Grassers Steuerreform: Geschenke für KapitalistInnen und Bauern/Bäuerinnen, Verluste für KleinstverdienerInnen
Finanzminister Grasser behauptet im ORF, die Steuerreform 2004 würde nur GewinnerInnen bringen. Doch die Realität ist anders. Klare VerliererInnen sind die 2,2 Millionen BezieherInnen von Kleinsteinkommen, die schon jetzt keine Lohn- oder Einkommensteuer zahlen. Sie werden nicht entlastet, ihnen hilft auch der höhere Alleinverdienerabsetzbetrag nichts. Vergangene Anhebungen indirekter Steuern – etwa der Energieabgabe – treffen diese Gruppe aber voll. AK-Chef Tumpel berechnet, dass für die ArbeitnehmerInnen rund 900 Millionen Euro Entlastung überbleiben würden – im Durchschnitt 22 Euro pro Monat. Gleichzeitig zahlen die ArbeitnehmerInnen aber jedes Jahr 1,8 Milliarden Euro mehr an Belastungen.
Auch ideologisch wird hier noch zugearbeitet: Alleinverdiener(innen) werden besser gestellt, wenn hingegen beide Elternteile arbeiten gehen (müssen), gibt es nichts. Jene Familien, wo also die Frau an den Herd zurückgedrängt ist oder wo genug Geld da ist, sodass nur eine Person (meist der Mann) arbeitet geht, profitieren.
Die GewinnerInnen
Demgegenüber gibt es klare GewinnerInnen: Entlastet werden die Bauern/Bäuerinnen, eine Stammklientel der ÖVP: Agrardiesel wird steuerlich entlastet, allein dieser Posten kostet rund 50 Millionen Euro. Ein weiterer Profiteur: die Kirchen. Künftig wird der Kirchenbeitrag höher steuerlich absetztbar sein (Kostet 30 Millionen Euro.) Doch die wirklichen GewinnerInnen sind die großen Unternehmen. Die Körperschaftssteuer für Unternehmen sinkt von 34% auf 25%, es gibt Verbesserungen bei der Gruppenbesteuerung (diese ermöglicht, die Verluste und Gewinne von Tochtergesellschaften mit der Mutter gegen zu verrechnen), Rückstellungen von Versicherungen werden entlastet. In Summe profitieren UnternehmerInnen mit 1,15 Milliarden Euro, darunter vor allem die rund 90.000 Kapitalgesellschaften.
Lob für die Steuerreform kommt vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT). Wifo-Chef Helmut Kramer sprach von einem "beachtlichen politischen Erfolg", KWT-Präsident Alfred Brogyanyi, von einem Signal, dass die Regierung handlungsfähig sei. Beide meldeten aber zusätzliche Wünsche an. Kramer erklärte, dass für Klein- und Mittelbetriebe noch mehr getan werden und der "Faktor Arbeit" billiger werden müsste. Brogyanyi forderte eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 50 Prozent. Wir warten also gespannt auf weitere Steuergeschenke an die Reichen.
Die Opposition
Ex-SP-Finanzminister Edlinger erklärt: "Die Senkung der Körperschaftssteuer in diesem Ausmaß ist völlig unnotwendig, weil Österreich bereits jetzt die drittniedrigste effektive Körperschaftssteuer in der EU und unter Einrechnung aller Unternehmenssteuern sogar die niedrigste effektive Unternehmensbesteuerung in der EU hat. Hier geht es also nicht um einen Wettbewerbsvorteil, sondern um bloße Steuergeschenke an mittlere und große Unternehmen." Edlinger "vergisst" allerdings, zu erwähnen, dass die schwarz-blaue Regierung nur da weitermacht, wo die SPÖ aufgehört hat und voraussichtlich wiederum weiter machen wird, sollte sie zurück an die Regierung kommen (schließlich fordert auch sie steuerliche Entlastungen für Unternehmen).
Den Vogel hat aber Alexander van der Bellen von den Grünen abgeschossen: er erklärt, die "Budgetdisziplin" (ein schöneres Wort für Sozialabbau) sei aufgegeben worden, daneben sei keine Senkung der Lohnnebenkosten vorgesehen.
All jene, die also glauben, Rot-Grün würde es besser machen, seien gewarnt. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass Sozialdemokratie und Grüne sich selbst sogar als die besseren Sparschweine sehen. Eine tatsächliche politische Alternative aufzubauen ist also weiter das Gebot der Stunde.