Die Regierung befürchtet, dass das Gesundheitssystem Mitte April an seine Kapazitätsgrenzen stoßen könnte. Deswegen wird eine weitere Verschärfung von Maßnahmen angekündigt. Gleichzeitig sollen Baustellen wieder hochgefahren werden. Andere – nicht systemrelevante – Firmen produzieren weiter und kassieren Staatsgelder. Und wer soll das am Ende alles zahlen? Wenn es nicht wir Arbeitende sein wollen, sollten wir uns auf die Zeit nach Corona vorbereiten.
Die nächsten paar Wochen werden wesentlich darüber entscheiden, wie folgenschwer die Auswirkungen des Corona-Virus in Österreich sein werden. Die Neuinfektionsrate ist zwar im Sinken begriffen, dennoch könnten recht bald die Kapazitätsgrenzen in der Intensivbetreuung ausgereizt und überstiegen werden. Ein Blick nach Italien, Spanien und Frankreich zeigt, wie dramatisch eine solche Situation ist.
Systemrelevante Baustellen?
Da wundert man sich umso mehr darüber, dass die großen Baufirmen mit den Sozialpartnern ausverhandelt haben, dass sie den Baustellenbetrieb langsam wieder hinauffahren. Vor kurzem hat die Strabag noch erklärt, dass es in der Realität nicht möglich wäre auf Baustellen den Sicherheitsabstand von einem Meter einzuhalten – daraufhin ist ein Großteil ihrer Baustellen stillgelegt worden. Nun hat man angeblich Lösungen gefunden, wie das dennoch möglich sein soll. Ermöglicht wird diese ganze Schweinerei mit Zustimmung der Gewerkschaften, die sich von den Konzernen wiedermal willfährig erpressen lassen. Dafür gibt es Lob von den Chefitäten der Strabag: „[D]ieses Zusammenrücken und gemeinsame Nach-vorne-Schauen ist etwas Herausragendes, das funktioniert wirklich gut.“
Mindestens genauso fragwürdig ist was das Großunternehmen Liebherr abzieht. Am Standort in Nenzing (Vorarlberg), wo Baustellenfahrzeuge produziert werden, wird auf Kurzarbeit umgestellt und ab 6. April die Produktion eingestellt – für voraussichtlich zwei Wochen. Das heißt im Klartext: an dem Standort mit knapp 1.500 MitarbeiterInnen wurde bis Ende letzter Woche ganz normal produziert. Dabei gehört das Unternehmen sicherlich nicht zur kritischen Infrastruktur und mittlerweile befindet sich über ein Zehntel der Belegschaft in Quarantäne bzw. Selbstisolation. Es wäre ein Wunder, wenn nicht noch unzählige Infektionsfälle folgen würden. Die jetzige Entscheidung für Kurzarbeit und kurzfristige Einstellung der Produktion wird von Unternehmensseite sogar ganz offen auch mit Engpässen und sinkender Nachfrage begründet. Bis jetzt ließ man mehrere hundert Menschen Tag für Tag zusammenkommen. Weil das Geschäft jetzt nicht mehr so rund läuft, lässt man sich die Ausfälle also nun aus Steuergeldern finanzieren.
Die Reichen sollen zahlen!
Schon jetzt stellt sich die Frage, wer die Kosten für die Bekämpfung von Corona und den wirtschaftlichen Einbruch zahlen wird? Wir sagen ganz klar: die Reichen sollen zahlen! Nachdem dem ÖGB als „verantwortungsvollem“ Sozialpartner in den letzten Wochen nichts besseres eingefallen ist als Großunternehmen zu loben, die sich mit Steuergeld Kurzarbeit finanzieren lassen, hat ÖGB-Präsident Katzian nun die Verteilungsfrage wiederentdeckt. Er fordert, dass die ganz großen Vermögen einen ebensolchen Beitrag leisten müssen.
Allerdings wird sich nach der Corona-Krise der Charakter und die Politik der Herrschenden nicht einfach ändern. Wir müssen uns drauf einstellen, dass die erhöhten Staatsausgaben infolge der Pandemie durch breite Einsparungen hereingeholt werden sollen. Die ÖVP wird sicherlich nicht einfach so plötzlich auf vermögensbezogene Steuern setzen – nicht einmal die SPÖ steht für solche. Und wir sehen schon jetzt, mit welchen Schweinerein die großen Unternehmen – sogar in Zeiten von Corona – davonkommen. Wer in Zeiten von Corona die Liftanlagen aus Profitgier am Laufen hält (Stichwort: Ischgl) und die Produktion von nicht systemrelevanten Gütern nicht einstellt, hat auch nach Corona keine Skrupel, sich auf Kosten der Gesellschaft zu bereichern.
Kampffähigkeit aufbauen
Wenn wir verhindern wollen, dass die Kosten der Virusbekämpfung und der Wirtschaftskrise auf unseren Schultern abgeladen werden wird, müssen wir jetzt beginnen uns zu vernetzen, KollegInnen zu informieren und künftige Kämpfe vorbereiten. Die Gewerkschaftsführung hat auf solche Maßnahmen bisher immer verzichtet. Lieber jammert man darüber, dass die Belegschaften angeblich nicht streikbereit sind – immer dann, wenn es drauf ankommen würde Widerstand zu organisieren. Um so eine Situation zu verhindern müssten man aber überhaupt einmal damit beginnen Kampf- und Streikfähigkeit aufzubauen. Entgegen besserem Wissen will man aus Prinzip ohne Kampfmaßnahmen auskommen. Zu groß ist offensichtlich die Gefahr, dass dem bürokratischen Apparat die Kontrolle über protestierende ArbeiterInnen entgleiten könnte.
In allen Branchen, in denen die MitarbeiterInnen derzeit als HeldInnen gefeiert werden, wird sich die Situation nach Corona auch nicht automatisch zum Besseren wenden. Statt bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal und höhere Löhne werden die Chefs und Verantwortlichen auf Schulterklopfen und einen feuchten Händedruck setzen. Gerade jetzt, wo ganz offensichtlich ist, wer unsere Gesellschaft am Laufen hält – und das auch in Krisensituationen – ist der richtige Zeitpunkt sich mit Selbstbewusstsein auf die Durchsetzung von völlig berechtigten und elementaren Forderungen vorzubereiten.