Am 22. Oktober sind die KollegInnen von Atlas Maschinen GmbH in den Streik getreten. Seitdem stehen in den Werken Delmenhorst, Ganderkesee und Vechta die Bänder weitgehend still.
Der Atlas Konzern, der Bagger und Ladekräne herstellt, gehörte bis vor kurzem dem Terex-Unternehmen. Die schlechte wirtschaftliche Lage von Atlas (mit zuletzt über 60 Millionen Verlust in der Baggersparte) führte jedoch zur Übernahme des Konzerns durch Fil Filipov, einen bulgarischen Unternehmer.
Kampf um Tarifvertrag
Der neue Besitzer lehnte es von Anfang an strikt ab, mit der Industriegewerkschaft Metall (IG-Metall) über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Stattdessen hält er es für angebracht, komplett auf einen Tarifvertrag zu verzichten und die Löhne unserer KollegInnen bei Atlas weiter zu senken, um so den Konzern auf Kosten der ArbeiterInnen zu sanieren.
Die Angriffe auf die Belegschaft ließen sich jedoch nicht so leicht umsetzten, wie Filipov es sich erhofft hatte. Die KollegInnen traten in den Streik, nachdem sich bei einer Urabstimmung in den Werken Delmenhorst, Ganderkesee und Vechta, in denen rund 650 ArbeiterInnen beschäftig sind, 79,1 Prozent der gewerkschaftlich Organisierten für eine Arbeitsniederlegung ausgesprochen hatten. Seitdem fordern unsere KollegInnen die Wiederherstellung der Tarifbindung.
Wie viele ArbeiterInnen wirklich im Streik sind, ist unklar. Die Geschäftsführung behauptet, dass nur zwischen 40 und 50 Prozent der Belegschaft am Arbeitskampf teilnehme, die Gewerkschaften wiederum erklären, dass maximal zehn Prozent der ArbeiterInnen in den Werken sei. Fakt ist, dass die Produktion auf niedrigem Niveau weiterläuft und dass einige Bagger schon wieder aus den Werken gerollt sind.
Eigentümer Fil Filipov
Der neue Besitzer von Atlas ist kein unbeschriebenes Blatt. Angeblich schon über 40 wirtschaftlich marode Firmen hat Filipov in seiner Karriere „saniert“, also auf Kosten der ArbeiterInnen wieder profitabel gemacht.
Seinen bisher prominentesten Fall hatte der Bulgare im französischen Croix. Wie auch im Fall von Atlas übernahm Filipov eine Firma mit über 1000 Beschäftigten, die wirtschaftlich in Schwierigkeiten war. Er schmiss mehr als die Hälfte der Belegschaft raus und schaffte es so, das Unternehmen wieder profitabel zu machen.
Die Gewerkschaften liefen Sturm und Filipov wurde von den französischen KollegInnen 36 Stunden im Werk festgehalten. Dennoch konnte Fil Filipov seine Sparmaßnahmen durchbringen und so gilt er inzwischen als knallharter Sanierer, der zu keinen Kompromissen bereit ist.
Politik der Geschäftsführung: Repression
Um den Widerstand unserer KollegInnen gegen die dreisten Sparpläne von Filipov zu brechen, setzt die Geschäftsführung auch auf Repression. So wurden seit Beginn des Streiks am 22.Oktober im Auftrag des Unternehmens Videoaufnahmen der Streikenden angefertigt – die ArbeiterInnen werden also permanent von den Filipovs Kameras überwacht und gefilmt. Gegen diese Aufnahmen will die IG-Metall nun vor Gericht ziehen, um sie untersagen zu lassen.
Parallel dazu wurden und werden die bestreikten Werke bis zu achtmal am Tag von Helikoptern mit Ersatzteilen angeflogen. Damit sollen wohl nicht nur die Nerven der ArbeiterInnen von Atlas strapaziert, sondern es soll wohl vor allem der Eindruck erweckt werden, dass die Produktion um jeden Preis aufrecht erhalten wird.
Ein Arbeiter wurde seit Beginn des Streiks bereits gefeuert. Der Kollege war nicht nur schon seit 20 Jahren in dem Betrieb beschäftigt und Mitglied des Betriebsrates, sondern auch Vertrauensmann der IG-Metall. Er soll laut Geschäftsführung einen Streikbrecher auf dem Weg in die Fabrik mit Gewalt davon angehalten haben, seinen Weg zur Arbeit fort zu setzten.
Dieser Vorwurf ist vermutlich jedoch an den Haaren herbeigezogen, denn es gibt mehrere Augenzeugen, die das Gegenteil bezeugen können. Hier ist wohl davon auszugehen, dass Filipov durch die falschen Vorwürfe den Streik unserer KollegInnen in Verruf bringen und in der Öffentlichkeit diskreditieren will. (Abgesehen davon ist es natürlich absolut richtig, StreikbrecherInnen auf dem Weg in die Werke aufzuhalten.)
Neben den genannten Maßnahmen setzt die Geschäftführung auch auf den Einsatz von StreikbrecherInnen. So wurden ehemalige MitarbeiterInnen des Ganderkeseer Werks befristete Drei-Monats-Verträge angeboten. Laut Gewerkschaft haben zwei bis drei Arbeiter das Angebot angenommen. Auch ArbeiterInnen aus anderen Atlas-Standorten sollen zum Einsatz gekommen sein.
Die KollegInnen haben Wut im Bauch!
