und braucht eine langfristige Organisierung von eigenständigen Kräften, die nicht bereit sind, sich den vermeintlichen Sachzwängen unterzuordnen.
Wir sollten jetzt mit dem Aufbau einer unabhängigen politischen Kraft, die in Kämpfen und Bewegungen einen Unterschied und so in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen praktisch eine Alternative sichtbar machen kann, beginnen. Dazu braucht es ein klares politisches Profil und eine Verständigung darüber, wie wir Politik auch abseits der bürgerlichen Institutionen machen wollen. In der praktischen Arbeit bedeutet das durch emanzipatorische Politik Alternativen zum Kapitalismus zu entwickeln.
Antikapitalismus ist dabei kein abstraktes Bekenntnis zum Ziel der Überwindung des Kapitalismus irgendwann in der Zukunft. Vielmehr geht es darum, sich in den eigenen Forderungen nicht den Beschränkungen des kapitalistischen Systems unterzuordnen, sondern vielmehr eigene Perspektiven, die darüber hinausgehen aufzuzeigen.
Wir dürfen auf keine Vertretung hoffen. Wir müssen uns selbst organisieren und die kommenden Angriffe durch Gegendruck auf der Straße und am Arbeitsplatz stoppen. Wir brauchen eine soziale Alternative, eine wirkliche Kraft die für die Interessen der Arbeitenden kämpft. Wir laden alle Interessierten ein, gemeinsam mit uns über Perspektiven des Widerstands zu diskutieren und am Aufbau solch einer Kraft zu arbeiten.
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