Rassistische Polizeigewalt und Morde, staatliche Willkür und Gewalt. Gehäuft wurde sie in den letzten Wochen von Gerichten gerechtfertigt und die Täter_innen freigesprochen. Wir stellen uns in der aktuellen Vorderseite, die wir gemeinsam mit der SAS vor Berliner Betrieben verteilen, gegen diese Unterdrückungs-Politik.
Seit 2 Wochen gibt es massenhafte Proteste in den USA gegen die Willkür und Polizeigewalt, die besonders die schwarze Bevölkerung treffen. Und jetzt, wo sich die Medien dem Thema zuwenden, wird so manches bekannt, was für Afro-Amerikaner_innen seit langem Alltag ist.
Schon im August tötete in der Kleinstadt Ferguson ein weißer Polizist den Schwarzen Michael Brown, weil dieser auf der Straße statt auf dem Bürgersteig lief! Er wurde von 7 Kugeln getroffen. Der zweite tödliche Kopfschuss erfolgte, als Brown den Kopf schon gesenkt hielt. Nach dieser Hinrichtung wurde Michael Browns Leiche stundenlang auf offener Straße liegengelassen – wie zu Zeiten der Lynchjustiz, als die Leichen von ermordeten Schwarzen für alle sichtbar an den Bäumen hingen.
Damals ging Ferguson um die Welt, nicht weil diese abscheuliche Tat so einzigartig wäre, sondern wegen der tagelangen Proteste, die darauf folgten. Doch trotz des Medieninteresses wurde der Täter nicht vor Gericht gebracht. Die „Grand Jury“, eine Geschworenen-Instanz, die eine Voruntersuchung durchführt, lies die Anklage nicht zu. Daraufhin brachen sich Wut und Verzweiflung in neuen Protesten Bahn.
Ferguson war kein Einzelfall…
Statistisch sterben etwa zwei schwarze Amerikaner pro Woche durch weiße Polizisten. Und sie kommen damit davon: Letzte Woche entschied eine andere Grand Jury in New York, dass auch der Tod von Eric Garner nicht vor Gericht verhandelt werden darf. Garner, 6-facher Familienvater und Asthmatiker, war im Juli von Polizisten im Schwitzkasten zu Tode gewürgt worden. Von dieser Tat gibt es Videoaufnahmen, die um die Welt gingen. Die darauf deutlich zu hörenden mehrfach wiederholten letzten Worte Garners „Ich kriege keine Luft!“ wurden zu einem der Slogans der Bewegung. Denn in der Tat wird durch die rassistische Polizeigewalt ein erstickendes Klima der Angst geschaffen. Es wurde übrigens doch jemand angeklagt: Der Amateurfilmer, der das Video gedreht und veröffentlicht hatte!
Und die Serie reißt nicht ab: Letzte Woche wurde ein 34-jähriger Schwarzer in Phoenix erschossen, angeblich weil der weiße Polizist ein Pillenröhrchen für eine Schusswaffe hielt. Vor drei Wochen war es ein erst 12-jähriger Afro-Amerikaner, der in Cleveland von der Polizei erschossen wurde. Und über die Polizeiarbeit in just dieser Stadt wurde am Freitag eine offizielle Studie mit weiteren Fällen der letzten Jahre veröffentlicht: 2012 haben z. B. 100 Cops ein unbewaffnetes Pärchen verfolgt und mit 130 auf das Auto abgegebenen Schüssen getötet.
Die Polizeigewalt, gegen die jetzt in vielen amerikanischen Städten Menschen auf die Straßen gehen, ist aber nicht einfach nur pure Willkür. Diese Morde sind Ergebnis eines Gesellschaftssystems, das einen Teil der Bevölkerung in extremer Armut und Perspektivlosigkeit hält und dann diese „Ordnung“ mit brutaler Gewalt aufrechterhalten muss.
Freispruch auch in Ägypten…
Die gewaltsame Aufrechterhaltung ihrer Ordnung ist auch den neuen Machthabern in Ägypten sehr wichtig. Die Hoffnungen des „arabischen Frühlings“ nach sozialen Verbesserungen wurden enttäuscht, nun sollen die Massen Ruhe geben und sich wieder in ihr entrechtetes Schicksal ergeben, ebenso machtlos der Gewalt von Armee und Polizei ausgeliefert wie zu Mubaraks Zeiten. Das ist die Botschaft hinter dem spektakulären Freispruch für Mubarak, den jahrzehntelangen Diktator, der versucht hatte die Massenproteste vor 4 Jahren blutig niederzuschlagen, was über 800 Menschen das Leben gekostet hat.
Auch der deutsche Staat schützt seine Ordnungshüter
Ebenfalls einen Freispruch bekamen die deutschen Polizisten, die bei den Protesten gegen den Bahnhofsneubau „Stuttgart 21“ mit Wasserwerfern auf Kopfhöhe in die Menge geschossen haben. Der Demonstrant Dietrich Wagner erblindete dadurch fast vollständig. Sein Fazit: „So wie die Stuttgarter Justiz uns S21-Demonstranten in den letzten Jahren behandelt hat – für relativ kleine Vergehen wurden wir ziemlich hart bestraft –, wundert mich überhaupt nicht, dass man den Prozess gegen die Großen jetzt einstellen will.“
Die Staatsapparate und das ganze Gerede von Rechtsstaatlichkeit enthüllen sich immer dann, wenn die Bevölkerung gegen Ungerechtigkeit aufbegehrt. Dann sieht man, wessen Interessen der bürgerliche Staat schützt – mit allen Mitteln. Doch die Proteste gegen Polizeiwillkür können sich auch schnell gegen das ganze Gesellschaftssystem wenden, das uns oft genug die Luft zum Atmen nimmt!