Unsere KollegInnen in Niedersachsen sind sauer – und das zu recht! Die Löhne und Gehälter bei Atlas liegen schon jetzt unterhalb der üblichen Tarifverträge in der Metallindustrie. Zusätzlich wurden schon 150 Arbeitsplätze seit Einbruch der Finanzkrise gestrichen. Es ist also mehr als verständlich, dass die Belegschaft von Atlas auf die Barrikaden geht und dass dabei auch radikalere Aktionsformen umsetzt werden.
So wurden die Zufahrtswege sowie die Tore zu den Werkshallen von den Streikenden blockiert, um zu verhindern, dass die wenigen produzierten Bagger und Kräne ausgeliefert werden können. Gegen diese Aktionen der Streikposten zog Filipov vor Gericht und inzwischen untersagte das Gericht sechs KollegInnen von Atlas, die Blockaden aufrecht zu erhalten. Auch hier zeigt sich wieder einmal deutlich, auf welcher Seite die (Klassen-) Justiz steht: auf der Seite der KapitalistInnen!
Wie viel Wut die ArbeiterInnen im Bauch haben , zeigt dieses Zitat einer Streikenden: „Wenn er (Filipov) hier wäre, würde ich ihm an den Kragen gehen. (…) Das ist kein Mensch.“
Politik der Gewerkschaft
Das Ziel der IG-Metall in der aktuellen Auseinandersetzung sind Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag. Dabei betont die Gewerkschaft, dass sie „ergebnisoffen an die Sache (Tarifverhandlungen) herangehen“ wolle. Anders ausgedrückt bietet die IG-Metall Filipov ganz offen an, die Löhne bei Atlas weiter zu senken und/oder die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Dass sie dazu bereit ist zeigt auch die Vergangenheit: Der noch im Frühjahr mit dem Terex-Konzern ausgehandelte Vertrag sieht niedrigere Einstiegslöhne für neue MitarbeiterInnen vor.
Auch der Abbau von 150 Arbeitsplätzen wurde von der IG-Metall mitgetragen: „Aufgrund der weltweiten Finanzkrise sei ein Abbau von 150 Arbeitsplätzen erforderlich geworden“ sagte Tammen-Henke, 1. Bevollmächtigter der IG-Metall Oldenburg. „Wir haben durch Interessensausgleich- und Sozialplangestaltung daran mitgewirkt.“
Die Gewerkschaft scheint also grundsätzlich die Sanierungspolitik (sprich: Kürzungspolitik) der Geschäftsführung zu akzeptieren, diesmal jedoch ist Fil Filipov zu weit gegangen – selbst für die bürokratisierte IG-Metall-Spitze. Was Filipov durchzusetzen versucht ist schließlich die komplette Aushebelung der Tarifbindung. Würde er sich hiermit durchsetzten, wären die Gewerkschaften zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Gerade deshalb sind die Reden der IG-Metall-Bürokraten auch so „radikal“. Detlef Wetzel, zweiter Vorsitzender der IG-Metall, gab auf einer Kundgebung vor dem Gaaderkeseer Werk zu bedenken: „Das ist Klassenkampf von oben.“
Von solchen Äußerungen dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Die BürokratInnen der reformistischen Gewerkschaften haben nur ihre eigenen Vorteile im Blick. Sie haben uns und unsere Klasse schon viel zu oft verraten, als dass wir ihnen noch trauen könnten. Wichtig ist deshalb in diesem wie in jedem anderen Arbeitskampf, dass wir uns mit unseren KollegInnen selbstständig in Streikkomitees organisieren und in diesen die gesamte Planung und Durchführung des Streiks übernehmen. Natürlich ist die Hilfe von Gewerkschaften notwendig, aber die Entscheidungen müssen eigenständig von den betroffenen KollegInnen getroffen werden und nicht von den GewerkschaftsbürokratInnen!
Solidarität mit den Streikenden
Die Stimmung unter den streikenden ArbeiterInnen ist gut – und das hat gute Gründe. Seit Beginn des Streiks gab es verschiedene Aktionen, um die KollegInnen zu unterstützen. So wurden Unterschriften in Fußgängerzonen gesammelt, Unterstützungsresolutionen verabschiedet und Spenden gesammelt. Am Dienstag überreichten zum Beispiel zwei Betriebsräte eines Unternehmens aus Bad Zwischenahn eine 400-Euro Spende, die auf einer Betriebsversammlung gesammelt wurde. Auch gab es Besuch von GewerkschafterInnen aus der Bremer Automobil-Zulieferindustrie und von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft. Währenddessen schickte die IG-Metall Unterelbe 50 warme Schals zur Unterstützung der Streikposten. In einer Erklärung der IG-Metall Berlin-Brandenburg –Sachsen heißt es: „150.000 Mitglieder im Bezirk stehen in dieser Auseinandersetzung an Eurer Seite.“
Natürlich muss klar sein, dass solche „Zeichen der Solidarität“ allein nicht zum Sieg führen werden. Dennoch sind sie wichtig, um den streikenden KollegInnen zu zeigen, dass sie nicht alleine kämpfen, sondern dass viele andere an ihrer Seite stehen. Was wirklich notwendig wäre, um Filipov in die Knie zu zwingen, ist ein Ausweitung des Streiks auf alle Atlas-Werke, und auch darüber hinaus. Dafür werden sich dich IG-Metall Spitzen jedoch sicherlich nicht einsetzten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir selbst revolutionäre Politik in den Betrieben vortreiben, uns als Klasse vereinen und gemeinsam die Angriffe der KapitalistInnen zurückschlagen.