„Fromme Wünsche sind zuwenig – Nein zu Temelin” Die erste Plakatserie des Temelin-Volksbegehrens der FPÖ war auf die Weihnachtszeit abgestimmt. Die zweite Plakatserie, die im Jänner zu bewundern ist, wurde auch schon präsentiert. Auf gelbem Hintergrund mit großen schwarzen Lettern steht geschrieben „Ja zum Leben!” – Etwas kleiner dann „Nein zu Temelin”.
Von 14. bis 21. Jänner ist es möglich, auf dem Bezirksamt bzw. auf der Bezirkshauptmannschaft das Volksbegehren zu unterstützen, und es ist davon auszugehen, dass es viele sein werden die das tun. Bereits im Dezember ergaben Umfragen, dass mehr als 50% der Wahlberechtigten die Möglichkeit in Anspruch nehmen um gegen „Atomkraft” und somit gegen die Aufnahme Tschechiens in die EU unterschreiben wollen. Die FPÖ hat es geschafft, mit Hilfe der Krone dieses Volksbegehren überparteilich wirken zu lassen. Während ParteipolitikerInnen Werbung für das Volksbegehren machen, startet die Krone eine Kampagne und interviewt prominente Personen wie Karl Moik, die dann bestätigen, dass sie parteiunabhängig wären, aber dieses Volksbegehren trotzdem unterstützen würden.
Wenn das Volksbegehren, womit zu rechnen ist, von mehr als 100.000 Wahlberechtigten unterzeichnet wird, so muss es im Parlament behandelt werden. SPÖ, ÖVP und Grüne haben sich schon dagegen ausgesprochen und werden gegen ein Veto Österreichs zur EU-Mitgliedschaft Tschechiens stimmen. Die FPÖ drohte nun damit, die Regierung zu verlassen, sollte das Volksbegehren ein Erfolg werden und die ÖVP trotzdem dagegen stimmen. Würde die FPÖ die Regierung wirklich verlassen, wohl wegen der Spekulation, bei Neuwahlen in einem Wahlkampf trotz Regierungsbeteiligung die Op-positionsrolle einnehmen zu können und mit dem Thema Temelin zu punkten. Schließlich würde die SPÖ voraussichtlich keinen fliegenden Wechsel akzeptieren und in einer Konfrontation SPÖ-FPÖ würde die ÖVP weiter absacken.
Regierungskrise?
Verlässt die FPÖ, womit eher zu rechnen ist, die Regierung nicht, wird sie voraussichtlich trotz Theaterdonners im Ministerrat für die Erweiterung stimmen. Ein einstimmiger Minister-Innenratsbeschluss ist die Voraussetzung für die Zustimmung Österreichs zur Erweiterungsrunde 2003. Die EU-Osterwei-terung benötigt die Zustimmung aller EU-Staaten, damit ist eben auch die Zustimmung der FPÖ-MinisterInnen Voraussetzung für die Erweiterung. Gerade jetzt, wo die FPÖ versucht, europaweit salonfähig zu werden, wird sie sich kaum mit der EU „anlegen”.
Das Volksbegehren ist reine Stimmungsmache und hat andere Gründe als das AKW, welches übrigens Ende 2001 in einer unabhängigen Studie in der europäischen Gesamtwertung in die dritt-“sicherste” von 11 Stufen eingereiht wurde. Laut dieser Studie stehen die mit Abstand gefährlichsten AKW´s in Großbritannien, die „Schrottreaktoren” gibt es also im Westen, nicht im Osten. Die nationalistische Hetze gegen Tschechien ist wohl eher eine Revanche für die Benés-Dekrete (Artikel auf Seite 16) und dafür, dass sich Tschechien als einziges Nicht-EU-Land den Sanktionen der EU gegen die schwarz-blaue Regierung angeschlossen hat. Weiters ist natürlich eine der Befürchtungen der FPÖ die „unkontrollierte Zuwanderung”.
In den Medien wird das Thema Temelin oft so dargestellt, dass ein Eintreten gegen das Veto gleichbedeutend mit einer Pro-Atom Position ist. Hier gilt es, der nationalistischen Hetze entgegenzutreten, dabei allerdings klar zu machen, dass die Linke Atomenergie selbstverständlich ablehnt (und dies auch schon zu einem Zeitpunkt getan hat, wo VP und FP sich noch bestens mit der Atomlobby verstanden haben).
Die Grenze wird dichtgemacht – aber erst nach 13h
Auch die Grenzblockaden sind sehr stark nationalistisch geprägt, ist doch das Blockieren von Grenzübergängen schon eine symbolische Abschot-tung nach außen. So wurde bei einer Blockade im September 2000 die Grenze bei Wullowitz – im Gegensatz zu anderen – nicht bereits am Morgen blockiert, sondern erst ab 13 Uhr, „um Rücksicht auf die österreichischen Frächter zu nehmen”, wie der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer stolz erklärte. Viele Bündnisse werden unter dem Deckmantel „Anti-Atompolitik” gebildet, haben aber eher zweitrangig mit Umweltbewußtsein zu tun, primär steht hier der Nationalismus im Vordergrund.
Vielen Menschen, denen der Umweltgedanke sehr wichtig ist, werden nun von der FPÖ für ihr parteipolitisches Süppchen mißbraucht. Durch ihren – oft nicht gleich offensichtlichen – Nationalismus werden reaktionäre Kräfte in Österreich, aber auch in Tschechien, gestärkt, denn dort hat sich nun eine nationalistische Gegenbewegung für Temelin gebildet. Dieser Politik gilt es, eine Absage zu erteilen. Ob es nun vorgezogene Neuwahlen gibt oder nicht, das Thema Temelin wird im nächsten Wahlkampf präsent sein. Die FPÖ wird versuchen, ihre voraussichtlichen Stim-menverluste wettzumachen, indem sie wieder die Opposi-tionsrolle einnimmt – denn sonst hat sie nicht viel vorzuweisen.