Im österreichischen Volksmund gibt es den Spruch „wer nix is und wer nix kann, geht zur Post und Bundesbahn“. Was vielleicht lustig klingt, ist in Wirklichkeit aber eine Beleidigung für die vielen tausenden KollegInnen, die bei Post, ÖBB oder anderen staatlichen und staatsnahen Unternehmen gute Arbeit leisten. Wie die aktuelle Affäre rund um die Telekom Austria zeigt, stinkt der Fisch in Wahrheit vom Kopf her…
Täglich gibt es neue Enthüllungen im Skandal um Korruption bei der Telekom Austria. In der Zeit der schwarz-blauen Regierung (2000-2006) sollen über den Lobbyisten Peter Hochegger etliche PolitikerInnen und Günstlinge von ÖVP, FPÖ und BZÖ Schmiergelder von dem staatsnahen Unternehmen bezogen haben (noch immer hält die Republik Österreich 28% der Telekom-Aktien). Darunter einige Minister. Es gilt wie immer die Unschulds- sowie die Ungustlvermutung.
Einige Beispiele:
– Hubert Gorbach (ehemals BZÖ): Er soll in seiner Amtszeit als Infrastrukturminister eine Gesetzesänderung im Sinne der Telekom Austria veranlasst und dafür nach seiner Amtszeit von der Telekom rund 264.000 Euro für seine Sekretärin erhalten haben.
– Der Lobbyist und Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger bekam von den nicht dokumentierten Telekom-Aufträgen an Peter Hochegger als Subauftragnehmer 900.000 Euro. Auf die Höhe der Honorare angesprochen, meinte der freche Kapitalist bloß: "Das kann sein. Aber die Summe habe ich nicht im Kopf.“ Ja, das kann schon sein, dass man einmal 900.000 Euro vergisst, oder liebe LeserInnen?
– Der ehemalige Infrastrukturminister Mathias Reichhold (FPÖ) soll 72.000 Euro von Hochegger erhalten haben, angeblich für „Beratungen“.
– Dem ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly wird vorgeworfen, von der Neuvergabe des Polizeifunks unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) profitiert zu haben. 1,1 Millionen Euro sollen in die Taschen dieses Großgrundbesitzers geflossen sein. Dafür wurde ein nigelnagelneues System durch eines ersetzt, an dem Telekom und Alcatel Österreich profitiert haben.
– Die ÖVP-„Gewerkschafts“fraktion FCG soll 80.000 Euro von der Telekom erhalten haben.
Außerdem cashten rund 100 Telekom Austria Manager rund neun Millionen Euro extra ab, nachdem der Kurs der Telekom-Aktie vom Top-Management manipuliert worden war. Etliche weitere Fälle warten wohl noch auf ihre Aufdeckung und die ganze Sache zu durchblicken wird immer schwerer.
Schwarz-blaue Privilegienritter
Die meisten von uns werden sich sicher daran erinnern können, dass von der schwarz-blauen Regierung immer wieder gegen angebliche „Privilegienritter“ bei Staatsunternehmen gehetzt wurde. Von den „faulen Eisenbahnern“ war da zum Beispiel Rede, die angeblich alle mit 50 in Pension gehen. Jetzt zeigt sich einmal mehr, dass die wahren Privilegienritter in den „Spitzen“ der Gesellschaft zu suchen sind. In diesem Fall im Dunstkreis von ÖVP, FPÖ und BZÖ.
Als würden diese LobbyistInnen, PolitikerInnen und KapitalistInnen nicht schon durch ihre Aktien, Firmen(beteiligungen), Immobilien und unzählige gut bezahlte Posten und Pöstchen genug absahen. (Auch hier kommt ihr Reichtum ja letztendlich von jenen, die ihn schaffen, das heißt von den ArbeiterInnen). Nein, sie bereichern sich auch noch unverschämt am Steuergeld, welches heutzutage zu großen Teilen aus Massensteuern eingehoben wird.
Staat oder privat?
Während die Telekom Austria-Vorstände in den letzten Jahren hunderttausende Euro Boni erhalten haben und offenbar genug Geld vorhanden war, um PolitikerInnen zu schmieren, wurde bei den KollegInnen eingespart, wo nur möglich. Und jetzt müssen vielen von ihnen auch noch das Schlamassel ausbaden: So meint der Betriebsratschef der Telekom wohl nicht zu Unrecht, die Lage sei für KollegInnen mit Kundenkontakt „nicht mehr tragbar“.
So genannte „Wirtschaftsexperten“ wollen uns häufig einreden, der Staat könne Unternehmen nicht wirtschaftlich führen – die Privatwirtschaft wäre hier effektiver. Na klar, mit solchen PolitikerInnen und ManagerInnen ist ein großes Unternehmen wirklich nicht zu führen. Aus diesem Grund sprechen wir uns auch für eine komplette Wiederverstaatlichung der Telekom aus, allerdings unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten.
Und die Politik?
Nach Eurofighter und Buwog versucht die ÖVP auch diesmal wieder, jede Verantwortung von sich zu weisen. Der mittlerweile zurückgetretene Ex-Kanzler Schüssel spielt Pontius Pilatus und will seine Hände in Unschuld waschen. In Wirklichkeit hat aber nur die eine Hand die andere gewaschen…
Und die SPÖ macht den Schwarzen auch noch die Mauer um die Koalition nicht zu gefährden. Wir fragen uns: Hat die Sozialdemokratie vielleicht auch etwas zu verbergen? Von den anderen Parlamentsparteien ist ebenfalls nicht viel zu erwarten: BZÖ und FPÖ sind, wie es aussieht, ja selbst tief in die Skandale verstrickt. Die Grünen beschränken sich auf zahnlose Forderungen nach einem U-Ausschuss und Rücktrittsapelle.
Viele KollegInnen sind wütend angesichts dieser unzähligen Skandale. Während wir uns nie irgendwas „leisten“ dürfen, können es sich PolitikerInnen und KapitalistInnen scheinbar gegenseitig richten, wie es ihnen lieb ist. Doch Wut alleine reicht nicht. Und gejammert wird eh viel zu viel in diesem Land. Aktiv werden, sich mit anderen kritischen KollegInnen am Arbeitsplatz oder in der Schule vernetzen, sich organisieren und gegen diese Zustände zu kämpfen, das ist die Devise!